Vorgestellt von Klaus Bernstein.
Biographie
Eufemia von Ballestrem (so ihr Mädchenname) stammt aus einem alten Adelsgeschlecht (Ballestrem di Castellengo), das ursprünglich in Savoyen ansässig war und sich dann im 18. Jahrhundert in Schlesien niederließ.
Sie wurde am 18. August 1854 als fünftes von sechs Kindern in Ratibor (Oberschlesien) geboren. Ihr Vater war Alexander Karl Wolfgang Graf von Ballestrem, ihre Mutter Mathilde von Ballestrem, geborene von Hertell. 1860 zog die Familie nach Brieg (heute Brzeg/Polen) und dann nach Hirschberg (heute Jelenia Gora/Polen). Den damaligen Traditionen in adligen Familien folgend erhielt sie eine sehr fundierte Ausbildung in Literatur, verschiedenen Fremdsprachen und Gesang. Später bildete sie sich noch autodidaktisch zur Porträtmalerin aus.
1881 starb ihr Vater und sie unternahm zusammen mit ihrer Mutter eine ausgedehnte Reise durch Italien. Nach der Rückkehr lebte sie in Breslau und lernte dort ihren zukünftigen Mann, den Rittmeister Joseph Fritz von Adlersfeld kennen, den sie 1884 heiratete. 1885 wurde dann ihre Tochter Dagmar geboren. Bedingt durch den militärischen Beruf ihres Mannes zogen sie in kurzer Zeit mehrfach um: zunächst nach Militsch (Kreis Breslau), 1889 nach Karlsruhe und 1894 nach Durlach, wo ihr Mann dann seinen Abschied vom Militär nahm. Anschließend lebten sie in Baden-Baden, unternahmen etliche Reisen, vor allem in die Schweiz, um sich schließlich dort in Vevey niederzulassen.
1907 starb ihr Mann und sie zog wieder nach Karlsruhe. Nach zahlreichen Rom-Aufenthalten siedelte sie 1914 schließlich nach München über, wo sie am 21. April 1941 starb.
Literarisch gesehen war Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem keinesfalls eine große Schriftstellerin. Sie verfasste durchaus erfolgreiche und populäre Unterhaltungsliteratur (Liebesromane, Krimis und humoristische Romane) im Stile der Eugenie Marlitt und Hedwig Courths-Mahler. Sie beschrieb eine festgefügte Welt, in der noch jeder seinen ihm von Gott gegebenen Platz einnahm und in der weder Politik noch soziale Konflikte vorkamen.
Der Unterschied zu den üblichen Werken ihrer oben angeführten Schriftstellerkolleginnen besteht jedoch darin, daß in den Werken der E. v. A.-B. das Übernatürliche in Form von Geistern, Tagträumen und Visionen eine große Rolle spielt. Allerdings sind ihre Geister meist nicht furchteinflößend, sondern bedürfen oft der Hilfe in der Art, daß ein altes Geheimnis enthüllt werden muß oder ein letzter Wunsch erfüllt, woraufhin sie dann verschwinden und erlöst sind.
Typisch dafür ist ihre Erzählung Ca'Spada; (1902) in der der Hauptperson, einer verarmten Adligen, in Venedig in einem alten Palast zwei Geister erscheinen, die sie durch ihr Verhalten auf ein Geheimfach hinweisen, in dem ein Tagebuch liegt. In diesem Tagebuch wird der Mord an einer Vorfahrin des Palastbesitzers beschrieben und erwähnt, daß die Leiche der Frau noch unbestattet in einer Geheimkammer des Palastes liegt. Nach erfolgreicher Beerdigung dieser Leiche verschwinden dann auch die Spukerscheinungen. Unnötig zu erwähnen, daß zum Schluß die verarmte Adlige den Schloßbesitzer heiratet.
Ein ähnliches Motiv mit Geistern, die auf einen alten ungesühnten Mord hinweisen, findet sich auch in dem Roman Die Herzogin von Santa Rosa; (1924) sowie in dem Novellenband Im Zwielicht; (1923).
Auch in Der Jungfernturm; (1906) wird eine junge Frau (wieder eine verarmte Adlige), die als Gesellschafterin in einem alten unheimlichen Schloß arbeitet, von Gespenstern vor der Schloßherrin gewarnt, weil diese sie in ihrem Wahn als Opfer in der Sylvesternacht ermorden will.
Weniger freundlich gesinnt ist die Geistererscheinung in der Geschichte Maria Schnee; (1907). Die jung verheiratete Ehefrau eines Grafen wird hier von einer alten Ahnin des Adelsgeschlechts ihres Mannes verfolgt, die einst als Hexe verbrannt wurde, jedoch im Verborgenen weiterleben konnte. Zum Schluß tötet die Hexe die junge Frau mit einer Nadel. Ähnlich furchteinflößend ist die Die Dame in Gelb; (1906). Hier kauft ein reicher Antiquitätensammler einen antiken Reliquienschrein und wird seitdem jede Nacht von jener Dame in Gelb heimgesucht, deren Berührung ihn in Ohnmacht fallen läßt. Wie sich zum Schluß aus einem alten Manuskript herausstellt, handelt es sich dabei um eine entfernte Verwandte der Lucrezia Borgia. In dem Sammelband Windmüllergeschichten; (1921) versuchte sich E. v. A.-B. mit der Erzählung Junges Blut; auch an einer Vampir-Geschichte.
Neben dem Schreiben solcher mehr oder weniger leichter Literatur verfasste sie auch zahlreiche historische Romane und Biographien, die durchaus beachtenswert sind und sich durch gut recherchierte Details auszeichnen. Immerhin war sie auch Ehrenmitglied der Société Archéologique de France (Paris) und Mitglied der Accademia letteraria dell' Arcadia (Rom).
Pseudonyme:
Keine bekannt
Bibliographie (Auswahl):[Auf fictionfantasy.de rezensierte Bücher sind mit Link unterlegt und fett gekennzeichnet.]
Werk | ||
Titel | Anmerkungen | © Jahr |
Lady Melusine | Roman in zwei Abtheilungen | 1878 |
Heideröslein |
| 1880 |
Violet |
| 1883 |
Katechismus des guten Tons und der feinen Sitten |
| 1892 |
Komtesse Käthe |
| 1895 |
Pension Malepartus |
| 1901 |
Ca'Spada | Eine Tragödie aus dem alten und ein Mysterium aus dem modernen Venedig. | 1902 |
Der Jungfernturm | Eine Geschichte von der Wende des Jahrhunderts. | 1906 |
Die Dame in Gelb | Eine sonderbare Geschichte | 1906 |
Maria Schnee | Roman eines Rätsels | 1907 |
Palazzo Irà n |
| 1909 |
Der Maskenball in der Ca'Torcelli |
| 1910 |
Graf Glasgow | Eine unglaubliche Geschichte | 1913 |
Die Fliege im Bernstein |
| 1919 |
Die Herzogin von Santa Rosa |
| 1924 |
Chrysantis Oleander |
| 1924 |
Der Dritte |
| 1928 |
Sammlungen | ||
Unheimliche Geschichten | 1909 | |
Die Erzählungen der Elf | Inhalt | 1917 |
Windmüllergeschichten | Inhalt | 1921 |
Im Zwielicht | Inhalt | 1923 |
Sammelband | Djavahir | 1931 |