Titel: Vampire Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Dem vorliegenden Sammelband liegt quasi ein medial-ganzheitlicher Ansatz zu Grunde: sechs Autoren wurden vom französischen TV-Sender Cartel Prod. im Zuge eines erfolgreich getesteten Vermarktungs- bzw. Produktionskonzeptes beauftragt, jeweils eine Novelle zum Thema „Vampire“ zu verfassen, um diese anschließend nicht nur in einer Anthologie zu publizieren, sondern sie auch für die Medien Film und Comic zu adaptieren. Dabei hatten sowohl die ursprünglichen Auftragsschreiber freie Hand bei der Umsetzung des Themas, als auch die nachgeschalteten beauftragten Verwerter in ihrer Adaption. Im Rahmen seiner Comic Collection veröffentlicht Ehapa die sechs Comicfassungen in zwei Bänden, wobei die beiden von Dave McKean („Sandman“, „Black Orchid“) gestalten Frontcover ein Diptychon bilden.
Den groben – sehr groben – Handlungsrahmen bildet die Stadt Sable Noir, in der sämtliche Geschichten spielen.
In der ersten Story, „Frisches Blut“, zieht der Fotojournalist Frank Marvel mit Frau und beiden Kindern in die kleine Stadt, um hier nach einem ausschweifenden Leben als Paparazzo einen Neu-Anfang zu starten und seinen Frieden zu finden. Es dauert jedoch nicht lange, bis eine erste Leiche an die Küste des Ortes geschwemmt wird, eine blutleere junge Tote, der irgendjemand zudem das Herz herausgerissen hat. Marvel kann seinem journalistischen Instinkt nicht widerstehen und beginnt mit Nachforschungen, für die er sich der Unterstützung des örtlichen Polizei-Lieutenants versichert, welchen er im Gegenzug mit Informationen versorgt und dem er seine Artikel vor Veröffentlichung vorzulegen hat. Als dann eine zweite ähnlich verstümmelte Leiche gefunden wird, weiß Marvel, dass in dem Ort etwas Unheimliches sein Unwesen treibt.
„Das Haus auf dem Hügel“ ist der Schauplatz der schrecklichen Ereignisse, die eine junge Frau – fast noch ein Kind – ihrem Psychiater berichtet: als kleines Mädchen zog sie gemeinsam mit ihrer Mutter, welche ihre schauspielerischen Ambitionen an den Nagel hängte und ein Leben als gefeierte Diva aufgab, an den verwunschenen Ort. Die glückliche gemeinsame Zeit fand ein Ende, als der brutale Vater die kleine Familie aufspürte und die Mutter erschlug. Doch der Tod der Mutter war nicht das Ende, denn wie heißt es so schön bei H.P. Lovecraft!? „That is not dead which can eternal lie, ...“ … und in der Tat, die Mutter – so schien es - kehrte zurück …
In „Alizarine“ versucht der Boxer und Totschläger Gégé mit seiner Vergangenheit zu brechen und dem Schatten des Milieus zu entrinnen. Doch nicht nur, dass die Tage ihre Struktur verlieren und der kräftige Mann ziellos vor sich hin lebt, auch Besuche seines alten Kumpels Kader erinnern ihn an seine starke Zeit, in der er mehr als nur Vater und Ehemann war. Der Frust, der sich in Gégé ansammelt, bricht sich irgendwann Bahn in Gewalttätigkeiten gegen seine Frau, die ihn dann überstürzt aus der Wohnung fliehen lassen. In dieser Situation überredet Kader seinen Freund zu einem Einbruch in eine alte Villa. Was die beiden Männer dort erwartet, kann man jedoch nicht mit Fäusten bekämpfen.
So innovativ und ambitioniert das Konzept hinter diesem Comic erscheinen mag, so mittelmäßig, ja langweilig ist zumindest der erzählerischer Part. Die Geschichten sind allesamt uninspiriert vorhersehbar, während weitere Schwächen eher spezifischerer Natur sind. Plot und Dramaturgie der ersten Story leiden daran, dass man sie aus unzähligen Filmen und Romanen exakt so kennt, während die zweite Geschichte lediglich vollkommen belanglos und die Nummer Drei belanglos und nervtötend geschwätzig daherkommt, wobei den beiden letzten Storys zudem gemein ist, dass sie quasi im luftleeren Raum spielen und anstatt in Sable Noir auch in Schlumpfhausen oder Metropolis angesiedelt sein könnten. Das größte Manko aller drei Geschichten ist jedoch, dass die Vampir-Thematik kaum herausgearbeitet wurde, sondern die Blutsauger bestenfalls der Promotion der Novellen, Filme und Comics geschuldet zu sein scheinen.
In kunstästhetischer Hinsicht bietet die erste Story gefälligen Mainstream an der Grenze zwischen us-amerikanischer und europäischer Darstellung, der niemanden weh tut, aber auch mit Ausnahme einiger netter Landschaftsexpressionen schnell vergessen ist. „Alizarine“ hingegen wartet mit einem zeichnerisch gröberen, weniger detaillierten Ansatz auf, der aber durch visuelle Reminiszenzen an Golden Age-Comics zumindest wohltuend irritiert. Visuell am interessantesten ist eindeutig die zweite Geschichte, für deren Zeichnungen Tommy Redolfi die Feder schwang. In seinen expressiven, nur vage realistischen, holzschnitthaften, detailreduzierten Bildern, die stilistisch stark Jeff Lemires „Sweet Tooth“-Artwork ähneln, setzt er sowohl in der cineastischen Abwicklung als auch der atmosphärisch stimmigen Koloration auf Emotionen und erzeugt dadurch allein visuell ein Gefühl der Bedrohung, das ansonsten in diesem Sammelband vollkommen unter den Tisch gefallen wäre.
Fazit: Trotz des innovativen Grundkonzeptes erzählerische Schmalkost, die langweilig und uninspiriert wirkt; künstlerisch wurde immerhin nicht viel falsch gemacht, aber wirklich visuell interessant ist nur die Story „Das Haus auf dem Hügel“. Und das ist eindeutig viel zu wenig, um guten Gewissens eine Empfehlung aussprechen zu können, zumal die Vampir-Thematik deutlich verfehlt wurde.