Reihe: Dustlands, Band 1 Eine Rezension von Katja Lehmann |
„Sie nennen mich den Todesengel. Weil ich noch nie einen Kampf verloren hab. Jedes Mal, wenn sie mich in den Käfig bringen, lass ich die rote Hitze ans Ruder, und die kämpft, bis sie siegt.“
Inhalt:
Saba und Lugh sind Zwillinge und wurden vor 18 Jahren im Mittsommer geboren. Seit dem sind sie unzertrennlich und sie verbindet eine unergründliche Geschwisterliebe. Gemeinsam mit ihrem Vater und ihrer kleinen Schwester Emmi leben sie unter primitiven Verhältnissen in einer Hütte am ausgetrockneten Silverlake mitten in der Wüste. Seit dem Tod ihrer Mutter vor 9 Jahren bei der Geburt von Emmi hat ihr Vater den Bezug zur Realität so gut wie verloren und hört nur noch darauf, was die Sterne ihm sagen. Mit erfolglosen Ritualen versucht er, den Regen herbei zu beschwören. Dadurch vernachlässigt er natürlich auch seine Kinder. Lugh und Saba übernehmen deswegen die meisten Aufgaben wie zum Beispiel die Nahrungsbeschaffung oder den Haushalt. Der Groll gegen den eigenen Vater wächst dabei bei Lugh ins unermessliche und beschließt, gemeinsam mit Saba und Emmi den Silberlake zu verlassen. Soweit soll es jedoch gar nicht kommen, denn fremde Männer in schwarzen Umhängen tauchen urplötzlich am Silverlake auf, töten ihren Vater und entführen Lugh. Saba und Emmi machen sich daraufhin auf den Weg, um den geliebten Bruder zurück zu holen und stoßen dabei auf zahlreiche Gefahren, Intrigen und Gewalt.
Fazit:
„Dustlands – Die Entführung“ ist der erste Band einer neuen Endzeit-Trilogie von Moira Young. In diesem Buch wird jedoch nicht von der „Endzeit“, sondern von der „Abwrackerzeit“ gesprochen.
Die Protagonistin ist die 18jährige Saba, die die Liebe zu ihrem Zwillingsbruder Lugh vor alles andere stellt. Für ihn würde sie durch die Hölle gehen. Für ihn würde sie sterben. Nichts ist wichtiger für sie, als Lugh. Nicht einmal ihre kleine Schwester Emmi, deren Bezugsperson schon immer Lugh gewesen ist, da Saba keinen Hehl aus ihrer Verachtung Emmi gegenüber gemacht hat. Für Saba ist Emmi nur eine Last, sie stellt sie stets als „unnütz“ und „dumm“ dar. Sie hält sie nur auf und verschwendet wertvolle Zeit, die Saba auf der Suche nach Lugh so dringend braucht.
Saba hat nicht viel Erfahrung im Umgang mit Menschen, da sie ihr ganzes Leben nur mit ihrer Familie am Silverlake verbracht hat und ist recht launisch und stur. Nachdem sie sich auf die Reise ins Unbekannte gemacht hat, um Lugh zu finden, unterschätzt sie ihre Schwester immer wieder und muss irgendwann einsehen, dass Emmi mehr als ein kleines, hilfloses Mädchen und mindestens genauso viel wert ist wie Lugh. Diese Geschichte spielt in einer Welt, die in einer fernen Zukunft existiert. Es wird die „Abwrackerzeit“ beschrieben, in der die Menschen einen eher schlichten Lebensstil führen. Das Land wird von einem König regiert, der sich selbst für unsterblich hält. Sein Volk und seine Soldaten, die sogenannten Tonton, werden durch eine Droge namens „Chaal“ unter Kontrolle gehalten. Dadurch werden sie versklavt und vollständig ihres Willens beraubt. Durch eine Überdosis dieser Droge drehen die Leute durch und verlieren geradezu gänzlich ihre Menschlichkeit. Sie werden von Gewalt und Grausamkeit beherrscht, welches sie an anderen auslassen.
Als ich begann, „Dustlands – Die Entführung“ zu lesen, wollte ich es nach einigen Seiten vor Schreck am liebsten wieder zu klappen.
Wo waren die Endungen bei Wörtern wie „würd“ statt „würde“, „tu“ statt „tue“, oder „glaub“ statt „glaube“?
Und was ist aus den Anführungszeichen bei der wörtlichen Rede passiert? Ich hätte nicht gedacht, dass ich ein ganzes Buch in diesem doch sehr außergewöhnlichen Stil lesen könnte.
Grund dafür war jedoch nicht die schlampige Arbeit einer Lektorin, sondern die volle Absicht der Autorin Moira Young. Mit dieser schlichten Sprache aus der Sichtweise der Protagonistin Saba (die Geschichte wird aus ihrer Perspektive erzählt) will Moira Young deutlich machen, wie wenig Erfahrung Saba im Sprechen und im Umgang mit Menschen hat, da sie in sehr primitiven Verhältnissen und in einer sehr einsamen Gegend aufgewachsen ist.
Nach etwa 100 Seiten ist es mir zum Glück gelungen, mich daran zu gewöhnen. Was allerdings bei Saba nicht der Fall war. Normalerweise bin ich die Art Leserin, die sehr mit den Hauptcharakteren mit leidet und die das Gefühl hat, in der Geschichte direkt live dabei zu sein. Saba war mir jedoch bis zum Ende des Bandes sehr unsympathisch und ich habe mich eher wie eine Außenstehende gefühlt, die alles nur teilnahmslos beobachtet. Das lag vor allem daran, dass Saba sehr oberflächlich und kalt wirkt – ihrer kleinen Schwester Emmi gegenüber regelrecht gefühllos. Mir tat Emmi die ganze Zeit nur höllisch leid und irgendwie hat sie sich zu meinem Lieblingscharakter in diesem Buch gemausert.
Sie wuchs ohne Mutter auf, ihr Vater hat sie vernachlässigt und ist gestorben, der einzige, der sich je um sie gekümmert hat wurde entführt und ihre Schwester hasst sie. Sie wird für etwas verantwortlich gemacht, woran sie keine Schuld trägt. Und trotzdem ist dieses kleine Mädchen so unendlich tapfer und mutig.
Was ich „Dustlands – Die Entführung“ jedoch hoch anrechnen muss, ist, dass ab dem zweiten Abschnitt des Bandes die ganze Zeit über Spannung herrscht. Ich war wirklich neugierig, wie es wohl weitergehen wird und habe mich gefragt, wie sich wohl alles letztendlich doch noch zum Guten wenden mag. Leider waren mir auch die anderen Hauptcharaktere wie Jack, Epona oder Ash etwas zu oberflächlich dargestellt und ich hätte liebend gern mehr über sie erfahren. Auch storymäßig hätte ich mir etwas mehr Tiefe gewünscht. Warum zum Beispiel ist die Welt so, wie es beschrieben wird? Was hat all die Großstädte aussterben lassen, sodass nur noch die Gerippe der Hochhäuser vermuten lassen, dass dort einmal eine große Stadt existiert hat? Worin besteht der Bezug zum Sonnenkönig Ludwig XIV., der erwähnt wird?
„Dustlands – Die Entführung“ hat wirklich gute Ansätze, aber leider hat es mir nicht für eine wirklich gute Dystopie gereicht.