Titel: Die Chroniken von Wormwood 2: Das letzte Gefecht Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Während Danny Wormwood – seines Zeichens geachteter TV-Produzent und missratener Sohn Satans – nach wie vor mit seinem Kumpel Jay – welchselbiger der wiedergeborene Jesus Christus mit leichtem Dachschaden ist – in Schwanznases Kneipe über private Probleme – insbesondere seine Beziehung zu Maggie – sinniert, wetzt sein TV-Konkurrent Paul Carnovitz metaphorisch die Messer. Ursprünglich wollte sich der erfolglose und in aller Öffentlichkeit bloßgestellte Produzent das Leben nehmen, wurde jedoch von Papst Jacko, dem derzeitigen Herren der Hölle, dazu überredet, sich an Danny zu rächen, indem er selbst Jacko als Seelengefäß dient, damit der verstorbene Heilige Vater dem Abtrünnigen zeigen kann, wo der Frosch die Locken hat.
Dank einer kleinen Indiskretion des sprechenden Kaninchens, das in Danny Apartment wohnt, gelingt es nicht nur Jacko, quasi aus dem Cyberspace Druck auf Satans Sohn auszuüben, sondern Wormwood ist auch gezwungen, sich Maggie gegenüber zu outen, was zunächst dazu führt, dass die junge Frau das gemeinsame Kind abtreiben will. Und als sei das alles nicht kompliziert genug, kommt Jay auf die Idee, sich in einer üblen Radio Call-In-Show als Sohn Gottes zu offenbaren. Doch nichts ist so schlimm, dass es Danny und Jays Freundschaft zerstören kann ….
Anders als der erste Sammelband überzeugt dieses zweite Tradepaperback auch auf der inhaltlichen Ebene. Natürlich verzichtet Ennis nicht auf einige Zoten, aber im Mittelpunkt der Handlung stehen diesmal eher ruhige Momente, die Psychologie der Figuren, ihre Ängste sowie die durch und durch menschelnden Beziehungen. Auf Seiten Dannys, der sich vom Erbe seines Vaters radikal losgesagt hat, liegen die Probleme deutlich auf der persönlichen Ebene, auch wenn er als großer TV-Produzent um seine gesellschaftliche Verantwortung bzw. Bedeutung weiß, während Jay sich zunehmend mit seiner Rolle als Erlöser der Menschen auseinander setzt und dabei einen eigenen Weg sucht und findet, der so gar nichts mit seiner vor 2000 Jahren am Kreuz verreckten Inkarnation zu tun hat und der ihn letztlich auch weit von seinem sabbernden Vater wegführt. Beide Hauptprotagonisten und Maggie wirken nicht nur sympathisch, sondern sind auch plausibel und lebendig angelegt. Für den Teil unter Gürtellinie ist diesmal unser kleiner langohriger Freund zuständig, während sich die Gore- und Splatter-Momente in erster Linie um Paul Carnovitz herum manifestieren. Doch Ennis wäre nicht Ennis, wenn er nicht auch ein gleichsam politisches Statement in petto hätte, nämlich eine deutliche Absage an eine sogenannte „political correctness“, die dazu führt, das Menschen nicht ihre Sicht der/einer Wahrheit sagen dürfen. Zugleich schimmert die Zuversicht durch, dass die Gesellschaft in der Lage ist, auch mit den zerstörerischen kleinen Wahrheiten Einzelner umzugehen.
Das klare, feinstrichige, lebendige und gefällige Artwork Jimenez, das zuweilen einen sehr cineastischen Eindruck vermittelt, macht es dem Leser leicht, sich in der Geschichte zurecht zu finden und den Figuren zu folgen.
Fazit: Ein unterhaltsamer, in Details humorvoller und bösartiger Blick auf Glauben, Showbiz und die emotionalen Unzulänglichkeiten der menschlichen Seele.