Titel: Dinosaurier Eine Besprechung / Rezension von Rainer Innreiter |
Seit jeher regen Dinosaurier die Phantasie der Menschen an. Filme mit Dinosauriern sorgen entsprechend regelmäßig für ordentliche Einspielergebnisse.
Der erste Film mit einem Dinosaurier entstand übrigens bereits 1914: Gertie the Dinosaur war ein kurzer Zeichentrickfilm über die Brachiosaurus-Lady Gertie, die einen Baum fraß und ein Mammut verprügelte.
Ehe Computeranimationen die Leinwände eroberten, ruckelten Dinos in der klassischen Stop-Motion-Technik (die Bewegungen der Figuren werden wie bei Zeichentrickfilmen durch Phasen erzeugt, also minimale Änderungen der Haltung, welche einzeln aufgenommen und danach beschleunigt im Film wiedergegeben werden) durch Filme wie King Kong oder Caprona .
Doch mit Jurassic Park wurden erstmals verblüffend lebensecht wirkende Animationen möglich, die alle anderen Techniken völlig veraltet erscheinen ließen. Was zumindest bei billigeren TV-Serien Produzenten nicht davon abhält, weiterhin auf lächerliche Effekte zu setzen.
Kurz nach dem gigantischen Erfolg von Jurassic Park setzten die Disney Studios alles daran, einen Konkurrenzfilm zu erschaffen. 1994 begannen die ersten Arbeiten, doch erst sechs Jahre später erblickte der Film das Licht der Leinwand. Dazwischen lagen Kosten von rund 130 Mio. $ und zahlreiche, völlig neu gedrehte Szenen - Die 1994 entstandenen Animationen waren nämlich inzwischen hoffnungslos veraltet.
In den USA spielte der komplett am Computer entstandene Disney-Film gerade mal seine Kosten ein, was sicherlich auch an den nicht gerade überschwänglichen Kritiken lag.
Zum Inhalt: Der Iguanodon Aladar wird von den Lemuren Plio und Yar "adoptiert", nachdem seine Mutter einem Raubdinosaurier zum Opfer gefallen war. Dennoch wächst Aladar zu einem kräftigen, stattlichen Iguanodon heran, bis der nächste Schicksalsschlag sein Leben aus den Fugen wirft: Ein gigantischer Asteroid schlägt auf der Erde ein und zerstört das urzeitliche Idyll. Knapp entkommen Aladar und seine Lemuren-Freunde dem Inferno.
Sie schließen sich einer Herde pflanzenfressender Dinosaurier an, die auf der Suche nach dem letzten, nicht zerstörten Fleckchen Land sind. Angeführt wird die Gruppe von dem kaltherzigen Iguanodon Kron, in dessen Schwester Zini sich Aladar verliebt.
Neben dem unbarmherzig heißen Wüstenklima machen der Herde auch zwei sie verfolgende, fleisch fressende Carnosaurier das Überleben schwer.
Dinosaurier ist zwar ein typischer Disney-Film, weist jedoch einige eklatante Schwächen auf.
Positiv zu vermerken - und darin waren sich die Kritiken einig - ist die technische Umsetzung: Ob Dinosaurier oder Lemuren - sämtliche animierten Geschöpfe wirken "echt" und vital. Ihre Entstehung am Computer ist ihnen kaum anzumerken.
So brillant der Film optisch auch sein mag, so dünn ist sein Plot, der überdies verdächtig an In einem Land vor unserer Zeit erinnert, wo gleichfalls eine Gruppe Dinosaurier auf dem Weg in das "gelobte Land" von Fleischfressern gehetzt wird.
Wenngleich alle Register Disney'scher Unterhaltung gezogen werden, fühlte ich keinerlei emotionaler Nähe zu den Figuren. Irgendwie waren mir die Dinosaurier denn doch zu fremd, um mit ihnen zu bangen, was wohl daran lag, dass sie kaum interessante Wesenszüge auswiesen - auch hier ein Mangel des Drehbuchs.
Apropos: Die "lustigen Nebenfiguren", hier Lemuren, versagten meiner Ansicht nach völlig - ich fand sie nur nervig!
Jeder Disney-Film lebt von den "bösen" Gegenspielern, die nicht selten faszinierender als die "guten" Protagonisten wirken. In Dinosaurier sind es zwei Carnosaurier, die als bad guys herhalten müssen (ein Widerspruch in sich, denn schließlich kann man es nicht als verwerflich erachten, wenn Tiere entsprechend der Natur handeln - Raubsaurier mussten nun mal Fleisch fressen!) . Doch nie zuvor waren die "bösen" dermaßen farblos wie hier: Es sind einfach nur Raubtiere, die die "guten" auffressen wollen. Punktum. Und um ihnen auch ja nicht eine Nuance von Farbe zu verleihen, sind sie die einzigen (!) Tiere des Filmes, die nicht sprechen können! Man kann sich nur an den Kopf fassen, dass anscheinend niemandem bei Disney dieser Umstand auffiel.
Auch das Motiv des verwaisten Kindes ist nicht neu, lässt aber auch hier ziemlich kalt. Davon abgesehen, dass die Szene, in welcher Aladars Mutter von einem Raubsaurier geschlagen wird für Kinder mehr als verstörend wirken dürfte.
Überhaupt stellt Dinosaurier für mich den missratenen Versuch dar, einen Kinderfilm auch für Erwachsene schmackhaft zu machen. Doch weder für Kinder, noch für Erwachsene dürfte er halbwegs interessant sein. Das Niveau des Filmes wird selbst einfachste Gemüter unterfordern. Charme und Witz sucht man vergeblich. Und "Identifikationsfiguren" gibt's schon gar nicht.
So bleibt von Dinosaurier nur die technische Brillanz, die jedoch in einigen Jahren bereits Schnee von gestern sein wird und dieser Film daher künftig zu den künstlerischen Flops der Disney Studios gezählt werden wird.