Titel: Jurassic Park Eine Besprechung / Rezension von Rainer Innreiter (hier noch weitere Rezensionen von ihm auf seiner Homepage) |
Okay. Lasst uns über 'Jurassic Park' sprechen. Als Regisseur agierte Steven Spielberg, als Schauspieler ein paar Puppen aus Disney-World und als Werbepartner Apple-Computer. Okay. So weit dies.
Wir erfahren am Anfang des Films folgendes. Erstens : Auch der Film erlebte seine philosophische Revolution. Wurden unsere schwarzen Brüder in den alten Urwald-Schinken zumeist von Krokodilen aufgefuttert, so ist es diesmal ein Saurier, der dies besorgt. Ziemlich progressiv. Zweitens: Das Bild des skrupellosen Verräters aus Habsucht änderte sich. Nicht mehr der distinguierte, gutgekleidete Mann mit Aktenkoffer, sondern der fette, hysterisch kichernde und brillentragende Typ ist gefragt. Drittens: Archäologen sind cool. Vor allem Alan und seine kleine Freundin. Warum? Nun: Von Alan's kleiner Freundin wurde ich gerne mehr über giftige Pflanzen erfahren (damit mein nächstes Salat-Buffet nicht erneut in einem Fiasko endet) und Alan dürfte mir seine großartige Raptorenkrallensammlung zeigen. Alles klar? Dann rasch mal angeschnallt, denn schon geht's auf zur ...
Nein, Moment. Wir lernen auch noch den herzerwärmend ergrauten Mister Hammond kennen, der so aussieht, als sei er in seiner Kindheit mit einem Triceratops zur Schule geritten. Übrigens hält er die Peitsche noch immer in der Hand. Jetzt endlich finden wir uns im Inneren eines Hubschraubers wieder. Mit dabei: Ein Anwalt, wie er nicht besser an seinem Aussehen walten könnte und ein Mathematiker mit Saugnäpfen an den Fingern. Die fünf Freunde fliegen also zu einer abgelegenen Insel, wo aus Mücken Saurier gemacht worden sind. Endlich bekommen wir den ersten Dino zu Gesicht.
Leider wirkt das Riesenvieh wie in die Landschaft gemalt, aber das ist schon in Ordnung. Jedenfalls geschehen von nun an merkwürdige Dinge: Der Archäologe macht sich in die Hose und kniet nieder, um diese Peinlichkeit zu verbergen. Seine blonde Freundin macht gute Miene zum bösen Schauspiel und ähnelt ein bisschen einer Hausfrau aus der Werbung, wenn diese bemerkt, dass ihre Wäsche doch nicht porentief rein ist. Nach dem ersten Schock - bitte fragen Sie nicht, wieso die baumhohe Kreatur frei herumstampfen darf - werden die Besucher zum Gehege der Raptoren chauffiert. Gut.
Dort lernen Sie Muldoon kennen, der Aufseher über den Park ist. Muldoon ist Großwildjäger. Außerdem ist er kurzsichtig. Darum hat er sich um den Job beworben - zehn Meter hohe Saurier sind besser zu treffen als Elefanten. Sollte auch dies nicht mehr klappen, wird er sich wohl als Wissenschafter eines norwegischen oder japanischen Forschungsschiffes (hierbei wird untersucht, wie lange Wale tödlich verletzt ein Schiff hinter sich herziehen können - gewissermaßen eine Suche nach alternativen Energien) verdingen. Blauwale sind sogar noch schwerer zu verfehlen als zehn Meter hohe Saurier (Eine Steigerung dessen kann ich mir nicht vorstellen - vielleicht einen amerikanischen Flugzeugträger, aber mal ehrlich: Mit einer Elefantenbüchse einen Flugzeugträger beschießen ist langweilig und gefährlich). Um den ersten Ekeleffekt zu erzielen, wird ein Ochse an einem Lastenkran aufgeschnürt in das Gehege der Raptoren verschachert.
