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Titel: Valerian – Die Stadt der tausend Planeten
Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Seit nunmehr 50 Jahren sind Valerian und Veronique, wie die Serie in Deutschland heisst, in Raum und Zeit unterwegs. Seit einem halben Jahrhundert beweist die französische Comicserie VALÉRIAN ET LAURELINE, wie sie im Original heisst, dass eine bunte Bilderwelt gleichzeitig eine Zukunftsvision sein kann oder einfach nur ein Märchen. Denn wie heisst es bei RAUMPATROUILLE ORION: „Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen Wirklichkeit sein. Hier ist ein Märchen von übermorgen.“ Raumpatrouille – Die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion ist die erste und bekannteste deutsche Science Fiction Fernsehserie. Am 17. September 1966 startete das Raumschiff um sich zu einer Kultserie zu entwickeln. (Zur Erinnerung: RAUMSCHIFF ENTERPRISE startete in Amerika am 10. September 1966 und im britischen Fernsehen lief DR. WHO). Jeweils 14-tägig, immer Samstags wurde die Reihe in sieben Teilen ausgestrahlt. Das Märchen Zukunft war damals sehr beliebt, ein richtiger Strassenfeger.
Im Jahr 1967, genauer am 9. November erschien VALERIAN UND VERONIQUE, mit den besten Aussichten, das Märchen von damals lebendig werden zu lassen. In der Ausgabe 420 des Comicmagazins PILOTE erschien die erste Folge LA CITÉ DES EAUX MOUVANTES zu deutsch DIE STADT DER TOSENDEN WASSER. Es war das Jahr, in dem sich Zeichner Jean-Claude Mézières und Autor Pierre Christinzusammen setzten und die Welt von Übermorgen erdachten und zu einer derlangläufigsten französischen Comicserien veröffentlichten. Als im Jahr 2010 der eigentliche Abschlussband erschien, überraschten uns Jean-Claude Mézières undAutor Pierre Christin 2014 mit einem neuen Band mit Kurzgeschichten. Mit Valérian et Laureline wurden abenteuerliche Geschichten geschaffen über Raum-Zeit-Agenten, eine vereinte Erde unter nur einer Regierung, einer zukünftigen Hauptstadt namens Galaxity, fremden Wesen von allen Orten des Weltalls. Zu den beiden Männer gesellte sich Jean-Claude Mézières‘ Schwester Évelyne Tranlé als Koloristin. An einer Stelle im Internet hiess es einmal sinngemäss: "Wir zwei sind alte Freunde seit Kindheitstagen, wir kannten beide den Geschmack des Anderen und wollten etwas schreiben, was niemand anderes machte: Science-Fiction-Geschichten." Ihre ersten Geschichten erschienen in dem Magazin PILOTE, in dem auch Serien wie LUCKY LUKE, ASTERIX, ALBERT ENZIAN und ISNOGUD erschienen. Ab 1970 erschienen die Abenteuer um Valerian und Laureline als Alben. Ab 1973 erschienen in Deutschland die Pilote-Folgen im deutschen Magazin ZACK aus dem Koralle Verlag. Hier begann man mit der ersten veröffentlichten Episode DIE STADT DER TOSENDEN WASSER, allerdings ganz falsch unter dem Titel 1984 – DIE ERDE ERTRINKT. Seit 1978 wurde die Serie in Albenform vom Carlsen Verlag herausgegeben. Warum man jedoch den Titel Valerian und Veronique wählte, lässt sich nicht mehr feststellen. Am 23. Dezember 2010 erschien dort zudem der erste Band einer Gesamtausgabe, in der je drei Hefte zu einem Buch zusammengefasst wurden. Doch dazu weiter unten mehr. Aktuell ist jedoch der Film über den allenthalben, bereits vor Filmstart in Deutschland viel und viel Falsches geschrieben wurde.
