Reihe: Warrior Lover, Band 1
Eine Rezension von Gloria H. Manderfeld |
Im Amerika einer nicht allzu fernen Zukunft haben sich die Menschen nach einem verheerenden atomaren Krieg in wenige, unter Kuppeln abgeschottete Städte zurückgezogen, in denen sie in gewissem Wohlstand leben. Doch nicht allen wird dieses behütete Leben zuteil, die so genannten Outlaws müssen außerhalb White Citys ihr Leben im Elend fristen und werden durch die Propaganda zu Verrückten und Mutierten stilisiert. Samantha arbeitete in White City als angesehene Ärztin, bis ihr vorgeworfen wird, einen der heldenhaften Verteidiger der Stadt bei einer Behandlung seiner schweren Verletzungen durch ein falsches Medikament getötet zu haben.
Dies ist in White City ein besonders großes Verbrechen, da die „Warriors“ die Streitmacht der Stadt darstellen und im Kampf gegen die Outlaws und Rebellen aus den Bezirken um die Stadt herum die einzige effiziente Waffe darstellen. Rechtskräftig verurteilt wartet auf Samatha eigentlich nur der Tod, doch ihr Anwalt kann eine Alternative aushandeln: Zur namenlosen Serva gemacht, muss Samantha nun bald den sexuellen Begierden der Warriors mit allen Konsequenzen zur Verfügung stehen. Gerade das Schicksal einer Mitsklavin, die von einem der Warriors brutal missbraucht wurde, lässt sie zweifeln, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Doch dem anstehenden Medien-Spektakel, das alle drei Tage beim Schichtwechsel der Warrior ansteht, kann sie sich in ihrer misslichen Lage nicht entziehen und wird vor den Augen der ganzen Stadt als Ware präsentiert. Als der berühmte Jax, genannt „Der Unbesiegbare“ sie als seine Bettgespielin wählt, muss Samantha um ihr Leben fürchten, denn es war Jax‘ Bruder, der unter ihren Händen verstarb. Und den Warriors ist erlaubt, mit ihren gewählten Sklavinnen zu tun, was ihnen eben beliebt…
Erotische Romanze und Dystopie? Diese Mischung klang interessant genug, um der neuen „Warrior Lover“-Reihe von Inka Loreen Minden eine Chance zu geben. Dabei liegt der Fokus des Geschehens recht bald ganz klar auf „Erotik“ und weniger auf „Dystopie“, die verschiedenartigen Erotikszenen bestimmen zu Beginn der Erzählung ganz klar den Fortlauf der Story, erst ab etwa der Hälfte des Buches gewinnt die Schilderung der Umgebung und das Handeln der Protagonisten außerhalb des Schlafzimmers an Fahrt.
Gemäß ihren eigenen Vorgaben, sinnliche Erlebnisse in niveauvoller Sprache zu schildern, gibt die Autorin Samantha und Jax reichlich Gelegenheit zum Vergnügen, denn natürlich bleibt es nicht dabei, dass die Sklavin ‚ihren‘ Krieger fürchten müsste. Und tatsächlich gelingt es Inka Loreen Minden, die erotischen Aspekte auf eine Weise darzustellen, die sowohl prickelnd als auch abwechslungsreich daher kommt.
Dem Genre angemessen werden natürlich auch gewisse Klischees bedient: Jax ist nicht nur gutaussehend, sondern auch sehr gut bestückt, und die anfängliche Angst Samanthas vor dem Kriegshelden weicht schnell einer Verliebtheit, dann Liebe. Nach außen hart, innen nach einer gewissen Zeit butterweich erscheint der Warrior schnell als die Art Traummann, die es nur in Büchern gibt, und selbstverständlich bedient er Samanthas gemeine Vorliebe nach etwas rauherer Erotik gekonnt.
Wie schnell sich Jax trotz unschöner Vorgeschichte der Beziehung zu Samantha ergibt, stößt dann doch etwas auf; da wäre etwas mehr Rahmenhandlung und vielleicht zusätzlich ein Einblick in Jax‘ Gefühlswelt sicherlich hilfreich gewesen, um der Liebesbeziehung mehr glaubhafte Substanz zu verleihen. Da die gesamte Erzählung alleine Samathas Blickwinkel beschreibt, werden viele Gelegenheiten verschenkt, zur Erotik auch noch Action und mehr Hintergrundspannung einzubauen, gerade wenn Jax auf eine Ein-Mann-Mission loszieht.
Die Dystopie, welche zunächst recht interessant klingt (die Menschheit kann nur noch in abgeschlossenen Arealen existieren, es gibt eine recht autoritäre Regierung, welche die Massen mit „Brot und Spielen“ abspeist, der Gegensatz zwischen den vermeintlich sicher lebenden Stadtbewohnern und den Outlaws), entpuppt sich schnell als noch etwas fleischlos.
Vor allem im Bezug auf die Rebellen und Outlaws verfällt die Autorin in eine Schwarz-Weiß-Malerei, bei der ich mir mehr Auseinandersetzungen und weniger weichgespülte Freundlichkeit Neuankömmlingen gegenüber gewünscht hätte. Da „Warrior Lover“ aber als Reihe angelegt ist und „Jax“ der erste Teil dieser Reihe ist, hoffe ich einfach, dass die umfassende Welt mit ihrem Grundkonflikt und das vorherrschende Gesellschaftssystem in den kommenden Teilen mehr berücksichtigt werden.
Es gelingt der Autorin, neben den beiden Hauptfiguren Jax und Samantha noch einige Nebencharaktere einzuführen, bei denen man sich im Stillen fragt, wie deren Geschichten wohl weiter gehen mögen – zwei dieser Nebencharaktere werden gleich im zweiten Band der Reihe verewigt und machen so neugierig auf den gesamten Fortlauf.
Was Aufmachung und Gestaltung angeht, muss "Warrior Lover" den Vergleich mit Verlagspublikationen gewiss nicht scheuen, im Hinblick auf die gewählte Sprache und die interessanten Hauptcharaktere ist auch ein Blick in Richtung "Scanguards Vampire" von Tina Folsom erlaubt, die mit ihrem Universum erotischer Stories als Self-Publisherin großen Erfolg hat. Leserinnen, welche Folsoms Bücher wegen ihrer erotischen Schilderungen mögen, werden auch mit Minden keinen Fehlkauf tätigen. Allein das Worldbuilding bleibt im Vergleich zu Folsom noch sehr blass und hat definitiv eine Menge Raum für Steigerungen.
Fazit: Wer einen erotischen, prickelnden Liebesroman lesen möchte, sollte zugreifen – wer eine ausgefeilte Dystopie dazu erwartet, wird nicht zufrieden gestellt. Sechs von zehn möglichen Punkten.