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Titel: Meltworld Shanghai
Eine Besprechung / Rezension von Melanie |
Schon das Cover des Buches zeigt etwas von der Atmosphäre des Buches. Die Frau auf dem Cover hat asiatische Gesichtszüge und auch ihre Kleidung wirkt asiatisch. Die Schriftzüge im der oberen rechten Ecke des Covers wirken chinesisch und die Gebäude im Hintergrund vermischen alte chinesische Architektur mit modernen Hochhäusern – ich könnte mir gut vorstellen, dass sich diese Art von Gebäude tatsächlich in Shanghai finden lässt.
Tatsächlich ist es nicht nur Hannahs Geschichte, die Matthias Matting in “Meltworld Shanghai” erzählt. Es ist außerdem die Geschichte eines Dämons, den eine wichtiger Auftrag in die Menschenwelt geführt hat und die Geschichte eines recht sonderbaren Hund und dessen ebenso merkwürdige Gefährtin: eine junge Katze. Wie das alles zusammenhängt muss sich der Leser im Rahmen der Geschichte selbst erschließen. Vor dem mit chinesischer Mythologie und Wesensart durchzogenen Hintergrund keine einfache Aufgabe für einen einfachen westlichen Leser. Allerdings eine Aufgabe, die sich lohnt, kann man doch an Hannahs Seite tief in ein China eintauchen, dass nur wenige erleben und bereisen können. Man merkt, dass der Autor einige der Schauplätze tatsächlich gesehen hat und sich mit mehr als nur der äußeren Hülle des Ortes beschäftigt hat. Die chinesische Atmosphäre verdankt das Buch sicherlich nicht nur den Zitaten aus “Fräulein Hallo und der Bauernkaiser”.
Die Figuren aus dessen Sicht die Geschichte erzählt wird sind ziemlich sympathisch. Selbst der Dämon in dieser Geschichte ist nicht das, was man typischerweise darunter versteht. Er ist weder ein Geschöpf der Hölle noch bösartig, auch wenn er für ihn notwendig erscheinende Handlungen (wie die Besetzung eines menschlichen Körpers) ohne Skrupel oder moralische Bedenken durchführt. Pro- und Epilog vermittelten dem Leser ein genaueres Bild des Dämons, allerdings eines, dass nur schwer zu verstehen oder begreifen ist – zumindest bin ich mir nicht sicher ob ich das konnte. Die Bewusstseine in Katze und Hund sind noch schwerer einzuschätzen als der Dämon, dieser hat zumindest einen Auftrag, letztere nicht einmal eine Ahnung woher sie kommen und wie sie die tierische Gestalt erhalten haben. Ihre Taten machen sie jedoch schnell sympathisch und ihre Ausflüge treiben die Geschichte immer wieder deutlich voran.
Die eigentliche Hauptperson, Hannah, ist die einzige, die man von Anfang an wirklich verstehen kann: Ihren Unmut ob des Umzugs von Deutschland nach China, ihre Liebe zu Büchern, der etwas unbeholfene Umgang mit Fremden oder auch nur neuen Klassenkameraden und ihre Neugierde was ihre Umgebung angeht. Sich mit ihr zu identifizieren fällt leicht und damit wird man mit jeder Seite tiefer in die Geschichte hineingezogen.
Und obwohl schon Atmosphäre, Figuren und die Gedanken, die sie beim Leser hervorrufen reichen würden, um den Leser bis zur letzten Seite ans Buch zu fesseln, gibt es zusätzlich noch einen roten Faden, der sich durch die Geschichte zieht und die Helden in ebenso ungewohnte wie gefährliche Situationen führt – mag sein, dass sie zu surreal sind, um wirklich Einzug in den Vorstellungen des Lesers zu finden, sie sind jedenfalls spannend genug um nicht die kleine Pause im Lesefluss zuzulassen.
Mit dem letzten Kapitel ist die Geschichte zu Ende, ohne dem Leser tatsächlich Antworten auf all seine Fragen zu geben. Für jede der Fragen gibt es eine angedeutete Antwort, finden muss man sie als Leser dennoch selbst. Und auch wenn mir das Buch wirklich gut gefallen hat, bin ich nicht sicher ob ich mit meinen Antworten zufrieden bin – vermutlich werde ich das Buch dafür noch ein paar Mal Lesen müssen.
“Meltworld Shanghai” ist kein klassischer Fantasyroman und wartet auch nicht mit einer schlichten, gradlinigen Geschichte auf. Die Geschichte ist fantastisch, vielfältig, komplex und regt den Leser so zum Denken und Nachdenken an – allerdings ohne dabei im Geringsten langatmig oder langweilig zu werden. Es ist eine Geschichte, die einen verzaubern kann, wenn man sich auf das von Matthias Matting beschriebene Shanghai einlässt und sich nicht auf klassische (westliche) Denkmuster festlegt. Wer das kann sollt es definitiv mal mit dem Buch versuchen.