Genre: Mystery / Thriller Eine Rezension von Judith Gor (Weitere Rezensionen von Judith Gor findet ihr hier auf fictionfantasy oder auf ihrer Website www.literatopia.de) |
Die unerklärlichen Selbstmorde junger Mädchen dominieren die Nachrichten: alle galten als unauffällig und hatten keine Probleme, die auf den Wunsch zu sterben hindeuteten. Und alle stürzten sich von einem leerstehenden Gebäude in den Tod. Shiki spürt, dass die Suizide in einem übernatürlichen Zusammenhang stehen und geht der Sache nach – denn sie kann über die Grenze zwischen Leben und Tod hinaussehen. Tōko hält die Ermittlungen für Zeitverschwendung, doch als Mikiya in einen mysteriösen Tiefschlaf fällt, wird es Zeit zu handeln. Shiki glaubt, dass der Geist, der die Mädchen in den Tod treibt, auch für Mikiyas Bewusstlosigkeit verantwortlich ist …
the Garden of sinners ist die Animeadaption der gleichnamigen Light Novel-Reihe von Kinoko Nasu, die von dem auf den ersten Blick gewöhnlichen Mikiya und der geheimnisvollen Shiki, die eine gespaltete Persönlichkeit besitzt, handelt. Die Geschichte wird nicht chronologisch erzählt und ist daher ziemlich verschachtelt. Thanatos beginnt somit mittendrin: die Charaktere kennen sich offensichtlich schon länger und Shiki hat bereits Fähigkeiten entwickelt, die sie in späteren Filmen erst entdeckt. Es fällt dem Zuschauer anfangs schwer, die Figuren und ihre Beziehungen einzuordnen und auch die Hintergründe der Ereignisse sind rätselhaft. Dennoch stellt sich schnell das Gefühl ein, einen Ausschnitt eines größeren Ganzen zu sehen, das entdeckt werden will.
Die Freundschaft zwischen Shiki und Mikiya wird bereits in der ersten Szene deutlich: während Shiki abweisend und grob wirkt, präsentiert sich Mikiya ruhig und verständnisvoll. Er scheint Shiki und ihre Launen sehr gut zu kennen und bemüht sich auf sanfte Weise ihren kalten Panzer zu durchbrechen. Sie wirken gleichermaßen verbunden wie getrennt und wecken damit unweigerlich das Interesse des Zuschauers. Mit Tōko kann man hingegen zunächst nicht viel anfangen: sie fertigt Puppen und Prothesen an, verfügt über magische Fähigkeiten und erledigt offenbar Detektivarbeit bei übernatürlichen Fällen. Eigentlich ist auch sie ein sehr interessanter Charakter, doch in Thanatos bleibt diese Frau ein Mysterium.
Obwohl Thanatos mehr Fragen aufwirft als beantwortet, ist man auf Anhieb fasziniert von den eigentümlichen Charakteren. Das Verhältnis zwischen der geheimnisvollen Shiki und dem gutmütigen Mikiya ist angespannt und gleichzeitig innig. Man möchte sofort mehr über die beiden wissen: wer sie sind, wie sie sich kennengelernt haben, welche Fähigkeiten sie besitzen. Shiki scheint Tote sehen und Geister vernichten zu können und in ihre Augen tritt hin und wieder ein eisiger Glanz, der einem kalte Schauer über den Rücken jagt. Nähere Erklärungen erhält man jedoch nicht – Thanatos konzentriert sich ganz auf die mysteriösen Selbstmorde und wirkt wie ein später Ausschnitt einer Geschichte, die bereits viele Höhen und Tiefen hinter sich hat. Doch auch wenn Thanatos wie aus dem Zusammenhang gerissen wirkt, ist der Film ein gelungener Auftakt, der eine anspruchsvolle und komplexe Geschichte verspricht.
Vergleiche mit Animelegenden wie Ghost in the Shell werden gerne gezogen, doch beinahe ebenso häufig werden die Zuschauer enttäuscht. Nicht so bei the Garden of sinners: dunkle Farben und urbaner Flair vermischen sich zu phantastischen und unwirklich schönen Bildern. Thanatos glänzt mit einer grandiosen Optik, Lichter und Regen wurden effektvoll umgesetzt und viele Szenen beeindrucken mit stillen Momentaufnahmen, nur untermalt von melancholischen Klängen. Und so nimmt einen die Szenerie schnell gefangen, auch wenn man die Ereignisse erst nach und nach begreift und nicht alles, was die Charaktere sagen, nachvollziehen kann. Actionreiche Kämpfe und philosophisch angehauchte Gespräche wechseln sich mit Szenen ab, in denen die düstere Seite der Stadt auf den Zuschauer wirken kann. Thanatos setzt sich dazu intensiv mit der Frage nach dem Freitod auseinander und hinterlässt Spuren, die lange sichtbar bleiben.
Die DVD-Box von KAZÉ brilliert mit einer einzigartig schönen Aufmachung: das Problem mit dem hässlichen FSK-Logo wurde umgangen, indem die DVD in einer separaten Papphülle mit Logo bereit liegt. Diese kann man dann in den Hochglanzkarton einbetten, in dem bereits der Soundtrack zum Film bereit liegt. Die Rückseite mit Angaben zu Format und Inhalt lässt sich problemlos abziehen und so hält man eine ansehnliche Box in Händen, die quasi zwei Covermotive zeigt. Der Preis ist für einen Film von etwas über 60 Minuten auf den ersten Blick zu hoch, doch man bekommt hier eine Soundtrack-CD dazu und eine sehr stabile und optisch ansprechende Verpackung. In der Blu-ray-Ausgabe sind alle Filme in einer Box enthalten, doch hier wurde schon des Öfteren berichtet, dass die BDs durch die unglücklich gestaltete Verpackung schnell zerkratzen.
Fazit
Thanatos wirft den Zuschauer unvermittelt in die düstere Welt der Toten und spielt zu einem Zeitpunkt, an dem die Geschichte um Mikiya und Shiki bereits diverse Höhen und Tiefen durchlebt hat. Anfangs ist es schwer, sich zurechtzufinden und die Charaktere einzuordnen, doch schnell wird man von der kunstvollen Inszenierung samt urbanem Flair gefangen genommen. the Garden of sinners verspricht eine komplexe und hochatmosphärische Anime-Filmreihe zu werden, die stille Melancholie und effektvolle Action zu einem philosophisch angehauchten Thriller vereint. 8 von 10 Punkten.