Raptoren sind etwa menschengroße Biester und mit Piranhas verwandt - sie nagen den Ochsen in weniger als fünf Sekunden bis auf die Knochen ab. Weil sie so gefährlich sind (die Raptoren, nicht die Ochsen) werden sie in einem Alcatraz-ähnlichem Käfig gefangen gehalten. Bemerkenswerterweise gibt es niemanden, der über die Raptoren wacht. Nach dem Diner für die Rechtsanwälte unter den Sauriern gibt es ebensolches für die Parkbesucher. Und also der zweite Ekeleffekt. Raffiniert! Endlich erfährt man auch, wie die Techniker die Saurier vierzig Jahre nach Godzilla wieder zum Leben erweckten Zur Erläuterung läuft ein kleiner Zeichentrickfilm ab, der einen mit solcher Wucht informativ erschlägt, dass man nicht bemerkt, welcher Unsinn einem vorgesetzt wird. Egal.
Dafür sind wir dabei, wie ein Raubdino aus einem Überraschungsei schlüpft und niedlich wie ein Vögelchen piepst. Stark oscarverdächtig: Unser Onkel Alan, der die Bemerkung des schlitzäugigen (man beachte den Symbolgehalt der einzelnen Charaktere!) Ober-Zampano, es würden auch Velociraptoren erschaffen, mit den bedeutungsschwangeren Worten „Hier werden Raptoren gezüchtet!" quittiert Und, um dem ganzen noch die dramatische Tiefe eines Rocky-Films (suchen Sie sich den Teil selber aus) zu verleihen, zieht Onkel Alan eine Fratze, als habe ihm seine kleine Freundin gerade eröffnet, sie habe seine elektrische Zahnbürste versehentlich für ihre eigenen Zähne benutzt.
Tja, und nun folgt die übliche, langweilige Diskussion über die Gefahren der neuen Technologie. Hammond - der bis dahin unablässig grinst und kichert, als würde ihm der Unsichtbare nonstop Witze aus alten Didi-Filmen erzählen - verfällt kurz in eine depressive Phase, weil ihn jeder für den Einsatz der Gentechnologie rügt. Aber das macht nichts, denn kurz darauf findet er zu seinem kindlichen Gemüt zurück, als seine beiden Eng- äh, Enkelchen ihm um den Hals fallen.
Alan hingegen sammelt Minus-Punkte auf meiner Sympathieskala. Er scheint nicht sehr angetan von den beiden Kindern, im Gegenteil. Man verlässt also das Hauptgebäude - das so echt wie das Gesicht von Michael Jackson wirkt - um die anderen Dinos per computergesteuerten Autos besichtigen zu können. Hammond bleibt zurück, die übrigen teilen sich in 2 Gruppen. Die Kinder in einem Wagen mit dem Anwalt; Archäologe, Blondchen und Großauge in dem anderen Wagen. Los geht's. Nichts geschieht, kein Dino lässt sich blicken. Wiederum ein raffinierter Winkelzug Spielbergs. Er wiegt den Zuschauer in Sicherheit, der nun denkt: Vielleicht sind die Viecher rüber zum Festland geschwommen, um ein bisschen auf die Pauke zu hauen, was man ihnen nicht vergällen kann - nach 100 Millionen Jahren Pause.
Der Mathematiker macht sich an die kleine Freundin Alan’s ran. Auch für ihn Minuspunkte. Seltsamerweise hat jedes Auto ein Lenkrad, obwohl die Wagen auf Schienen fahren. Wie dem auch sei, endlich kommt es zur ersten hautnahen Begegnung mit einem Triceratops. Wir sind gerührt, denn der Dino liegt am Boden und keucht. Ein Tierwärter kümmert sich um Topsie und grübelt mit Alan’s kleiner Freundin über einer Erklärung.
Anstatt eine naheliegende Erklärung gelten zu lassen - der Dino hat einen über den Durst getrunken und nun einen furchtbaren Kater - fachsimpelt man über unschuldige Pflänzchen, die Schuld am Elend des Dinos tragen sollen. Und nun Ekeleffekt Nummer drei: Blondchen stülpt sich einen Plastikhandschuh über und gräbt sich in die Exkremente des kranken Dinos. Plötzlich zieht eine Gewitterfront auf
Spätestens jetzt wird klar: Nun kommt ´s, und zwar dicke! Also: Blondchen will mit dem Tierwärter aus Pappmache zurück in das Hauptgebäude fahren, die anderen Besucher stapfen brav zu ihren Wägelchen. Doch ausgerechnet vor dem T-Rex-Gehege bleiben die Autos stehen. Grund: Nedry, der fette Verräter, hat einen Teil der Systeme des Parks abgeschaltet, um Dino-Embrionen stehlen zu können. Tja, das tut er und macht die Fliege. Dummerweise ist von dem Ausfall der Systeme auch das gesamte übrige Gelände betroffen. Wie das Leben so spielt, beschließt ausgerechnet in dieser hübschen, verregneten Nacht der T-Rex einen draufzumachen (Bitte fragen Sie nicht, warum der T-Rex nicht schläft, obgleich Reptilien und Saurier tagaktive Lebewesen sind!) und sich einen Burger zu gönnen. Der Rex bricht ebenso aus, wie Angstschweiß auf der Stirn vieler Kinobesucher.
