Serie: The Umbrella Academy, Band 2 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Ohne die lenkende und moderierende Hand ihres Ziehvaters und Mentors, Sir Reginald Hargreeves, scheint das Auflösen der ohnehin nur schwachen Beziehungs-Bande zwischen den sechs überlebenden Mitgliedern der Umbrella Academy eine Frage der Zeit; momentan jedenfalls ziehen die Zöglinge des Adligen ihre eigenen Dinger durch: Spaceboy, der ehedem mental und körperlich Stärkste der Gruppe, ist "Fast Food"-bedingt zu einem monströsen, TV-Soaps glotzenden Fettkloß degeneriert; Vanya, die Weiße Violine, ist in einem halbbewussten Zustand und ohne tiefere Erinnerungen an ihre Familie und Vergangenheit ans Bett gefesselt; Rumor, die im Zuge der Ereignisse um die Weltuntergangssuite ihre Kräfte verloren hat, betreut Vanya und lässt die Hilflose ihre Verachtung und ihren Schmerz spüren; Seance pflegt seine Eitelkeiten; lediglich Kraken und Nummer Fünf halten auf die eine oder andere Weise die Familienehre hoch. Während der eine gewohnt brutal Verbrechen und Morden im Umfeld der Umbrella Academy nachspürt, die seltsame Gemeinsamkeiten aufweisen, versucht der alte Mann im Körper eines Jungen zwar zunächst, seine Zeit mit Alkohol und Wetten totzuschlagen, wird aber schon bald von seiner Vergangenheit als ultimativer Killer im Dienste einer geheimnisvollen Organisation namens "Temps Aeternalis", die sich der Bewahrung des Zeitkontinuums verschrieben haben will, eingeholt.
Und ehe sie sich versehen, steckt die gesamte Umbrella Academy in einem wüsten Abenteuer, das bis zurück ins Jahr 1963 reicht, in ein Jahr, in dem ein Attentat in Dallas eine ganze Nation traumatisierte, ein Attentat, in dem Nummer Fünf eine zentrale Rolle spielte oder spielen wird, je nachdem, welcher Perspektive man folgen möchte.
Wie schon der erste Sammelband der Reihe lebt auch "Dallas" zentral von kulturellen und pop-kulturellen Referenzen und Reminiszenzen – von Apfelkuchen über John Wayne bis hin zum Vietnam-Trauma -, von skurrilen und bizarren Ideen bzw. Figuren, denen es – und das wird in dieser zweiten Ausgabe mehr als deutlich – allerdings an einem interessanten und originellen Storyzusammenhang bzw. Zusammenhalt fehlt.
Nicht nur, dass die Geschichte unterm Strich vorhersehbar ist und deutlich hektisch daherkommt, auch zentralen Figuren der Umbrella Academy mangelt es an Tiefe, an Charakter; mit Ausnahme von Nummer Fünf bleiben diejenigen, die namensgebend für die Reihe sind, ausgesprochen blass und substanzlos und zwar sowohl isoliert betrachtet, als auch in der Interaktion untereinander.
Das kantige, ausdrucksstarke und dynamische Artwork Gabriel Bras sowie die atmosphärische stimmige und in der Farbtonwahl mutige Koloration Dave Stewart sind im Gegensatz zur eher schwachen Story Gerard Ways wiederum makellos, verleiht es den Ideen des Autors wenigstens visuelle Substanz, eine Substanz, die sie aus der Geschichte heraus nicht entwickeln können
Fazit: Ein "American Pie" für Comic-Fans; zahlreiche, lose Anspielungen, deren Sinnhaftigkeit sich nicht immer auf den ersten Blick oder überhaupt erschließt.