Serie: Thorgal, Collectors Edition Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Über den Skalden Thorgal Aegirsson wurde von Gandalf, König der Wikinger und Vater von Thorgals Geliebter – Aaricia -, das Urteil "Tod durch Ertrinken" gefällt. Während der Nordmann angekettet an einem Felsen im Meer auf die Flut wartet, taucht wie aus dem Nichts eine rothaarige Frau in Begleitung eines Wolfs auf und bietet dem Delinquenten die Freiheit im Austausch für ein Jahr in ihren Diensten. Widerstrebend willig der stolze Thorgal ein und wird so zum Instrument der Rache der Unbekannten an Gandalf.
Zunächst soll der Gerettete die "Ringe des Freyr" ihren Wächtern zu entreißen, damit die Rothaarige anschließend mittels einer List durch die Artefakte Macht über den König der Wikinger erlangt. Der Plan ist von Erfolg gekrönt: Gandalf wird vor dem versammelten Hofstaat tief gedemütigt und von Slive – so der Name der Frau – und ihrem Wolf fortgeführt, wobei Thorgal wegen seines Versprechens an ihrer Seite bleiben muss.
Während die vier durch eine Bergregion reisen, werden sie von den Baalds, einem Stamm rauer Krieger überfallen, so dass Thorgal und der verhasste Ex-König gezwungen sind, Rücken an Rücken um ihr Überleben zu kämpfen. Tatsächlich können sie einen Sieg erringen, doch kurz darauf gelingt Gandalf die Flucht.
Als die Rothaarige und ihr Diener den König schließlich aufspüren, trifft Thorgal seiner geliebten Aaricia wegen eine Entscheidung, die ihm Feindschaft der mächtigen Silve einbringt.
Sein nächstes Abenteuer führt den Skladen in eine Art Anderswelt: während er durch die schneebedeckten Berge des Nordlandes reitet, stürzt Thorgal in eine Felsspalte und findet sich nach einer Ohnmacht in einem blühenden Paradies wieder, wo ihn zwei junge Frauen – Ingrid und Ragnhild – freundlich begrüßen. Diese beiden Maiden erzählen ihm, dass die Zeit in ihrem Reich einen anderen Verlauf nimmt und versuchen, ihn zum Bleiben zu überreden. Als ihn aber heimlich ein Mädchen namens Skadia kontaktiert, ihn vor Lügen ihrer Schwestern warnt und ihn bittet, sie in seine Welt zurückzuführen, zögert Thorgal keinen Moment: gemeinsam machen sich der Wikinger und das Kind durch Grotten und Höhlen auf den Weg in die Oberwelt, wo der Skalde schließlich erkennen muss, dass Ingrid und Ragnhild mitnichten die Lügnerinnen waren, als die Skadia sie hinstellte.
Nachdem sich der bisherige deutsche Herausgeber – der Carlsen Verlag – aus betriebswirtschaftlichen Gründen entschlossen hat, die Reihe "Thorgal", die seit über zwei Dekaden dort beheimatet war, mit dem 30. Album einzustellen, findet eine der erfolgreichsten europäischen Fantasy-Serien bei Splitter zukünftig nicht nur ihre Fortsetzung, sondern wird auch von Anfang an neu aufgelegt und zudem durch die "Spin Off"-Reihe "Die Welten von Thorgal" komplettiert.
Schon dieses erste Album, das im Original vor mehr als 30 Jahren das Licht der Welt erblickte, lässt erahnen, warum sich die Serie solange am europäischen Markt behaupten konnte. Neben dem sehr frei interpretierten und inszenierten nordischen, magisch-mythischen Hintergrund und der schwungvollen, gefälligen und wenig komplizierten Story ist es der Hauptprotagonist, der, verglichen mit seinem amerikanischen Comic-Pendant "Conan", als Skalde, also als Künstler, nicht nur einer bodenständigen Profession zu folgen scheint, sondern der in seiner äußeren Statur wie auch seiner inneren Familienbezogenheit verletzbar, ja geradezu fragil wirkt, also nicht als muskelbepackter Über-Krieger daherkommt. Dadurch ist uns – dem Leser - Thorgal erstens deutlich näher und zweitens bietet dieser Ansatz deutlich mehr Raum für länger fesselnde Handlungsbögen, Dramen, Tragödien und Abenteuer als ein stereotypes Monster-of-the-Week-Schlachten.
Ein zweites wichtiges Moment ist das Artwork Rosinskis, das gerade in seiner Unvollkommenheit – insbesondere in der ersten Geschichte scheinen die Proportionen der Figuren immer wieder der Kontrolle des Zeichners zu entgleiten, während die Mimiken ab und an ins semi-funnyhafte abdriften – unglaublich sympathisch und leicht wirkt, wobei zugegebenermaßen das Artwork des zweiten, des kürzeren Abenteuers einen deutlich erwachseneren und technisch saubereren Eindruck vermittelt.
Herausragend ist der redaktionelle Teil dieses ersten Bandes der Collectors Edition, der sich mit rund 20 Seiten nicht nur als äußerst umfangreich erweist, sondern der auch zahlreiche, sehr unterschiedliche Informationen zum Serienhintergrund liefert, angefangen von einer thematischen Einordnung aller bisher erschienen Thorgal-Alben über einen Ausflug in historisch-kulturelle Gefilde bis hin zu einem Einblick in Rosinskis Atelier.
Fazit: Inhaltlich wie künstlerisch leichte, mythologisch angehauchte Nordmänner-Fantasy und umfangreiche Informationen zum Serien-Hintergrund machen dieses erste Thorgal-Album zu einem gelungenen Einstiegsband in eine der erfolgreichsten europäischen Comic-Serien.