Der Anwalt hingegen bricht in Panik aus und versteckt sich auf einer Toilette (Bitte fragen Sie nicht, wieso man Toiletten in einer Zone erbaute, die kein Tourist zu Fuß betreten dürfte, weshalb die Wagentüren während der Fahrt verschlossen bleiben sollten, was - wie gesehen - bei den Besuchern nicht funktionierte). Der Rex, der in der Dunkelheit erstaunlich viel Durchblick zeigt, hat kein Verständnis für die dringenden Bedürfnisse des Anwalts und beißt ihm den Oberkörper ab, was nicht weiter schlimm ist, da es in Amerika ohnehin ein Überangebot an Anwälten gibt.
Die beiden Gören sind jetzt allein in ihrem Wagen. Das Mädchen macht nun etwas erstaunliches: In einem kleinen Kasten kramt sie und findet eine Taschenlampe. Wozu benötigt sie eine Taschenlampe ? Vermutlich will sie den T-Rex blenden, denn sie macht diese an und richtet den Strahl direkt auf das Ungetüm. Anscheinend sind T-Rex nicht sehr lichtempfindlich und so schlägt der geniale Einfall des Mädchens fehl. Leider ist sie ein wenig durcheinander, denn es gelingt ihr nicht, die Taschenlampe wieder abzustellen, als der Rex kommt, um sich die Lasershow mal näher anzuschauen. Aber das kann schon mal passieren.
Big Rex veranstaltet daraufhin eine kleine Schlammschlacht und kippt den Wagen mit den beiden Hammond-Enkeln um. Und jetzt überschlagen sich die Ereignisse. Onkel Alan entdeckt sein Herz für Kinder, die im Schlamm versinken, und rettet beiden schließlich das Leben.
Dummerweise ist Malcolm, der Mathematiker, nicht ganz so schlau wie Alan, und wird vom Rex wie von einem Stier auf die Hörner genommen. Der Rex ist ein wenig sauer und stößt den Wagen, in welchem sich noch der kleine Junge befindet, über eine Böschung. Seltsamerweise hat man wenige Minuten zuvor an gleicher Stelle lediglich eine Ebene gesehen, aber das macht nichts. Kann schon mal passieren.
Der Junge überlebt natürlich und macht sich mit Onkel Alan und seiner Schwester auf, ins Besucherzentrum zurückzukehren. Zwischendurch stirbt Nedry: Eine Art Fledermaus bespuckt ihn mit Kaugummi. Ach so, ja - jene Embrionen, die Nedry dabei hatte, gehen verloren, was auf eine Fortsetzung des Filmes schließen lässt. Blondchen und der kurzsichtige Großwildjäger begeben sich auf die Suche nach Alan und den Kindern (Bitte fragen Sie nicht, warum es in dem Park keine Wächter und Pfleger gibt!). Unterwegs stellt Alan fest, dass Geschlechtsumwandlungen bereits vor 100 Millionen Jahren gang und gebe waren. Eigentlich waren alle Dinos im Park weiblich, nun sind anscheinend ein paar davon männlich. Und so kommt es, wie es kommen musste. Für Nachwuchs (vielleicht für Teil 3?) ist also gesorgt. Die Ereignisse überschlagen sich. Wir lernen, dass auch Saurier Schnupfen abkriegen können. Wenn sie husten, tun sie das stets in das Gesicht kleiner Mädchen.
Aber das ist okay, hierbei kann man den Dinos keine Vorwürfe machen. Stellen Sie sich ein Taschentuch für eines dieser Viecher vor. Außerdem: Wo sollten sie ein Taschentuch einstecken? Na bitte. Extrapunkte für den kleinen Jungen, der einen Stromschlag von 10.000 Volt überlebt, als er einen Gehegezaun überklettert (Bitte fragen Sie nicht, wieso dann die Saurier von besagten 10.000 Volt aufgehalten wurden!).
