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Eine Rezension von Judith Madera (Weitere Rezensionen von Judith Madera findet ihr hier auf fictionfantasy oder auf ihrer Website www.literatopia.de) |
In der „Abteilung für Paranormales“ ereignen sich mehr seltsame Dinge, als manchen Mitgliedern bewusst ist: Der Chef des Schülerclubs ist nämlich ein Geistermädchen, das nur für den schüchternen Teiichi und die taffe Kirie sichtbar ist. Sie nennt sich Yuko und ist schon seit sechzig Jahren tot. Ihre Leiche liegt im Keller eines alten Schulgebäudes, das nicht mehr genutzt wird – wie viele andere Gebäude auch. Dadurch entstehen an der Seikyo-Schule immer wieder die wildesten Gerüchte, was Poltergeister und Dämonen betrifft. Für manche davon ist Yuko verantwortlich. Andere dagegen scheinen tatsächlich paranormalen Ursprungs zu sein …
Die Animeadaption von Dusk Maiden of Amnesia ist etwas anders aufgebaut als der Manga und zeigt in der ersten Episode einen ganz normalen Tag in der „Abteilung für Paranormales“ – und das aus zwei verschiedenen Sichtwinkeln: aus der Perspektive von Momoe, die als einzige Yuko nicht sehen kann (der Club hat nur vier Mitglieder), und aus der Perspektive von Teiichi, der sich von den erotischen Anspielungen des Geistermädchens in Verlegenheit bringen lässt. Durch diesen Aufbau wiederholen sich die meisten Szenen innerhalb einer einzigen Folge, was vor allem für all jene, die den Manga bereits kennen, langweilig ausfällt. Die erste Episode ist eher als Prolog zu verstehen und zeigt immerhin, wie kompliziert das Verhältnis zwischen Yuko und Teiichi ist.
Ab der zweiten Episode geht es dann quasi von vorne los und zwar mit dem Kennenlernen von Yuko und Teiichi. Zunächst kann der ruhige und nüchterne Teiichi nicht glauben, dass Yuko ein Geist ist, schließlich kann er sie berühren. Doch dann erkennt er, dass niemand außer ihm Yuko sehen kann, und will mehr über ihren mysteriösen Tod herausfinden. Yuko ist davon anfangs nicht gerade begeistert, denn sie hat keine Erinnerungen an ihren Tod und will lieber nichts darüber wissen. Durch den Kontakt mit Teiichi ändert sie jedoch ihre Meinung und so geht es in der Geschichte unter anderem darum, wie Yuko gestorben ist und warum ausgerechnet Teiichi sie sehen kann.
Auch Kirie kann Yuko sehen, was daran liegt, dass sie eine Nachfahrin von ihr ist. Sie ignoriert Yuko allerdings, da sie sie für einen bösen Geist hält. Schließlich hat sie Yuko in ihrer wahren Gestalt gesehen: Der eines hässlichen, verbitterten und rachsüchtigen Geistermädchens. Doch war das wirklich Yuko oder treibt noch ein anderer Geist sein Unwesen an der Schule? Die vierte im Bunde ist die süße Momoe, die eine große Begeisterung für alles Paranormale hat, aber einen Geist nicht einmal dann erkennt, wenn er die Sachen auf dem Tisch verrückt, um auf sich aufmerksam zu machen. Momoe und Kirie sind sehr gegensätzliche Charaktere, zwischen denen sich nach und nach eine Freundschaft entwickelt.
Teiichi ist ein kluger Kopf, allerdings ist er auch schüchtern und weiß nicht, wie er auf Yukos Annäherungsversuche reagieren soll. Wie auch der Manga spielt der Anime mit erotischen Anspielungen und kleinen Unfällen, bei denen Teiichi aus Versehen Yukos Brust berührt. Natürlich läuft er dann knallrot an, während Yuko ihm zuflüstert, dass er sie ruhig berühren kann. Dieser typisch japanische, erotisch aufgeladene Humor ist Geschmackssache. Für den westlichen Geschmack wirkt er eher störend, denn eigentlich entwickelt sich zwischen Teiichi und Yuko eine sehr ernsthafte, schöne und auch traurige Beziehung. Man spürt schnell, dass Yuko sehr an Teiichi hängt, denn er ist der einzige, der sie weitgehend wie ein normales Mädchen behandelt – und sie berührt. Damit ist dann auch weniger das versehentliche Grapschen als vielmehr das Halten der Hand gemeint.
