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Reihe: Sookie Stackhouse, Band 1
Eine Besprechung / Rezension von Melanie |
“Vorübergehend tot” ist der erste Band der “Sookie Stackhouse”-Reihe von Charlaine Harris. Mich hat die Reihe spätestens nach ein paar Kurzgeschichten in diversen Anthologien interessiert – und als ich das Buch in einer Ausgabe mit ansprechenden Cover entdeckte, habe ich zugeschlagen.
Das Cover meine Ausgabe zeigt im Gegensatz zu den meisten anderen Covern einfach eine Szene aus dem Buch: Vor dem schlichten schwarzen Hintergrund kann man im Comicstil Sookie Stackhouse ihrer Arbeit als Kellnerin nachgehen sehen. Sie selbst ist dabei im schlichten Kellnerinnen-Outfit zu sehen, während man im Hintergrund an einem der Tische eine blasse Gestalt sitzten sieht – vielleicht den Vampir Bill? Mir gefallen jedenfalls sowohl der Stil des Covers als auch der eindeutige Bezug zum Buch.
Sookie Stackhouse ist eine einfache Kellnerin, ihre Fähigkeit, Gedanken zu lesen, macht sie zu etwas Besonderem, aber auch einsam. Vampir Bill zieht sie aus dieser Einsamkeit mitten ins Leben und in völliges Chaos: Seit seinem Eintreffen werden immer wieder tote Frauen aufgefunden. Die Vampirbisse, die diese Frauen zieren, machen auch Bill verdächtig. Und das Umfeld in denen sie sich bewegten lässt vermuten, dass Sookie bald das nächste Opfer sein könnte.
Die kurze Inhaltszusammenfassung könnte vermuten lassen, dass es sich bei “Vorübergehend tot” um einen Krimi handelt. Damit würde man allerdings nur einen winzig kleinen Teil des Buches beschreiben, auch wenn Sookie im weiteren Verlauf immer näher an den Mörder heranrückt und sich die Morde schlussendlich aufklären. Die Mordserie an sich ist allerdings nur ein Nebenstrang. Wenn man das Buch in eine Schublade stecken wollte, was tatsächlich nicht einfach ist, würde ich es am ehesten als literarische Umsetzung einer Soap mit fantastischen und mörderischen Anteilen beschreiben.
Erzählt wird die Geschichte aus Sookies Sicht. Eine sympathische Person, die den Leser mit einem Hauch von Ironie an ihrem Leben teilhaben lässt. Sie selbst sieht ihre Fähigkeit Gedanken zu lesen als Behinderung an und lässt sie eine unsichtbare Mauer zwischen sich und anderen aufbauen. Bill, eher gesagt Sookie selbst, durchschlägt diese Mauer mit einer Motorradkette, als sie Bill davor bewahrt, von geldgierigen Menschen ausgeblutet zu werden. Die Tatsache, dass Bill ebenso anders ist wie Sookie (und sie nicht in der Lage ist, seine Gedanken zu lesen) lässt sie schnell Freude, später sogar ein Paar werden. Eine Beziehung, die Charlaine Harris zwar schnell, aber dennoch überaus glaubhaft entstehen lässt. Durch Sookies Interaktionen mit Bill ändern sich allerdings auch ihre Beziehungen zu anderen Menschen. Die Reaktionen reichen über Abneigungen gegenüber einer Vampirfreundin bis hin zu plötzlicher Bewunderung oder gar Eifersucht. Reaktionen, die die Geschichte – ebenso wie Sookies Art, sie zu erzählen – überaus lesenswert machen, auch wenn ich zumindest zu keiner Zeit in Sookies Schuhen hätte stecken wollen.
Charlaine Harris beschreibt in “Vorübergehend tot” allerdings beileibe nicht nur das Kennenlernen von Bill und Sookie und die Aufklärung eines Serienmordes, sie entführt den Leser auch in eine Welt, die trotz ihrer Ähnlichkeit ganz anders ist als unsere. Vampire sind real – und ein interessanter Teil der Gesellschaft. Es sind aber auch Wesen, die ihre eigenen Gesetze und Moralvorstellungen haben. Der Einblick, den Sookie erst über Bill, später selbst über direkten Kontakt mit anderen Vampiren bekommt, ist ziemlich düster und brutal. Vampire sind aber längst nicht die einzigen paranormalen Wesen, die Charlaine Harris Welt bevölkern. In diesem Buch stößt man zumindest auf eine weitere Wesenart – und ich würde mich nicht wundern, wenn in den Folgebänden noch mehr auftauchen würden.
Mich hat vor allem Sookie fasziniert, aber auch die Menschen, die sie umgeben, sind mehr als nur einen Blick wert. Die Blicke, die man hinter ihre Fassaden werfen kann, haben zumindest mich ziemlich neugierig gemacht – und zeigen, dass die Autorin sich selbst um die kleinste Nebenfigur einige Gedanken gemacht haben muss. “Vorübergehend tot” lebt vor allen von den Beziehungen und Interaktionen der Protagonisten, aber auch von der Welt in der sie interagieren und von den Geheimnissen, die jede einzelne Figur behütet.
Mich hat das Buch trotz des runden Abschlusses – die Beziehungen sind erst einmal klar, die Mordreihe aufgeklärt – voller Neugier auf die Folgebände zurückgelassen. Die Fortsetzung ist schon so gut wie auf dem Weg.