Reihe: Mission Clockwork, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Im Mittelpunkt der Erzählung steht der entstellte Modo. In Frankreich als hässlicher und verwachsener Gnom zu Schau gestellt, ist sein zukünftiges Leben nicht gerade auf der Erfolgsleiter zu finden. Modo wird bereits im Babyalter von einem Jahr vom kaltherzigen, harten und zielgerichtet lebenden Mr. Sokrates, dem mächtigen Geheimdienstchef, bei herumreisenden Zigeunern entdeckt. Modo erweckte das Interesse von Mr. Sokarates, weil er in der Lage ist, sein Gesicht und seinen verkrüppelten Körper mittels Willenskraft so zu verändern, dass er jede beliebige menschliche Gestalt annehmen kann. Im Alter von fünf Jahren - er kann inzwischen lesen und schreiben - darf er zum ersten Mal sein Gesicht im Spiegel sehen und zerbricht fast an seiner eigenen Hässlichkeit. Erst mit dreizehn ist seine Ausbildung vorläufig beendet. Jetzt ist Modo soweit, auf den dunklen Straßen Londons Aufgaben zu übernehmen. Unter all den verwahrlosten Jugendlichen ist er nur einer unter vielen und niemand käme auf die Idee, dass dieses Kind für den britischen Geheimdienst tätig ist. Sein erster Auftrag lautet, die Clockwork Guild aufzuspüren und das Geheimnis einer geheimnisvollen Maschine aufzudecken. Hinter der Maschine steckt Doktor Cornelius Hyde, ein intelligenter, ja fast genialer Wissenschaftler. Doktor Hydes Eingriffe in die menschliche Natur zur Erschaffung einer Mensch-Maschine wirken sehr überzeugend und teils gruselig. In der Hauptsache werden wehrlose Wesen für die Experimente herangezogen, die aus Tieren und Kindern bestehen. Bereits auf den ersten Seiten erfahren wir, dass Hyde mit seinen Hunden in einem Kellerversteck Experimente durchführt, weil er von Gesetz und Gesellschaft verachtet, ja sogar gesucht wird. Aber wir erfahren auch von einer unbekannten Schönheit, der kaltblütigen und ebenso skrupellosen Schwedin Ingrid Hakkandottir und von einer geheimen Gruppe, die ihn gern unterstützt.
Modo ist jedoch nicht allein auf der Straße unterwegs. Ihm zur Seite steht die ehemalige Taschendiebin Octavia. Die beiden Jugendlichen sollen einen Anschlag auf die Regentschaft Königin Viktorias durch die ominöse Clockwork Guild aufdecken und verhindern.
Der kanadische Autor Arthur Slade schuf mit Gefahr für das britische Empire einen rasanten und sehr spannenden Auftakt zu einer vierteiligen Steampunk-Reihe.
Slade scheint eine Vorliebe für klassische Literatur zu haben. Dr. Jekyll von R. L. Stephenson ist vertreten und stellt die klassische Version des verrückten Wissenschaftlers dar. Modo sieht aus wie der Glöckner von Notre Dame des französischen Schriftstellers Viktor Hugo. Mit seiner Eigenschaft sich zu verändern ist Modo zudem der beste Agent, den man sich vorstellen kann. Modo und Octavia ergänzen sich mit ihrem trockenen und schwarzen Humor und stellen mit ihrer unterschiedlichen Vergangenheit auch zwei Gegenpole dar. Octavia lebte jahrelang als Taschendiebin in den Londoner Straßen, bevor sie in die Dienste von Mr. Sokrates eintrat. Der Leser erfährt lediglich in geringen Ansätzen Einzelheiten aus ihrer Vergangenheit. Das lässt Octavia daher noch geheimnisvoller wirken.
Gefahr für das britische Empire ist dem Autor fabelhaft gelungen. Slade verpackt seine phantastische Geschichte in ein wundervolles, historisch glaubhaftes viktorianisches Ambiente. Die in die Erzählung eingearbeiteten Hintergründe der Welt, wie die der Figuren, steigern die Glaubwürdigkeit. Gleichzeitig können auf diese Weise die Handlungsträger für den Leser noch lebendiger wirken. So ist man schnell bereit, die Wirklichkeit außerhalb des Romans in Vergessenheit sinken zu lassen und selbst in das Buch und die fesselnde Handlung einzutauchen. Man folgt Arthur Slades außergewöhnlichen Figuren in die dunklen Straßen Londons.
Ich kann das Buch jedem empfehlen zu einem Ausflug in eine aberwitzige Steampunk-Welt.