Titel: Star Wars Episode II: Angriff der Klonkrieger Eine Besprechung / Rezension von Andreas C. Lazar |
Obi-Wan Kenobi geht einem Attentat auf Senator Amidala auf den Grund, während Anakin Skywalker die Politikerin hautnah beschützt.
Wenn endlich alles Popcorn gekauft und alles Blubberlutsch angebrochen ist, endlich alle watschelnden Starfleet-Offiziere, pummeligen Jedi und schwitzenden Sturmtruppler Platz genommen haben, endlich das Licht und alle Privatgespräche verloschen und die in diesem Moment schönsten zwei Worte der Welt im Auge so brennend aufgeflammt sind wie die berühmteste aller Filmfanfaren im Ohr, weiß man endlich wieder ganz körperlich, warum man die Skywalker-Saga trotz allen Geunkes so sehr verehrt: Es rinnt ein Schauer über den Rücken, das fahle Haar auf den arthritischen Kritikerarmen stellt sich auf, die vom Grauen Star gezeichneten Pupillen weiten sich, und unversehens ist alle fest vorgenommene Objektivität unwiederbringlich dahin. Wie soll man in diesem Zustand noch rezensieren? Einen Versuch bleibt es wert ...
Star Wars: Episode II - Attack of the Clones also hebt an, und Padmé Amidala, Senator der friedliebenden Urlaubswelt Naboo, trifft in der nebelumwölkten Kapitale Coruscant ein, einer planetengroßen Stadt. Zeigen sich dem Zuschauer nicht schon hier die einmalige Schönheit, Kreativität und Detailverliebtheit der grandiosen Computerkulissen, die buchstäblich im Innersten spürbaren, mehr als gelungenen Soundeffekte und der Nuancenreichtum des Filmmusik-Meisterwerkes des eigentlich schon verloren gegebenen John Williams, dann spätestens in der nächsten oder allen folgenden Szenen: Bis auf eine oder zwei unrühmliche Ausnahmen, die zeigen, dass bis zur wirklich überzeugend realistischen Animation von Menschen noch viel Arbeit zu tun ist, sind die Effekte aus George Lucas' Renommierwerkstatt ILM jederzeit atemberaubend, fesselnd und überwältigend.
Padmé also, gespielt von der kleinen Natalie Portman, kommt auf Coruscant an und entgeht nur knapp einem Attentat. Als Anführerin der Senatsopposition gegen die Aufstellung einer Armee zum Schutze der galaktischen Republik vor säbelrasselnden Sezessionisten schwebt sie in großer Gefahr, weswegen ihr väterlicher Freund, Ex-Senator ihres Heimatplaneten und jetziger Oberster Kanzler Palpatine empfiehlt, sie unter den Schutz des Jedi-Ordens zu stellen. Die anwesenden höchstrangigen Jedi, darunter der grüne, weise Gnom Yoda und der mächtige Mace Windu, stimmen zu und beauftragen Obi-Wan Kenobi und seinen Schüler Anakin Skywalker mit der Bewachung des Senators.
Was sich so spannend liest wie ein Parlamentsprotokoll, wird im Film dank der beteiligten Schauspieler und Stimmenkünstler und der eingeflochtenen Hintergrunddetails für Hardcore-Fans (die Roten Garden! Palpatines Stuhl!) zu einem höchst erfreulichen Ereignis: Frank Ozs Stimme verbindet sich mit den Bildern des digitalen Yoda zu einer so sympathischen wie warmherzigen Darbietung, während Samuel L. Jackson für coole Akzente sorgt. Übertroffen werden beide und mit ihnen alle anderen Schauspieler des Films jedoch von Ian McDiarmids knochentrockener, hochpräziser und bewundernswert zynischer Darstellung des stark gealterten Meisterintriganten Palpatine. Wenn der verschlagene Politiker tiefe Sorge um den jungen Senator äußert, seine Augen aber kalt bleiben und sein rechter Mundwinkel grimmig zuckt, juchzt der Star-Wars-Eingeweihte verzückt, während der Novize sich immerhin noch über die Schauspielkunst des Schotten freuen kann.
Doch auch die 'wahren' Protagonisten dieses Dramas bieten keinen Anlaß zur Klage: In der nächsten Einstellung sehen wir Obi-Wan (Ewan McGregor) und Anakin (Hayden Christensen) in einem Lift zu den Gemächern der engelschönen Senatorin auffahren, und in ihren freundschaftlichen Neckereien offenbart sich nicht nur die Spielfreude der beiden, sondern auch McGregors abgeklärt-ruhige und Christensens packend-feurige Ausstrahlung. Wie der junge Kanadier die Sensibilität und Hitzköpfigkeit, das innere Feuer und die tiefe Furcht, die Sehnsucht nach Liebe und den rebellischen Geist seiner großen tragischen Figur scheinbar mühelos verkörpert, ist durchaus erstaunlich zu nennen und lässt die einzige schauspielerisch unerwartet negative Überraschung noch schlechter dastehen, als sie von sich aus tut: Natalie Portman ist diesmal zwar nicht unter Tonnen von Schminke und Haar begraben und weiß in wahlweise rückenfreier, transparenter oder hautenger Garderobe durchaus zu gefallen, vermag aber nicht, den optischen Reizen darstellerische hinzuzufügen. Sei es, dass Science Fiction traurigerweise weiter eine Männerphantasie und -spielerei geblieben ist, sei es, dass der (für sie allerdings nur sporadische) Dreh vor einer blauen Wand im Studio, in der Wüste Tunesiens oder am Comer See ihr nicht entgegenkam, oder sei es, dass sie mit den Gedanken woanders war: Ihrer von Kind auf im goldenen Käfig lebenden Figur nimmt man die Liebe zum frechen und abenteuerlustigen Jedi-Schüler Anakin jederzeit ab, ihrer Darstellung dieser Figur jedoch nicht. Da helfen auch die blühendsten Areolae nicht.