Die kleine Freundin des Archäologen verhält sich unterdessen so tapfer, dass ihr Muldoon anerkennend auf die Schulter klopft - allerdings nur mit dem Arm. Der Rest des Körpers ist weg. Muldoon hat zuvor bei einem Zweikampf mit einem Raptor blass gewirkt - kein Wunder: So ein Raptor ist viel kleiner als ein T-Rex, sogar kleiner als ein Elefant.
Ach ja: Blondchen und Muldoon haben Malcolm aufgegriffen. Lebend, mit ein paar Rippenbrüchen oder so. Immerhin hat Malcolm keine einzige Narbe davongetragen. Nicht schlecht, Junge. Ein schwarzer Programmierer beißt nebenher auch ins Gras. Damit können wir uns voll auf die Hauptfiguren konzentrieren. Bonuspunkte für die beiden Kids, die sich eine tolle Verfolgungsjagd mit zwei Raptoren liefern. Zwar hat Mutter Natur den Raptoren das Geheimnis des Öffnens verschlossener Türen in die Wiege bzw. ins Ei gelegt, aber dabei vergessen zu erwähnen, wie man sich Beute schnappt.
Okay. Die Kids überleben. Die anderen auch. Man versammelt sich in der Zentrale. Das Mädchen erweist sich als Hacker und rettet so allen das Leben. Toll. Nebenher ziehen die Raptoren erneut ihre „Sesam-öffne-dich"-Nummer ab. Trotzdem werden alle gerettet. Sämtliche Bonus- und Extrapunkte muss ich leider für die Schlussnummer löschen.
Ich sage nur „Deus ex machina". Für die Doofen unter euch: Der Held wird durch die Hilfe der Götter errettet. Schlussnummer unter einer Art Kuppel. Drei Raptoren kreisen unsere Helden ein. Alles aus. Alles? Nein, denn einer der Raptoren, der sich als unfähig erwiesen hatte, einen kleinen Jungen zu schnappen, springt auf Alan zu. Was nun? Wacht Alan auf und es-war-nur-ein-Traum? Nein, aber so ähnlich. Unter dem Sprung fängt der T-Rex den Raptor ab und zerkaut ihn wie ein Bonbon (Bitte fragen Sie nicht, wie der Rex in das Gebäude kam!). Die beiden anderen Raptoren können das nicht auf sich sitzen lassen und greifen Big Rex an. Um die an dem Kampf Unbeteiligten kümmert sich kein Schw- Saurier. Punkteabzüge für eine weitere Unlogik: Einer der Raptoren hat sich in die rechte Flanke des Rex verbissen. Schnitt auf die davoneilenden Menschen, Schnitt auf den Rex - plötzlich hängt der Raptor an der linken Seite. Oder war ´s umgekehrt? Egal. Wie dem auch sei: Der Rex gewinnt also und verzichtet auf die Hauptdarsteller als Nachspeise. Damit wären also alle gerettet.
Zusammenfassend: Unbedingt eine Oscar-Nominierung für Alan den Märchenonkel aufgrund seiner hervorragenden Mimik. Auch gut der kleine Junge, der wie Pumuckl aussieht, nachdem er in die Steckdose mit 10.000 Volt langte. Für den besten Ton einen So(u)nderpreis an da kleine Mädchen, das bei jeder Gelegenheit den Sauriern die Ohren vollbrüllt. Sympathiepunkte für den Rex, der die Hauptdarsteller rettete. Den Pinocchio-Ehrenpreis für hölzernes Schauspiel an Blondchen, die kleine Freundin des Archäologen. Die „Goldene Fliege" an Malcolm, den Mathematiker, der einen exzellenten Flug durch eine zerstörte Toilette vollführte. Den „schleichenden Werbefritzen" für besonders ekelhaft aufdringliches Product Placement an Apple. Alles in allem: Ein vergnügliches Filmchen für uns alle. Anwälte und Raptoren ausgenommen. Aber wen kümmert das schon?
Anmerkung: Den Film kennt ja wohl ohnedies jeder. Und eingedenk aller logischen Fehler, die er enthält, zählt er nach wie vor zu meinen Lieblingsfilmen. Deshalb erspare ich mir eine "ernsthafte" Kritik.