Titel: Lara Croft: Tomb Raider Eine Besprechung / Rezension von Rainer Innreiter |
Videospielverfilmungen sind selten erfolgreich, wie die Macher von Super Mario Bros, Wing Commander, Street Fighter usw. mit Tränen in den Augen bestätigen könnten. Mit Tomb Raider gingen die Produzenten auf Nummer Sicher: Eines der meistverkauftesten Computerspiele aller Zeiten, eine weibliche Heroine, Gratis-Werbung in allen Medien und dadurch ein gewaltiger Hype ... Da konnte einfach nichts schief gehen!
Und richtig: Tomb Raider ist die erfolgreichste Computerspiel-Verfilmung aller Zeiten (es sei denn, Planet der Pac-Men wird doch noch verfilmt, dessen Drehbuch ich ab einem Gebot von 1 Mio. $ zu verkaufen gedenke). Und genau so - nämlich wie ein Computerspiel - kommt auch der Film daher: Zahlreiche Einstellungen filmen das Geschehen aus Laras (Angelina Jolie) Perspektive; viele Sequenzen sind eindeutig comicartig; die Schauplätze wechseln schneller, als man eine neue CD einlegen könnte (Bitte legen Sie CD2 ein und drücken Sie Enter).
Oscar-Preisträgerin Angelina Jolie (sie erhielt den Oscar übrigens nicht für Tomb Raider ) hatte sichtlich ihren Spaß an der Rolle und daran, mit Daddy Jon Voight, der im Film ihren verstorbenen Vater gibt, endlich mal einen gemeinsamen Film zu drehen. Das ist schön für die beiden und spricht für deren Familiensinn, aber Tomb Raider ist einfach ein mieser Abzocker-Film, ein Selbstläufer, bei dem die Dollars quasi den Produzenten nachgeschleudert werden. Leider nicht aus Wut ob der Qualität des Streifens.
Ach so, ja, Story hat der Film auch. Glaube ich zumindest. Kratzen wir also die spärlichen Story-Reste zusammen: Lady Lara Croft soll die Welt vor den wahnsinnigen Weltbeherrschungsplänen der Illuminati retten. Diese wollen nämlich mithilfe eines antiken Artefakts - welches dereinst natürlich in Atlantis sich befand! - zu den Beherrschern der Zeit werden.
Das kann und will Lara nicht zulassen und liefert sich einen Wettlauf gegen die Zeit (denn das Artefakt kann nur zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt seine Kräfte entfesseln), Plotlöcher, durch die man eine Elefantenherde durchschleusen könnte (nur ein stupendes Beispiel: Die Bösewichter arbeiten lange und verbissen daran, den verschütteten Eingang zu einem Tempel freizulegen, während Lara einen Seiteneingang nimmt, den sie gaaanz zufällig entdeckt...) und den schmierigen Illuminati Powell (Iain Glen). Zwischendurch gibt es ein Wiedersehen mit ihrem toten Vater und die klassischen Joystick-Stunts.
Versteht mich nicht falsch, ich bin der Letzte, der anspruchsvolle Blockbuster verlangt oder sich an unsinnigen Plots stößt. Aber ein wenig Intelligenz tut einem Film meist doch ganz gut und soll bei manchen Zuschauern sogar Wohlbefinden auslösen. Was bei Tomb Raider natürlich unwichtig ist, weil sich vermutlich zum größten Teil pickelige männliche Teenager unter dem zahlenden Publikum befanden, die nach wenigen Filmminuten unsichtbare Joysticks betätigten, um Lara aus der Gefahr zu erretten und zu Hause im Internet nachstöberten, wo man sich Filmplakate bestellen könnte.
Ist das zynisch? Okay, ich versuche es mal so: Ich bin Fan actionlastiger Hollywood-Stangenware, die von schöngeistigen Kritikern verrissen und vom Publikum geliebt wird. Neben Stanley Kubrick zählt James Cameron zu meinen Lieblingsregisseuren, ein Mann, der Terminator, True Lies und Aliens ersann und produzierte. Ich bin noch nie empört im Kino mit den Worten "Merkt ihr denn nicht, was das für ein Schwachsinn ist?" aufgesprungen und ich akzeptierte einen mit grauenhaftem Akzent radebrechenden steirischen Terminator sowie Dinosaurier, die Türen öffnen können. Nur waren hierbei die Filme spannend anzuschauen und man stellte die Absurdität der Geschichte meist erst nach dem Abspann fest.
Tomb Raider jedoch ist eindeutig ein Film für jene, die noch zu jung für harte Actionkost sind und von Apokalypse Now völlig überfordert wären. Meist erinnern die Stunts an Computerspiele oder sind ohnedies pure Comic-Action, etwa, wenn Lara auf einem Motorrad sitzt und mit dem Vorderrad fährt, während sie mit dem Hinterrad einen Schurken niederschlägt. Oder wenn die "Guten" aus wenigen Metern Entfernung von Maschinensalven empfangen werden und kein einziges Mal getroffen werden. Oder wenn Lara akrobatische Einlagen liefert, die etwas unwahrscheinlich anmuten. Nun gut.
Aber nicht mal die Spezialeffekte sind restlos gelungen, was gerade bei einer Computerspiel-Verfilmung paradox anmutet. So muss Lara gegen zu Leben erwachte Steinwächter ankämpfen, die teilweise grottenschlecht animiert sind.
Alles in allem ein wirklich mieses Machwerk, das aufgrund des großen Erfolges Fortsetzungen nach sich ziehen wird - damit unsere pubertierenden Tomb Raider -Fans glücklich vor dem Schlafengehen aufreizende Angelina Jolie ist Lara Croft- Poster bewundern und davon träumen können, mal per Joystick das Geheimnis von Laras Anatomie erkunden zu dürfen.