Der junge Skywalker nun, zur selbständigen Eskorte des Senators zurück aufs sichere Naboo abkommandiert, verliebt sich natürlich in Padmé, die er zehn Jahre lang nicht gesehen und im wahrsten Sinne des Wortes zu seiner Traumfrau verklärt hatte. Eine gesunde Beziehung kann auf so einer Grundlage ebenso natürlich nicht entstehen, was das filigran-subtile Drehbuch nicht zuletzt durch die furchtbar ungelenken Annäherungsversuche der beiden eindrücklich klarmacht: Da leitet Anakin anmutig wie ein Yak vom rauhen Sand zum sanften Senator über und wird zum Dank nicht geohrfeigt, sondern geküsst; da posaunt der talentierte, aber nicht unbedingt allzu helle Jedi-Anwärter seine Vorliebe für 'weise' Diktatoren heraus und wird zum Dank nicht gerügt, sondern darf mit der Politikerin durchs grüne Gras rollen; schließlich beeindruckt Skywalker Amidala sogar durch durchsichtige Taschenspielertricks und lässt Birnen so durch die Luft fliegen, wie er Jahrzehnte später Stahlträger auf seinen eigenen Sohn sausen lassen wird. Das Vorwissen der düsteren Zukunft gibt diesen von David Tattersall atmosphärisch fotografierten und von John Williams musikalisch berückend unterlegten Szenen reiche tragische Noten, was die internationale Kritik jedoch nicht davon abhielt, auf der "seifigen" Liebesgeschichte herumzutrampeln. Sicher wären jene Rezensenten nach zehn Jahren mönchischer Ausbildung oder politischer Grabenkämpfe vollendete Casanovas und Pompadours.
Währenddessen geht Obi-Wan, nachdem Anakin und er in einer rasanten und amüsanten Verfolgungsjagd auf Coruscant dem Attentäter auf die Spur kommen konnten, den erhaltenen Hinweisen nach, was zu einigen rührenden, ästhetischen, humorvollen und immer ausnehmend gut gespielten und inszenierten Szenen führt, wie etwa Obi-Wans unbedarfter Planetensuche mit Hilfe Yodas und einiger Jedi-Kinder, seinem Besuch in einem heimeligen Schnellimbiss, seiner Ankunft auf der Wasserwelt Kamino oder seinem Gespräch mit dem rauhbeinigen Kopfgeldjäger Jango Fett. Wie liebevoll Fett seinen Klonsohn Boba erzieht und wie augenzwinkernd diese freundschaftliche Vater-Sohn-Beziehung gezeigt wird, gehört ebenso zu den Highlights von Lucas' neuestem Werk wie die gleich auf die Kamino-Szenen folgende, wuchtige Raumschlacht in den Ringen des Wüstenplaneten Geonosis, welche Obi-Wan nur mit Mühe überlebt, nur um danach von Christopher Lees Helfern festgenommen zu werden.
Die Alterskarriere dieses im Doppelsinn großen Schauspielers nimmt immer erfreulichere Wendungen: Nach seiner umwerfenden Definition eines bösen Zauberers in Peter Jacksons bildgewaltigem The Lord of the Rings: The Fellowship of the Ring gibt Christopher Lee hier den sinistren, eloquenten, eleganten, stimm- und kampfstarken Grafen Dooku, dem es nicht nur gelingt, Obi-Wan festzusetzen und in ihm den fatalen Keim des Mißtrauens zu säen, sondern auch, den mittlerweile - nach einem düsteren, opulenten, exzellent gespielten und tieftraurigen Abstecher auf Tatooine, von dem hier aber nicht weiter die Rede sein kann, um die Überraschung für kommende Zuschauer nicht zu verderben - ebenfalls eingetroffenen Anakin und seine Padmé zu überwältigen und in einer Arena menschenfressenden Ungeheuern vorzuwerfen. Wie unsere Helden dieser Gefahr entkommen, wer ihnen dabei energisch zu Hilfe eilt und eine gigantische, augen- und ohrenbetäubende Schlacht entfesselt, und wer schließlich in einem unnachahmlichen Showdown unter dem Jubel der Zuschauer den Sieg des Bösen zumindest verzögert, kann leider ebensowenig verraten werden, wird aber mindestens so sehr für offene Münder sorgen wie die letzten, stärksten Bilder des Films, die den Krieg und die Liebe in kraftvollen und bewegenden Bildern und Tönen ineinander überblenden, als düstere Vorboten der bitteren, roten Schlachten auf allen Feldern. Die Tragödie der faszinierenden Figur Anakin Skywalkers, von Lucas in einem genialen Kunstgriff vom vollkommenen Unschuldszustand der Kindheit ausgehend aufgerollt, hat gerade erst begonnen - wird die dritte Episode so gut wie der auf allen Ebenen fulminante Star Wars: Episode II - Attack of the Clones, muss zumindest dem Zuschauer nicht um die Zukunft bange sein.
4 von 5 Sternen