Die paranormalen Vorfälle an der Schule haben meist eine reale Grundlage, denn oftmals ist es schlichtweg die Kraft der Einbildung, die die bösen Geister heraufbeschwört. So gibt es beispielsweise ein Spiel, das man alleine nach Schulschluss spielt und einen Teufel heraufbeschwört. Dann muss man sich verstecken und vor lauter Angst glauben manche dann tatsächlich, dass ein Teufel sie jagt. Diese psychologische Komponente der Geschichte ist sehr interessant und wird auch in Bezug auf Yuko ausgebaut – denn andere können zwar nicht ihre wahre Gestalt sehen, doch wenn sie Angst haben, sehen sie Yuko als Alptraumgestalt.
Der Stil
Dusk Maiden of Amnesia funktioniert als Anime wesentlich besser als der Manga, da die verschiedenen Lichtstimmungen am Abend oder auch in der Nacht viel vom Charme der Geschichte ausmachen. Sonnenuntergänge und Sternenhimmel tauchen alles in ein unwirkliches Licht, in dem Yuko umso wirklicher erscheint. Die Schulgebäude sehen von außen schön unheimlich aus, innen sind sie teilweise dreidimensional animiert, was nicht so gut gelungen ist. Der Wald hingegen, der die Schule umgibt, wartet mit vielen Details und einer ganz besonderen Atmosphäre auf.
Das Charakterdesign erinnert an Werke von Clamp wie beispielsweise Code Geass oder X und die Figuren sind mindestens genauso gut animiert. Mimik und Gestik wirken durchweg lebendig, vor allem bei Teiichi, dem regelmäßig die Gesichtszüge entgleiten. Yuki hingegen besitzt auch visuell eine kühle und dunkle Ausstrahlung, die zwischen Melancholie und gelangweilter Arroganz changiert. Umso erfrischender ist ein Lächeln des Geistermädchens, das in Teiichis Gegenwart regelrecht aufblüht. Kirie ähnelt Yuko optisch ein wenig, um die Verwandtschaft zu unterstreichen, doch sie hat eine ganz eigene Ausstrahlung. Momoe dagegen ist das typische süße, blonde Mädchen.
Der Soundtrack bietet neben einem – inzwischen leider bei vielen Animes üblichen – temporeichen und krachenden Opening ein sehr schönes Ending Theme, das so präsentiert wird, als würde Yuko es singen. Es klingt herrlich romantisch und melancholisch und hat einen leichten Folklore-Touch. Innerhalb der Serie selbst fällt die musikalische Untermalung dagegen kaum auf. Die Synchronstimmen wurden für alle vier Charaktere gut gewählt, wobei Momoe ihrer quirligen Persönlichkeit entsprechend sehr hoch und piepsig klingt.
Blu-ray
Die Bildqualität ist einer Blu-ray entsprechend gut, wobei Dusk Maiden of Amnesia nicht so gestochen scharf wie beispielsweise Psycho-Pass aussieht. Das liegt vermutlich eher an den abendlichen Lichtstimmungen, die weich gezeichnet erscheinen, als an einer minderen Qualität der Serie. Die Farben kommen dagegen sehr schön zur Geltung und auch der Sound klingt durchweg gut.
Zur Limited Edition gibt es, wie von KAZÉ gewohnt, einen schicken Sammelschuber, der Platz für vier Blu-rays bietet. Leider kommen diese in einfachen BD-Hüllen daher – ohne Wendecover. Dafür gibt es ein recht umfangreiches Booklet mit Informationen zu den Charakteren, kommentierten Screenshots, Episodenguide und einer kleinen Manga-Leseprobe.
Fazit
Dusk Maiden of Amnesia ist ein geheimnisvoller und romantischer Anime, der sehr gekonnt mit verschiedenen Lichtstimmungen spielt und die melancholische Geschichte visuell grandios umsetzt. Der erotisch angehauchte Humor ist Geschmackssache, doch im Angesicht der vielschichtigen und schönen Beziehung zwischen Teiichi und Yuko kann man über diesen leicht hinwegsehen.
Szenenbilder: Copyright by MAYBE / SQUARE ENIX, Dusk maiden of Amnesia Project / KAZÉ Deutschland