Titel: Als es noch Menschen gab Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Gerade in der Mitte des letzten Jahrhunderts ging die Welt in der Science Fiction Literatur oft unter, wurde zerstört oder zu ihrem Ungunsten verändert. In der Regel ist der Mensch verantwortlich für das Ende der Welt. Eher selten sind es Einflüsse von aussen oder dumme Zufälle.
Clifford D. Simak gehört zu dieser Riege alter Autoren, die gerade die Untergangsszenarien liebt. Im Gegensatz zu vielen anderen Autoren seiner Zeit, passiert dies aber nicht mit Blitz und Donner. Ihm geht es eher darum, nicht auf die bewährten Routinen zurückzugreifen, sondern seinen Untergang eher still und heimlich vorübergehen zu lassen und langsam etwas anderes aufzubauen. Clifford D. Simak bedient sich bei allen Themen der Science Fiction. Dies beweist eindrucksvoll sein Buch Als es noch Menschen gab. Seine Geschichten entstanden zwischen 1946 und 1951, bevor er sie 1952 zu einem Buch zusammenfasste.
Die Stadt City 1944
Eine alte Stadt im wilden Westen soll dem Erdboden gleich gemacht werden, bevor die letzten Bürger, die Widerstand leisten, von allein aussterben.
Das Haus Huddling Place 1944
Wenn ein Arzt der Hilfe bedarf ist das schon seltsam, wenn er aber ans Haus gefesslet ist, schafft er es auch nicht, Anderen Hilfe zu gewähren.
Census Census 1944
Sowohl die Zivilisation der Hunde als auch die Abspaltung der menschlichen Mutanten nimmt ihren Lauf.
Die Flucht Desertion 1944
Das Paradies der Erde war nie auf dieser Welt, aber ausgerechnet Jupiter?
Das Paradies Paradise 1946
Der Exodus ins Paradies beginnt
Zeitvertreib Hobbies 1946
Die wenigen auf der Erde verbliebenen Menschen geben sich sinnlosen Beschäftigungen hin.
Äsop Aesop 1947
Nicht nur der Mensch kann auf den Hund kommen, sondern auch die ganze Welt. Auch ohne Menschen.
Die Lösung The Trouble with Ants auch als The Simple Way 1951
Roboter Jenkins beobachtet nach dem Untergang des Menschen auch den Untergang der Ameisen.
Epilog Epilog 1973
Einsame Wacht auf einem Planeten. Die Erde in der Obhut der Roboter.
Die ersten beiden Geschichten sind gut gelungen. Der Anschein, Energie sei nicht nur unendlich verfügbar, sondern zudem kostenlos, dürfte einige Konzerne in der heutigen Zeit in den Wahnsinn treiben. Die damit einhergehenden sozialen Veränderungen wirken dabei logisch und gut durchdacht. Dabei entstanden die Erzählungen, als die Menschen sich gerade von den Gräueln des gerade überstandenen II. Weltkriegs erholten, sich aber langsam auf den dritten Weltkrieg zubewegten, weil der sogenannte Kalte Krieg langsam eskalierte. Dennoch ist ein langsamer Verfall zu erkennen. Die Landflucht wird umgekehrt, weil immer mehr Menschen auf das Land flüchten. Gewachsene soziale Strukturen lösen sich auf, bilden sich neu, aber auf die Einzelperson ausgerichtet und nicht mehr der Gruppenzwang einer städtischen Grundstruktur. Er verliert jenen Zusammenhalt, der ihn in eine Lage brachte, mit seiner Intelligenz (sofern vorhanden) durch gemeinsames Handeln gesteckte Ziele zu erreichen. Dahingegen ist der Schritt, die Erde hinter sich zu lassen, erst einmal technischer Natur und erst die Verwandlung in eine zivilisationslose, vergeistigte Daseinsform entspricht der „Enttechnisierung“. Zurück bleiben nur wenige Menschen, die weder das Bedürfnis haben, ein neues Eden zu finden, noch bereit sind, neue gesellschaftliche Strukturen aufzubauen. Die beiden einzigen wichtigen Gruppen neben dem Menschen sind seine treuen Hunde und die arbeitenden Roboter. Aber genau in Jenkins, einem Roboter finden wir einmal mehr eine Vorlage für andere SF-Schaffende. Der Roboter Marvin von Douglas Adams könnte in dem einsamen Jenkins sein Vorbild gehabt haben.
In der Familie Webster schafft Clifford D. Simak eine kleine Gruppe von Menschen, die sich wie auch eine Handvoll Hunde, durch die Erzählung zieht, ständig präsent ist. Die Websters als Identifikationsfiguren stehen im Mittelpunkt der Ereignisse, die von ihnen erst gesteuert und später aber nur noch beobachtet und kommentiert werden. Ähnliches gilt für die Zivilisation der Hunde. Als ein Projekt der Websters, macht es sich mit der Zeit selbstständig und verdrängt sogar die Erschaffer. Erst mit dem gleichnamigen Buch entstanden die verbindenden Kommentare durch Historiker und Philosophen einer Hundezivilisation. Sie versuchen in einer fernen Zukunft, das Ende der Menschheit anhand der wenigen Hinterlassenschaften zu erklären. Lediglich der unsterbliche Roboter Jenkins bleibt und wird in die Rolle der verschwundenen Websters gedrängt. Er führt alle Tiere, die intelligent geworden sind in eine neue Zeit. Zurück bleibt, wie bereits erwähnt, als einzige intelligente Lebensform, Jenkins, als Erbe der Menschheit.
Die acht Erzählungen, damals im Wilhelm Goldmann Verlag erschienen, wurden nicht neu übersetzt. Der Wilhelm Heyne Verlag griff auf die von Tony Westermayr ausgeführte Übersetzung aus dem Jahre 1964 zurück. Allerdings scheint mir die Bearbeitung nicht ganz gelungen, mir fehlt das Gefühl der ersten Veröffentlichung. Andererseits wird die jetzige Veröffentlichung ob ihres Alters bei der jungen Leserschaft nicht gut ankommen, zu altbacken kommt sie daher. Persönlich gefällt es mir, wieder einmal mehr einen Altmeister der Phantastik lesen zu können, ohne in den Regalen danach wühlen zu müssen. Andere werden in Antiquariaten suchen müssen, werden doch gerade die alten Meister schon seit Jahren nicht mehr neu aufgelegt. ALS ES NOCH MENSCHEN GAB ist eine Perle alter SF-Erzählungen und erscheint im Wilhelm Heyne Verlag daher auch unter dem Oberbegriff Meistererzählungen. Der amerikanische Autor zeichnet sich als einen grossartigen Geschichtenerzähler, Poeten, Humanisten aus.
Das Buch ist weniger ein Roman, denn eine Episodengeschichte. Die acht Erzählungen inklusive des Epilogs bauen aufeinander auf und finden in verschiedenen Handlungsträgern, wie etwa den Roboter Jenkins, oder den hündischen Historikern, eine Klammer. Die damit abgedeckte Zeitachse bezieht sich auf einen Zeitraum von mehr als 10.000 Jahren. Clifford D. Simak legt selbst Wert darauf, keine technischen Einzelheiten zu beschreiben oder gar neue zu erfinden. Der technische Fortschritt wird bei ihm nur nebenbei erwähnt, weil der Schwerpunkt auf der Entwicklung der menschlichen und später der tierischen Gesellschaft.