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Serie: ~
Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Einst gehörte Breq einer Schiffsbesatzung des Schiffes „Justice of Toren“ an. Für das mächtige Radchaai Imperium eroberten das Schiff mit dem Rest der Flotte Sonnensystem um Sonnensystem. Der Schlüssel zum Sieg lag in der Verschmelzung einer KI mit Menschen und Ancillaries zu einem Kollektiv. Dabei stellten die Ancillaries nichts weiter als willenlose Befehlsempfänger da, die meist, wie Breq auch, die Körper von Einwohnern eroberter Welten waren. Besiegte Welten mussten einen bestimmten Prozentsatz ihrer Bevölkerung als Ancillaries abstellen und im günstigsten Fall bedeutete dies, dass man mit wenigen Freiheiten Befehlen bedingungslos folgen musste. Im ungünstigsten Fall jedoch wurde man eingefroren und nie wieder aufgetaut. Für die Angehörigen war jedoch klar: Das Familienmitglied wird niemals zurückkehren.
Zu Beginn des Romans ist alles jedoch noch unklar. Breq findet auf einer abgelegenen Welt zufällig einen ehemaligen Führungsoffizier, der fast tot im Schnee liegt. Im Gegensatz zu den Ancillaries waren die Offiziere frei und konnten frei denken und handeln. Doch mit diesen Ereignis beginnen die Fragen erst und schon bald wird die ultimative Frage klarer und klarer: „Warum beweg sich Breq als Ancillary außerhalb des Kollektivs der Justice of Toren? Und warum will Breq Anaander Minaai, den absoluten Herrscher des Radchaai Imperiums töten?
Anne Leckie hat mit ihrem Debut Roman sofort alle wichtigen Preise gewonnen und die Gründe hierfür sind vielfältig. Zum einen erzählt die Autorin eine interessante, dichte Geschichte die voller faszinierender Details steckt. Es geht nicht nur um die Ancillaries und die Besonderheiten des Radchaai Imperiums sondern auch um andere Kulturen die allesamt umfassend und stimmig beschrieben wurden. Dies sind Dinge, die man in modernen SF Romanen leider selten in diesem Reifegrad findet. Doch mehr noch fesselt die Hauptfigur Breq, denn der Roman wird aus ihrer (oder seiner Sicht) geschrieben. Aufgrund der Zugehörigkeit zum Kollektiv spielt das Geschlecht keine Rolle (das ist beim Lesen hier und das sehr irritierend), denn die Individuen werden zu Funktionen reduziert. Es wird klar, dass der Einstieg in den Roman schwer fällt und das erste Drittel des Romans wird zur Belastungsprobe. Dann jedoch ergibt alles plötzlich Sinn und für das Durchhalten wird mehr als belohnt. Die Autorin präsentiert dem Leser interessante, frische Ideen, wie man sie in der SF heute nur noch selten vorgesetzt bekommt. So steuert das Buch unaufhaltsam auf die Konfrontation zwischen Breq und Anaander Minaai zu, doch wie die Autorin dann den Roman auflöst, überrascht erneut.
Auf Deutsch wir der Roman im Februar 2015 unter dem Titel „Die Maschinen“ erscheinen. Einer langen Tradition folgend wurde auf den Klappentext mal wieder Unsinn geschrieben. Ancillaries sind keine Maschinen, sondern bestenfalls leichte Cyborgs. Vielmehr ist ihr Bewusstsein einem Kollektiv unterworfen. Ich gebe aber zu, dass der Titel „Ancillary Justice“ nur sehr schwer übersetzbar ist. Ancillary beschreibt Neben- oder Hilfstätigkeiten oder auch Nebenkosten oder Nebentätigkeiten. Mögliche Übersetzungen wären „Nebensächliche Gerechtigkeit“ oder „Hilfsgerechtigkeit“. Aber das trifft es freilich auch nicht wirklich.
Insgesamt betrachtet ist Ancillary Justice ein höchst faszinierender Roman, der sich aber nur für den Leser entschlüsselt, wenn dieser Einsatz zeigt und sich durch das erste Viertel durchbeißt. Dies ist jedoch für die Geschichte und vor allem für die Stimmung im Roman wichtig. Der Roman ist auf keinen Fall etwas für einen Leser, der mal ein Science Fiction Buch lesen möchte – das wird nichts. Aber Lesern, die das Genre kennen sei der Roman auf jeden Falls ans Herz gelegt. Das Buch hat definitiv die ganzen Preise zu Recht gewonnen.
9 von 10 Punkten.