Titel: Unholy Women
|
Frauen spielen in japanischen Horrorfilmen eine zentrale Rolle, orientieren sich diese Filme doch am traditionellen Geisterglauben, der geprägt ist von weiblichen Gespenstern, welche die Männerwelt heimsuchen. So kann man die Behauptung aufstellen, dass dies wohl der Grund für den Episodenfilm „Unholy Women“ gewesen ist, der das Thema Frau im japanischen Horrorfilm konsequent und vielseitig unter die Lupe nimmt. Das Ergebnis sind drei Kurzfilme, in welchen unheimliche Frauen im wahrsten Sinne des Wortes ihr Unwesen treiben und dabei das gesamte Spektrum des modernen J-Horrors abdecken.
In dem ersten Film „Das Klappern“ geht es um die junge Büroangestellte Kaniko, die in wenigen Tagen heiraten möchte. Ihr zukünftiger Ehemann Akira jedoch ist plötzlich in Sorge. Er ist geschieden und erhält immer wieder sonderbare Anrufe seiner Exfrau. Kaniko denkt sich zunächst nichts dabei, bis sie Akiras früherer Ehefrau selbst begegnet. Wie sich jeder denken kann, ist dieses Treffen nicht gerade von einer positiven Stimmung gesegnet. Die Story setzt jedoch noch eins oben drauf. Es sei nur so viel verraten: aus der anfänglichen Situation ergibt sich eine überaus schaurig-wahnwitzige Verfolgungsjagd. Wenn man zu sehr ins Detail geht, verrät man zuviel von der Story. Es sei daher nur gesagt, dass „Das Klappern“ recht verstörend wirkt, den Zuschauer gefässelt hält und mehrere wunderbare Schreckmomente bereithält. Die Handlung wird von Anfang an rasant vorangetrieben. Doch dabei bleibt es nicht. Eine wunderbare Gruselästhetik und eine hervorragende Optik runden das Ganze ab. Hinzu kommt, dass der Film fast sämtliche Subgenres abdeckt und dadurch gleichzeitig wie eine rasante Fahrt durch das gesamte japanische Horrorgenre wirkt.
„Stahl“ lautet der Titel des zweiten Films. Er handelt von dem allein lebenden Automechaniker Sekiguchi. Sein Chef möchte ihn unbedingt mit seiner Schwester Hagane verkuppeln. Als Sekiguchi schließlich zusagt, sieht er sich einer Frau mit schönen Beinen gegenüber. Ungewöhnlich aber ist, dass Kopf und Oberkörper von einem Kartoffelsack bedeckt sind. Hagane ist sofort Feuer und Flamme. Sekiguchi hat allerdings so seine Probleme. Das Treffen zwischen den beiden nimmt folglich immer groteskere Züge an. Im Gegensatz zu „Das Klappern“ ist „Stahl“ ein eher ruhiger Film, der in grauen Farbtönen eine bizarre Liebesgeschichte erzählt. Die Frage, die sich der Zuschauer unweigerlich stellt, lautet: wer ist Hagane und wieso trägt sie ständig diesen verflixten Sack über dem Kopf? Damit nimmt man unweigerlich die Perspektive Sekiguchis ein, der sich genau dieselben Fragen stellt. „Stahl“ beschäftigt sich mit den grotesken Aspekten des japanischen Horrorkinos. Man kann ihn getrost zwischen Takeshi Miikes und Sion Sonos Provokationskino stellen. Eine Mischung aus Sadomasochismus und Monsterfilm.
Die letzte Episode heißt „Das Erbe“. Diese handelt von dem Jungen Michio, der zusammen mit seiner geschiedenen Mutter Saeko aufs Land zieht, um dort in dem Haus der Großmutter zu leben. Die Großmutter gilt als geisteskrank. Niemand glaubt ihr, dass Saekos Bruder vor Jahren von einem Dämon entführt wurde. Michio, der durch die Erzählungen seiner Mutter und ihres ehemaligen Schulfreundes von dem Geheimnis erfährt, macht sich daran, dieses zu lösen. Seine Mutter beginnt sich währenddessen auf sonderbare Weise zu verändern. Wer die ersten beiden Filme gesehen hat, wird bei dem letzten etwas Durchhaltevermögen brauchen. „Das Erbe“ ist ein sehr ruhiger, aber durchweg poetischer Film. Die Geistergeschichte, die aus der Sicht Michios geschildert wird, ist ganz und gar klassisch. Sie kommt ohne Schockmomente aus. Es geht vor allem um die gegensätzlichen Perspektiven von Kindern und Erwachsenen und um das Irrationale, das sich heimtückisch in das angeblich lückenlos rationale Weltbild moderner Menschen einschleicht. Es ist ein recht schöner Film, der zwar nicht gerade gruselt, aber aufgrund seiner poetischen Erzählweise durchaus interessant ist.
Wie bereits erwähnt, liefert „Unholy Women“ mit seinen drei Episoden einen kompletten Querschnitt durch das japanische Horrorgenre. Von Grotesk bis Einfühlsam reicht das Spektrum der einzelnen Geschichten. Man folgt gerne den unheimlichen und seltsamen Extremsituationen, in denen sich die Protagonisten auf einmal befinden. Insgesamt bieten die Episoden hochgradiges Horrorkino aus Japan uns sind daher durchaus empfehlenswert.