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Reihe: Vertigo Select, Band 14 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Howler, Screech, Whipsnake, Skeeter und Mink sind keine neuen Pokemons aus der aktuellen "Black & White"-Edition, sondern die Gang-Namen von fünf jungen Vampir-Ladys, die sich und ihren Meister, Dave, mit Blut aus Biker-Kehlen versorgen.
Als ihnen Daves paschahaftes Macho-Getue auf die Eierstöcke zu gehen beginnt, heißt es flugs eine Stahlkette an jedes Ärmchen und Beinchen, die Ketten an jeweils ein Motorrad … und Gas geben; als Sahnehäubchen noch einen Pflock ins untote Herz, das Ganze nett verscharrt und die fünf Vampirinnen müssen nicht länger einen faulen Sack durchfüttern, der sich für den coolsten Mann unter dem Mond hält.
Frei wie die Vögelein flattern die scharfen Bräute nun auf ihren Harleys von einem Biker-Treff zum nächsten, saugen Rockern und Truckern den Lebenssaft aus den Adern, nachdem sie ihnen noch eine schnelle, kalte Nummer in einem Hinterhof oder am Straßenrand spendiert haben, und freuen sich ansonsten ihres Unlebens. Als sie eines Nachts positiv erfahren, was Biker-Solidarität bedeutet, entscheiden sie, nicht länger jene gutmütigen Softies zu exsanguinieren, sondern jagen ihre Opfer von nun an zunächst fernab der Highways, um schließlich in Las Vegas das Jagdrevier schlechthin zu finden.
Das Unleben könnte schön und maßlos sein, würden nicht gleich mehrere Damokles-Schwerter über der Clique hängen. Detektiv Hank Gallagher ist den Vampirinnen auf der Spur, wobei ihn Howlers Zwillingsschwester Jenny zur Seite steht, deren Visionen sie von einem Tatort zum nächsten treiben. Howler selbst wird von den Dämonen ihrer Vergangenheit verfolgt, einer Vergangenheit, in der man ihr das Kind nahm, einer Vergangenheit, die gerächt sein will. Und dann ist da noch Dave, dessen Einzelteile zufällig wieder zueinander gefunden haben und der nun nach seiner Auferstehung blutigste Rache an den "Nutten" üben will.
Wer nur die soften Weicheier-Vampire im poserhaften Emo-Outfit kennt, die sich heutzutage durch Roman, Film und Fernsehen saugen, den wird dieses gut 15 Jahre alte Vampir-Comic regelrecht verstörten. Denn hier sind Vampire noch "echte Kerle", egal ob sie Eier oder Eierstöcke besitzen, maßlose, gnadenlose und zügellose Monster, die das Unleben in vollen Zügen genießen, für die Sex Macht und Macht Blut bedeutet. In "Vamps" halten die untoten Frauen das Heft des Handelns, Frauen, die sich nehmen, was sie wollen, ganz einfach, weil sie es können, die sich nicht instrumentalisieren lassen, sondern selbstbewusst auf der Klaviatur einer brutalen, fordernden Sexualität spielen, welche ihre schwanzgesteuerten Opfer nicht durchschauen. Statt eines romantischen Tête-à-têtes im Mondschein und des gefühlsduseligen Zwiegesprächs sorgt der Quickie im Auto, in der Gosse oder in einem anonymen Hotelzimmer für den Blutnachschub, den Howler, Screech, Whipsnake, Skeeter und Mink zum Weiterexistieren benötigen. Das ist hart, das ist cool, das ist emanzipiert, das ist die Vergangenheit, so wie das Artwort in Strichführung und vor allem Koloration eindeutig ein Produkt des letzten Jahrhunderts ist.
Fazit: The Times They Are A-Changin'. Comics wie "Vamps" erinnern uns schmerzlich daran, welch erzählerisches Potenzial Vampire vor 15 Jahren noch besaßen: coole, zügellose, geile Monster. Stattdessen geistern heute Edward, Stefan, Katherine & Co. als gefühlsechte Emo-Pussys durch die Medien. Grauenhaft.