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| Titel: Exte: Hair Extensions Eine Besprechung / Rezension von Max Pechmann |
Japan ist ein Land, aus dem zurzeit die wohl skurrilsten Filme kommen. Während japanische Produktionen à la "Ring" zunehmend an Beliebtheit verlieren - die Variationsbreite dieses Subgenres ist nun einmal äußerst gering -, tauchen gelegentlich Werke auf, die sich schön dem Mainstream verwehren und vor allem durch eine bizarre, teils durchgeknallte Machart auffallen. In Deutschland am bekanntesten ist sicherlich der Regisseur Takashi Miike, in dessen Filmen Trash, Poesie, Splatter und Sexploitation aberwitzige Verbindungen eingehen. In eine ähnliche Richtung zielt aber auch der Filmemacher Sion Sono ab. Bereits in seinem surrealen Drama "Strange Circus" bewies er eine einfallsreiche Ästhetik, die dem Phantastischen Film in Japan neues Leben einhauchte.
Sein neuester Streich trägt den Titel "EXTE - Hair Extensions" und macht sich über den derzeitigen Schönheitswahn lustig. Zugleich ist es eine Ansammlung von Zitaten aus Klassikern des Genres sowie eine Art Zusammenfassung des modernen japanischen Horrorfilms. Der Film beginnt damit, dass in einem Hafen ein Container entdeckt wird, der voller menschlicher Haare ist. Zwischen den Haaren befindet sich die Leiche eines kahlköpfigen Mädchens. Wie es der Zufall will, arbeitet in der Gerichtsmedizin ein Haarfetischist namens Yamazaki. Als er merkt, dass auf dem Kopf des toten Mädchens wieder Haare wachsen, stiehlt er die Leiche, um sie andächtig in seiner Wohnung aufzubewahren. Dort werden die Haare immer länger. Schließlich beschließt Yamazaki, Teile der Haarpracht dem Friseursalon "Gilles de Rais" anzubieten. Da die Feinheit der Haare überzeugt, werden die Haare von nun zur Haarverlängerung verwendet. Dies geschieht jedoch zum Nachteil der Kunden, denn die Haare entwickeln ein tödliches Eigenleben. Die angehende Friseurin Yuko versucht, hinter das Geheimnis der Haare zu kommen...
Lange schwarze Haare sind das Kennzeichen der japanischen Geisterfrauen, die in so ziemlich jedem modernen japanischen Horrorfilm vorkommen. Diesem Merkmal hat Sion Sono ein eigenwilliges Denkmal gesetzt, in dem er einen Film eben über schwarze Haare drehte. Dass der Salon den Namen "Gilles de Rais" trägt, kommt nicht von ungefähr, ist dies doch der Name eines der grausamsten Serienmörder des ausgehenden Mittelalters und deutete daher bereits auf die noch zu erwartenden Unannehmlichkeiten hin. Andererseits ist dies zugleich ein Seitenhieb auf die europäische Namensgebung für japanische Geschäfte, da die Inhaber zum Teil nur nach dem Klang der Wörter gehen, ohne sich zu informieren, was es mit diesem Wort überhaupt auf sich hat. Die Szenen, in denen die Haare in Aktion treten, sind recht witzig durch eine Mischung aus Stop-Motion und Computeranimation dargestellt, gelegentlich auch durch recht einfache Tricks, in denen das Haar mit einem dünnen Faden hochgezogen wird. In diese übernatürliche Haargeschichte ist ein Familiendrama eingeflochten, das aufgrund seiner Extreme eigentlich nicht zu dem übrigen Film passt. Hier wird stellenweise Wes Cravens "Last House on the Left" zitiert. Aber auch auf die diversen Remakes von Horrorfilmen aus den 70er Jahren wird verwiesen, besonders in Rückblenden, in denen zu sehen ist, wie maskierte Männer dem Mädchen die Haare abschneiden. Demgegenüber steht die groteske Figur des Totenwächters Yamazaki. Sein Auftreten ist stets verbunden mit böser Ironie und schwarzem Humor, an einer Stelle auch mit einer Musical-Einlage. Dennoch wird die Story geradlinig erzählt und die Aktionen der Protagonisten sind - im Sinne Sonos - einigermaßen plausibel.
Fazit: "EXTE" bietet zu dem sich langsam totlaufenden modernen japanischen Horrorfilm sowie zu den sich wiederholenden Motiven von Takashi Miike eine erfrischende Alternative.