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Titel: Herrscher der Gezeiten
Eine Besprechung / Rezension von Katja Lehmann |
Inhalt:
Die Erde ist überflutet und das Leben der Bewohner von Tides, einer kleinen Insel mitten im Ozean, wird von den Gezeiten bestimmt. Tagsüber versuchen sie, Nahrung zu finden, abends retten sie sich auf eine Plattform, um nicht von der Flut mitgerissen zu werden. Doch sie werden immer weniger und es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch der letzte Mensch sein Leben verliert. Corvina Kettlefish war schon immer anders als die anderen und hat dies oft zu spüren bekommen. Als sie schließlich zum sterbenden König gebracht und eine neue Position innerhalb der Formation erhält, schlägt der Hass immer mehr über. Nur ihr einziger Freund Tiam steht noch hinter ihr, doch auch er ist in großer Gefahr.
Fazit:
“Herrscher der Gezeiten” ist der erste Band einer post-apokalyptischen Jugendbuchreihe von Nichola Reilly.
Die Geschichte wird aus der Sicht von Corvina “Coe” Kettlefish erzählt, einem Mädchen, das kurz vor ihrer 16. Tief-Flutzeit und somit dem Erwachsenwerden steht. Durch ihre schwarzen Haare, die rosanen Augen und ihren Armstumpf ist sie anders als die anderen und wird deswegen wie eine Außenseiterin behandelt. Dank die Erziehung ihres tapferen Vaters Buck hat sie den Inselbewohnern einiges voraus – sie kann lesen und ist viel intelligenter. Die Einzigen, denen etwas an ihr liegt, sind das kleine Mädchen Fern, das letzte Kind auf der Insel, und der tapfere Fischersjunge Tiam, mit dem sie sich schon seit ihrer Kindheit verbunden fühlt. Freundschaft ist etwas, das es auf der Insel eigentlich gar nicht gibt. Genauso wie Liebe, Zuneigung und Körperkontakt. Mit den Jahren haben die Menschen gelernt, dass jeder selbst auf sich angewiesen ist.
Coe ist vermutlich der vielschichtigste Charakter in der ganzen Geschichte, was wohl einzig und allein an der Erzählperspektive liegt. Die anderen Charaktere werden eher oberflächlich behandelt.
Es fiel mir unheimlich schwer, einen Zugang zu der Geschichte zu bekommen – letztendlich ist mir dies bis zum Ende des Buches nicht gelungen. Einen roten Faden habe ich vergeblich gesucht, weswegen die Geschichte eher ruhig vor sich hingeplätschert ist. Viele Dinge sind mir noch immer schleierhaft, zumal ich zunächst davon ausgegangen bin, dass es sich um einen Einzelband handelt. Coe hat immer wieder für Überraschungen gesorgt, denn immer, wenn ich dachte “das würde sie nicht tun, so dumm ist sie nicht” tat sie es trotzdem. Nichtsdestotrotz ist die Geschichte relativ vorhersehbar und die Spannungskurve nicht gerade hoch.
Nichola Reilly versteht es, sich beim Schreiben auf das Wesentliche zu konzentrieren und nicht lange um den heißen Brei zu reden. Dadurch lässt sich das Buch relativ zügig lesen. Die Geschichte hat nette Ansätze, die immer wieder darauf hoffen lassen, dass man mit einer schicksalhaften Wendung überrascht wird – doch dies blieb meiner Meinung nach leider aus. Das ist natürlich alles Geschmackssache, aber man hätte den Plot ruhig noch weiter ausreizen können. Das Ende des Buches fand ich übrigens ziemlich daneben und war mir zu abgedreht. Einerseits bin ich neugierig, wie die Autorin das im zweiten Band erklären will, anderseits habe ich relativ wenig Lust, die Geschichte von Corvina Kettlefish weiterzulesen.
Ich habe mehr von “Herrscher der Gezeiten” erwartet, fühlte mich letztendlich jedoch nur wenig unterhalten.