Serie/Reihe: Schriftenreihe und Materialien der Phantastischen Bibliothek Wetzlar (Band 87) Buchvorstellung von Ulrich Blode |
Die Phantastische Bibliothek Wetzlar untersuchte 2004 ein Jahr lang die Science-Fiction-Literatur auf alternative bzw. innovative Verkehrssysteme hin. Auftraggeber war das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Verkehrsforschung. Der Gedanke war dabei, dass sich in der Science-Fiction Konzepte finden lassen, die sich mit heutiger oder bevorstehend umsetzbarer Technologie verwirklichen lassen. Gegenstand der Studie waren alle planetengebundenen Verkehrswege und -mittel, z. B. wie Personen wie Güter transportiert werden, auf und unter der Erde oder und im Wasser. Eine 1:1 Umsetzung war nicht das Ziel, sondern neue Ideen, die Ausgangspunkt für weitergehende Lösungen sein können.
Um neue Impulse zu gewinnen, fand am 7. und 8. Oktober 2004, zusammen mit der Schunk Gruppe, ein interdisziplinäres Symposion statt. Der vorliegende Tagungsband enthält die Texte aller Referenten.
Wolfgang Jeschke zeigt in seinem Vortrag "Die Literatur der Ideen" den Werdegang der Science Fiction-Literatur auf, welche Vorteile sie beim Darstellen von Erfindungen bietet. Überaus kenntnisreich sind manche Details über historische Gegebenheiten zur Entstehung der Science Fiction.
Literarische Ideen zu Verkehrsmitteln sind bei Uwe Neuholds "Träumen Androiden von elektrischen Schafen?" das Thema. Er unterteilt die Erfindungen in "Heutige", "Bevorstehende" und "Utopische Technologien". Bekannte und weniger bekannte Werke lassen sich hier finden.
Ebenfalls der Literatur widmet sich Ralf Bülow. "A Transatlantic Tunnel, Hurrah!" meint Tunnel aller Arten, die jemals entworfen wurden, im Vergleich zu realen historischen Tunneln.
Wie Science Fiction funktionieren kann und Ideen umgesetzt werden, lässt sich in dem Vortrag "Von München nach Heuchelheim" H. D. Kleins erfahren. Eine kleine Geschichte über die Tücken moderner Autos. Vorgetragen viel amüsanter als nur während des Lesens.
Dimitrios Kolymbas ("Der Weg durch den Berg") und Robert Sauter ("Licht am Ende des Tunnels") schildern moderne Tunnelbauverfahren und berichten über de Sicherheit von Tunneln. Auch die anderen Vorträge stammen von Ingenieuren, Verkehrswissenschaftlern oder Unternehmern: Wolfgang Wirth ("Straßenverkehr gestern, heute, morgen"), Verena Franken und Charlotte Lenz ("Flexibler, schneller, weiter"), Norbert Lauinger ("Das Automobil auf dem Weg zum AUTOmobil"), Gert Weller ("Was will der Fahrer ... und kann er damit umgehen?").
Viele der Beiträge sind hochinteressant und die Zusammensetzung ist lesenswert, auch oder gerade weil es sich nicht immer alles um Science Fiction dreht. Auf der anderen Seite beschäftigt sich keiner der Beiträge mit den Mechanismen, wie und ob Science Fiction als Anregung für Innovationen dient. Neuhold vergisst, dass nicht alles Machbare auch tatsächlich umgesetzt wird. Wie hoch ist z. B. die Wechselwirkung zwischen Literatur und ingenieurswissenschaftlichen Disziplinen? Verena Franken und Charlotte Lenz (beide vom DLR) erläutern nicht, wie Science Fiction zur Lösung der Probleme beitragen könnte. Viele der faszinierenden Beiträge beschäftigen sich dann auch ausschließlich mit der eigenen Disziplin.
Verkehrssysteme der Zukunft zeigt, wie verschiedene Disziplinen zusammenarbeiten können und durch fiktive Ideen zu gemeinsamen Diskussionen angeregt werden. Meike Röhl erläutert anfangs die methodische Vorgehensweise und macht klar, dass die Phantastische Bibliothek Wetzlar weitaus mehr ist als eine Literaturinstitution und dass sie die Kompetenz besitzt verschiedene Interessengebiete zusammen zu bringen.
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