Titel: Licht und Dunkelheit
Eine Besprechung / Rezension von Melanie |
Auf den ersten Blick erkennt man auf dem Cover einen von Mondlicht beschienen See. Ein Bild, über das sich zwei Schleier – einer in blau, einer in orange – ziehen. Schaut man genauer hin, kann man in der linken unteren Ecke des Covers eine Bogenschützin erkennen, die mit gespanntem Bogen am Ufer eines Flusses kniet. Ein stimmungsvolles Cover, das es tatsächlich schafft, ein wenig von der Atmosphäre des Buches einzufangen – und Bezug zur Geschichte hat.
Die Braut des Herrschers von Forran zu sein bedeutet mittlerweile den sicheren Tod – viele Frauen starben, nachdem sie ihm nicht innerhalb eines Jahres die Fruchtbarkeit ihres Bundes beweisen konnten. Nun steht Lady Smira vor dem Bund mit dem Herrscher. Alle Hoffnung ruht jedoch auf ihrer Cousine Levarda, deren Wissen Lady Smiras Erfolg sicherstellen und damit beide vor dem Tod durch den Henker retten soll.
Die Welt, in der Levarda und Lady Smira leben, ist eine mittelalterliche – mit Burgen, Rittern, Lords und Ladys. Kerstin Rachfahl hat ihr allerdings auch eine gute Portion Magie mitgegeben – auch wenn diese anfangs nur im Hintergrund mitschwingt. Die Rolle der Frau ist ebenfalls ziemlich mittelalterlich – wenn man von Mintra, dem Land, aus dem Levarda stammt, absieht. In Mintra ist die Rollenverteilung umgekehrt, was Levarda schon das Leben auf der Burg ihrer Tante, der Mutter von Lady Smira, recht schwer macht, prallen für sie doch zwei Welten aufeinander. Im Gegensatz zu den Menschen, die sie umgeben, hat sie ihre Rolle jedoch freiwillig gewählt. Ihr Ziel ist es, etwas zu verändern – und wenn es “nur” der fast schon feststehende Tod der hohen Gemahlin des Herrschers von Forran ist.
Auf ihre Weise verändert Levarda jedoch weit mehr. Schon durch ihre Art bringt sie ihre Umgebung in Aufruhr – egal ob es nun Empörung oder Bewunderung ist, die sie hervorruft. Bei mir als Leser eher letzteres, ist Levarda doch eine Heldin, wie sie im Buch steht: Einfühlsam und hilfsbereit, gleichzeitig jedoch mutig und stark – und vor allem freiheitsliebend. Eine Tatsache, die immer wieder für Verwunderung – meistens aber auch Bewunderung – bei den Menschen in Levardas Umgebung sorgt. Sie ist vielleicht etwas zu perfekt, aber so sympathisch, dass man ihr das gerne verzeiht.
Fast ebenso perfekt, allerdings deutlich härter ist die männliche Hauptperson der Geschichte, Lord Otis. Ein Mann, der das Herz vieler Frauen erobert hat, sich aber keiner öffnet. Ein Mann mit der Aufgabe, seinen Herrscher zu beschützen, eine Aufgabe, die er über alles stellt. Außerdem ein Mann, der es gewohnt ist zu befehlen – abgesehen vom Herrscher selbst gibt es keinen, der ihm etwas zu sagen hat.
Mit ihm und Levarda treffen zwei Welten aufeinander – etwas, das nicht immer schlecht sein muss. So ist ihr erster Zusammenstoß zwar recht unkonventionell, aber lebensrettend für Lord Otis Pferd. Und auch, wenn es immer wieder kracht – und man kann die Ursache beileibe nicht nur bei einer Person suchen – haben die meisten der Zusammenstöße ein gutes Ende. Und so wird aus Verwunderung Akzeptanz – und Levarda schafft, was sie sich vorgenommen hat: Veränderung.
Obwohl die Ursache für Levardas Reise nach Forran ihre Cousine und deren Bund mit dem Herrscher von Forran ist – und ihre Aufgabe, dem Bund zum Erfolg zu führen – ist es die Verbindung zwischen ihr und Lord Otis, die mich in den Bann geschlagen hat. Die Geschichte zweier Menschen aus verschiedenen Welten, die sich langsam näher kommen, verstehen – und letztendlich lieben lernen. Ich habe mich beim Lesen tatsächlich in der Geschichte verloren, an Levardas Seite Forran und Lord Otis kennen und lieben gelernt – und mit Lord Otis so manches Mal um Levarda gebangt.
Der Plot – und selbst die Magie – waren für mich da fast nur Beiwerk. Allerdings ein Beiwerk, das seinesgleichen sucht. Denn auch, wenn sich der Leser auf Lord Otis und Levarda fokussiert, ist die Umgebung und die Welt durch die sie reisen stets präsent. Selbst die Figuren, mit denen sie agieren – und ebenso in den Bann ziehen wie den Leser – wirken lebendig, ihre Motive nachvollziehbar. Lord Otis und Levarda sind zwar der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, der Plot handelt allerdings vom Geschlecht des Herrschers von Forran und damit von Intrigen, Machtkämpfen, Mord und Tod. Und auch, wenn die Liebesgeschichte dominiert ist sie durchgängig mit eben diesem Plot verknüpft.
Ich habe selten eine so gefühlvolle und für den Leser spürbare Liebesgeschichte gelesen – und “Licht und Dunkelheit” ist vor allem das. Die Welt, in der Kerstin Rachfahl ihre Geschichte spielen lässt, der fantastische Hintergrund und die Magie (nicht nur zwischen den Protagonisten) machen sie noch stimmungsvoller, während der Plot für die nötige Spannung sorgt. Damit ist „Licht und Dunkelheit“ eine Geschichte, die nicht nur romantisch veranlagte Leser in ihren Bann ziehen wird.