Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
In Begleitung der jungen Elide sowie zweier Schnuffel wandert der Mann ohne Namen auf der Suche nach seiner nach Thorinth verbannten Frau, Madalis, durch das gegenüber der Außenwelt abgeschlossene Turmlabyrinth, das einst von Amodef geplant und von der Architektin Esiath in einen entarteten Ort verwandelt wurde, über den nun der „Narrenwächter“ herrscht.
Eines Nachts rettet der Namenlose einen alten Mann – Borlan, Meister der Ebene des Wassers -, der in einem Brunnen Selbstmord begehen will; die gute Tat erschöpft den Retter so sehr, dass erneut der Geist Amodefs in ihn dringt, um ihm einen Handel vorzuschlagen: Im Austausch für Hinweise, die zu Madalis führen, erwartet er Informationen - „gezogen“ unmittelbar aus dem Geiste des Namenlosen -, die er auf Grund seines speziellen Zustandes nicht mehr ohne Hilfe erlangen kann. Der Suchende willigt ein, so dass er zunächst erfährt, dass Madalis der Kaste der Sandorath – der Selbstmordattentäter – beigetreten ist, und ihn ein weiterer Hinweis in ein skurriles Pfahldorf zu einem Arzt führt, der die Frau unmittelbar nach ihrer Ankunft versorgt haben soll.
Auf Grund der äußerst bizarren Umstände in diesem Dorf ist es nicht ganz einfach, weitere Informationen über den Verbleib Madalis' zu erhalten, aber schließlich findet sich jemand, der dem namenlosen Mann sowie seiner Begleiterin weiterhelfen kann und der ihnen den Weg zu einem Unterschlupf weist, in dem Madalis augenscheinlich jene Unsterblichkeits-Experimente fortsetzte, die zu ihrer Verbannung geführt hatten. Zudem findet sich eine Spur zu einem geheimnisvollen, maskierten Fremden namens Lank-Milo, der mit der Frau geschäftlich verbandelt ist und der sich als extrem unkooperativ erweist, als ihn der Sucher schließlich stellt.
Ein kurzer Kampf belehrt den Maskierten eines Besseren, so dass er den Namenlosen sowie Elide zu einem neuen bizarren Ort führt: einem riesigen Friedhof, an dem die Sogromzüchter ihrer seltsamen Arbeit nachgehen. Nicht sonderlich erfreut über das Auftauchen der Fremden, nehmen die Thorinther den Mann und seine Begleiterin gefangen, verurteilen sie zu einem langsamen Tode, schließen sie lebendig in steinerne Sarkophage ein und stoßen diese in eine nasse Tiefe, auf dass die Körper der Verurteilten das Sogrom nähren.
Während das erste Album, „Der Narr ohne Namen“, in Teilen etwas behäbig und unklar daherkommt, entfacht in diesem zweiten Band Autor und Künstler Nicolas Fructus ein Feuerwerk an bizarren, abgedrehten und humorvollen Ideen, treibt die Handlung zügig bzw. actionreich voran und lässt eine ganze Reihe von Figuren aufmarschieren, deren Skurrilität und psychische Deformiertheit sich auch in ihrem Äußeren widerspiegelt. Zugleich gelingt es ihm, den Hintergrund Thorinths und zentraler Protagonisten zu vertiefen, ohne ihnen dabei den geheimnisvollen Nimbus zu nehmen.
Nicht nur der Inhalt, sondern auch das Artwork erfahren eine signifikante qualitative Steigerung: Klarere Kontraste und mutigere Farben machen den visuell etwas breiigen Eindruck des Vorgängerbandes vergessen und geben dem Leser nun stärker die Möglichkeit, sich tiefer mit der „verrückten“ Bilderwelt Fructus' auseinander zu setzen.
Fazit: originell, humorvoll, bizarr: eine unterhaltsame, leichte Geschichte, angesiedelt in einer abgedrehten Welt. Klasse!