Titel: Wandering Ghost Eine Rezension von Ida Eisele |
Ein kleines, an einen Koala erinnerndes Geschöpf lebt friedlich in einer sanften, fantastischen Landschaft voller anderer niedlicher Tiere. Tagsüber wandert es umher, läuft Schmetterlingen oder Eidechsen nach und genießt das Leben. Wenn sein Körper schläft, löst sich sein Geist von ihm, setzt seine Streifzüge fort und schwebt hinauf zu den Wolken, um mit ihnen zu spielen.
Eines Tages aber begegnet es während einer solchen Geisterwanderung einigen beunruhigend verzerrt aussehenden Gestalten, die es verfolgen, berühren und ebenfalls verzerren.
Als es wieder aufwacht, muss es entsetzt feststellen, dass sein Körper sich verwandelt hat und es nun ein größeres, länglicheres, fuchsähnliches Wesen geworden ist. Verunsichert von den Blicken seiner bisherigen Freunde zieht es aus und hadert mit seinem Schicksal...
Wandering Ghost ist eine sehr ruhige Geschichte, vor allem, weil der gesamte Comic ohne Worte auskommt. Allein die klar gezeichneten und doch detailreichen Bilder erzählen die Handlung, was vielleicht auch gar nicht schlecht zu den tierischen Charakteren passt. Man muss sich ein wenig Zeit nehmen, um jedes Bild zu betrachten, seinen Sinn und seine Botschaft zu verstehen und so Stück für Stück die erzählte Geschichte zu begreifen.
Das kleine Koalawesen nimmt den Leser mit auf seinen träumerischen Wanderungen und zeigt ihm seine Welt. Auf seiner einsamen Wanderung mit dem unerwünschten, verwandelten Körper erhält es Hilfe von einem kleineren Tier, das ein wenig an eine Mischung aus Eichhörnchen und Katze erinnert. Die fantastischen Landschaften, ob felsige Hügel, Wälder, Wüsten oder Unterwasserszenerien, sind träumerisch gestaltet, manchmal fast poetisch. Die meistens niedlichen Tiergestalten darin runden das Bild einer an sich harmonisch natürlichen Welt ab, die aber zusätzlich von diversen Geistererscheinungen und unmöglichen Phänomenen um eine mystische Sphäre bereichert wird.
Die Verwandlung des kleinen koalahaften Geschöpfes kann recht eindeutig als Erwachsenwerden gedeutet werden. Die Verunsicherung, Wut und Angst des noch kindlichen Geistes im Angesicht des bereits erwachsenen Körpers ist der Grundkonflikt der Geschichte.
Die possierlichen Tierchen und die verträumten Schauplätze könnten einen zu dem Schluss verleiten, es mit einem Kinderbuch zu tun zu haben. Wahrscheinlich wüssten Kinder auch etwas damit anzufangen, allerdings denke ich, dass vor allem Erwachsene, die sich gerne in Traumwelten entführen lassen, ihren Spaß mit diesem Comic haben und die Geschichte in ihrer Gesamtheit eher verstehen werden.
Beigefügt ist dem Buch ein kurzes Heft mit farbigen Illustrationen, einigen aus der Geschichte vertrauten Szenen oder neuen Motiven, die auf jeden Fall sehenswert sind.