Serie: The Past Through Tomorrow - Future History Stories
Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Als Heinlein begann Kurzgeschichten zu schreiben, ergab es sich, dass all diese Geschichten einen inneren Zusammenhang hatten und die Geschichten nicht nur dasselbe Universum, sondern auch nicht selten die Protagonisten teilten. Heinleins Verleger John W. Campbell, Jr. prägte dann den Begriff „Future History“, eine Betitelung für ein Werk, das einen deutlichen Widerspruch in sich aufwies, aber es wird klar, was gemeint war. In den folgenden Jahren erschienen weitere Fragmente von Heinleins Zukunftsentwurf und er machte sogar detaillierte Planungen, welche Story noch geschrieben werden sollten. Diese Sammlung enthält nun alle Erzählungen bis ins 23. Jahrhundert hinein und präsentiert diese in einer chronologischen Reihenfolge. Diese sehr umfangreiche Sammlung enthält 19 Kurzgeschichten und die drei Romane „Der Mann, der den Mond verkauft“, „Wenn das so weitergeht“ und „Methusalems Kinder“. Erstaulicherweise ist die Deutsche Ausgabe (sowohl die von Heyne unter dem Titel „Future History“) als auch die von Bastei im Gegensatz zur US-amerikanischen Ausgabe vollständig, denn darin fehlte die Geschichte „Let there be Light“ (warum auch immer). Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass noch zwei weitere Novellen - erschienen unter dem Titel „Orphans in the Sky (dt.: die Lange Reise) sowie die beiden Romane „Die Leben des Lazarus Long“ und „Segel im Sonnenwind“ zu diesem Zyklus gezählt werden.
Der Mann der den Mond verkauft:
Eine wirklich faszinierende Geschichte über einen Visionär, der es mit ein paar Tricks schafft, zum alleinigen Eigentümer des Mondes zu werden, und so die Erde vor einem unabwendbaren Krieg um den Besitz des Mondes bewahrte. Typisch für Heinlein war der Protagonist, ein alter Patriarch, der sich in charmanter Weise über alle Konventionen hinwegsetzt. In der zweiten Hälfte lässt der Roman nach und ist zu lange geraten, aber das melancholische Ende entschädigt ein wenig.
Wenn das so weiter geht:
Dieser Roman beschreibt ein dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte. Ein religöser Diktator - "Der Prophet" genannt - hält das Land seit Jahrzehnten mit seiner brutalen Inquisition unter Kontrolle. Doch der Widerstand holt zum Gegenschlag aus und lässt sich auf ein sehr riskantes Spiel mit einem totalitären Staat ein. Eine stimmungsvolle Geschichte mit gelungenen Protagonisten. Ein Roman, der wirklich kurzweilig war und zu unterhalten verstand.
Methusalems Kinder:
Die letzte Geschichte der Sammlung ist der Roman um die langlebige Howard-Familie, die von den Normalsterblichen verfolgt wird, weil man glaubt, sie hätten den Schlüssel zur Unsterblichkeit entdeckt. Dabei handelte es sich aber nur um eine Form der genetischen Auslese. Lazarus Long und seiner weitläufigen Familie bleibt nur die Flucht ins All, doch der Zielplanet ist bereits besiedelt von einer menschenähnlichen Rasse. Auf Dauer finden die Vertriebenen keine Zuflucht und kehren nach Jahrzehnten zur Erde zurück. Der Roman ist durchschnittlich: Der Beginn war spannend und gut zu lesen, aber in der zweiten Hälfte ließ die Geschichte deutlich nach. Die Begegnung mit den fremden Lebensformen war gewiss keine Sternstunde der SF, sondern typische Massenware der früheren 1940er Jahre. Heinlein hat oft genug bewiesen, dass er mehr kann.
Die Kurzgeschichten:
Die Stories an sich kann man in drei Gruppen aufteilen: Jene, die vor der Erschließung des Mondes spielen, jene, die während der Erschließung des Mondes und der Besiedelung des Sonnensystems handelten und schließlich jene, die von Probleme auf der Erde erzählen bis hin zur interstellaren Raumfahrt. Es erschienen passend dazu drei Sammlungen, die allesamt in dieser Kollektion enthalten sind.
Aus dem ersten Bereich ist neben dem Roman „The Man who sold the Moon“ vor allem die Story „Lebensline“ wichtig, und dies aus einem ganz einfachen Grund: Dies war die allererste Geschichte, die Heinlein veröffentlichte. Die Erzählung eines Mannes, der mit einer Maschine den Todeszeitpunkt bestimmen konnte, ist zwar grundsätzlich Unsinn, aber typisch für Heinlein sind die Konsequenzen durchdacht: Die Lebensversicherungen treiben den Mann letztendlich in den Tod.
In der Sammlung „Die grünen Hügel der Erde“ beschäftigt sich Heinlein hauptsächlich mit dem Mond und dessen Erforschung. Immer wieder stelle ich fest, dass Heinlein immer dann besonders gut erzählte, wenn er von den Menschen in einer zukünftigen Welt schrieb. Ihre täglichen Lebensumstände, ihre Sehnsüchte und Nöte brachten manchmal mehr Spannung in die Geschichte als eine geheimnisvolle Verschwörung oder eine lebensgefährliche Revolution. Als exemplarisches Beispiel will ich die Geschichte „It's Great to be Back“ anführen. Ein Pärchen beschließt, vom Mond zur Erde zurückzuziehen, aber die Schwerkraft stellt sich als das kleinere Übel heraus. Schlimmer ist die Kleingeistigkeit der Menschen auf der Erde. Am Ende beschließen beide, wieder auf den Mond zurückzugehen, weil sie die Verlogenheit und die Ablehnung auf der Erde nicht mehr aushalten.
Die letzten Geschichten schließlich weisen alle einen größeren Umfang auf, wie auch die anderen beiden Roman. Aber auch die Geschichte "Coventry" ist fast schon ein Kurzroman. Sie erzählt von einem Mann, der nach einer Prügelei vor die Wahl gestellt wird, entweder sich psychisch heilen zu lassen oder nach Coventry, einer abgeriegelten Enklave in den USA zu gehen, wo alle Unverbesserlichen hingeschickt werden. Für 1940 war das eine verdammt progressive Geschichte. Zuerst wurden diese Geschichten in der Sammlung „Revolte in 2100“ in Buchform präsentiert.
Insgesamt kann man sagen, dass diese Sammlung einige wirklich gute Geschichten aufweist und es schon faszinierend ist, sich mit Heinleins Weltenentwurf zu beschäftigen. Auch heute liest sich das Ganze noch recht gut, obwohl einige Geschichten schon fast 70 Jahre alt ist.
7 von 10 Punkten