Am 20. Juli startete der Film Valerian, produziert von Luc Besson. Jean-Claude Mézières und Autor Pierre Christin erschufen ein Universum, das in seiner Vielfalt Vorbild für viele andere Comicserien, Romane und auch Filme diente. In Luc Besson fand sich schnell ein jugendlicher Fan, den der Comic bis heute begeistert. So gesehen ist der Film eine Hommage an Jean-Claude Mézières und Autor PierreChristin und natürlich an alle Fans. Bildlich gesehen ist der Film ein Hochgenuss, obwohl es mir manchmal zu schnell ging, denn die vielen Einzelheiten, die man im Comic geniessen kann, gehen hier leider unter. Valérian und Laureline sind zwei Agenten des Raum-Zeit-Service von der Erde die im 28. Jahrhundert ihre Aufträge erledigen. Im Auftrag der Hauptstadt Galaxity sind sie um die Sicherheit der Galaxis besorgt. Doch diesmal gilt es nicht, die Galaxis zu retten sondern „nur“ Galaxcity, die im Film als Weltraum-Metropole Alpha bezeichnet wird. Ausgangspunkt für Alpha war die ISS, die immer grösser wurde und aus diesem Grund aus dem Orbit ins Weltall geschoben wurde. 400 Jahre nach diesem Ereignis leben dort 17 Millionen Lebewesen, tausende verschiedene Spezies mit ebenso vielen Sprachen. Über die Jahrhunderte lernten die Bewohner der Stadt miteinander zu leben und all ihr Wissen und Fähigkeiten zum Wohl aller vereinen. Trotzdem gibt es nicht überall Friede, Freude, Eierkuchen. Es beginnt mit einem Auftrag, bei dem Valerian und Laurelie einen Transmutator besorgen sollen.
Valerian ist ein durchaus tatkräftiger Agent, der sich oft etwas tollpatschig benimmt. Dadurch gerät er in gefährliche Lagen, aus denen ihn seine Partnerin rettet. Er ist aber auch Beamter durch und durch und steht sich daher mit den Anweisungen seiner obersten Behörde selbst im Weg. Galaxcity, oder im Film Alpha, ist mit seinem Raum-Zeit-Service komplett bürokratisch durchreglementiert. Damit eckt er bei Veronique an, die sich gern über Bürokratismus hinwegsetzt und mit ihrer moralischen und menschlichen Art sich durchsetzen vermag. Auch wenn immer wieder das typische Frauenbild bei ihr durchkommt, sie ist eine gleichberechtigte Partnerin. Sie ist es dann, die z. B. im Film den Transmutator vor der Befehlshierarchie und damit ein ganzes Volk rettet. Dieser Transmutator, den ich gerade ansprach, ist in der Hand eines Bösewichtes und soll verkauft werden. Die Interessenten sind Bewohner des zerstörten Planeten Muil. Von Commander Arun Filitt wurde Valerian und Laureline beauftragt, sind sie auf einem Planeten mit abgesperrtem Areal. Dahinter befindet sich ein Marktplatz, mit bewaffneten Türmen umgeben. Doch ohne Spezialausrüstung sieht man nichts. Erst mit ihr erkennt man einen riesigen Marktplatz in verschiedenen Ebenen in einer anderen Dimension. Hier also wird Valerian aktiv. Und die Sache geht teilweise schief, denn die Hilfstruppe die dort als Reserve steht, wird vollkommen vernichtet. Es gelingt zwar, den Transmutator zu befreien, aber damit beginnt die Verschwörung innerhalb der Militärs erst. Denn der Commander hat Dreck am Stecken, den er versucht loszuwerden. Da die Handlung sehr geradlinig und damit vorhersehbar ist, wird hier nicht weiter darüber berichtet.
Valerian ist eine gelungene Produktion des französischen Produzenten, Regisseurs und Drehbuchautors Luc Besson. Sehr teuer, denn mit ca. 180 Millionen US-Dollar einer der teuersten, wenn nicht die teuerste europäische Produktion. Entgegen vielen Vorbesprechungen basiert der Film nicht auf dem gleichnamigen Comic DIE STADT DER TAUSEND PLANETEN, sondern in grossen Teilen dem Album BOTSCHAFTER DER SCHATTEN.
Jean-Claude Mézières und Pierre Christin entwarfen ein wildes, buntes Universum, das Luc Besson noch bunter und aufregender verfilmte. Die Raum-Zeit-Agenten, Valerian in der Gestalt des (mir unsympathisch erscheinenden) Dane Dehaan und seine Partnerin Laureline alias Modell und Schauspielerin Cara Delevingne, sind irgendwie greifbar und mit Charakter ausgestattet. Dane Dehaan ist blass und trotz schauspielerischem Talent eher fehlbesetzt. Zudem ist der Film amerikanisiert worden. So hat Valerian eine lange Liste von Gespielinnen, denen er Laureline einverleiben wollte. Doch Cara Delevingne gibt ihm Kontra. Nicht nur im besseren Aussehen und verkörpern des Charakters, sondern auch deutlich durch ihren Charme. Ein optischer Lichtblick ist die amerikanische Gesangsdarstellerin Rihanna. In der Person der Bubbel zeigt sie sich als wahres Verwandlungstalent. Doch auch die anderen Wesen, Kreaturen hört sich abwertend an, sind mit Charakter ausgestattet und wirken trotz der Künstlichkeit durch Computeranimation wirklich. Sie sind nicht nur schmückendes Beiwerk, sondern wichtiger Bestandteil des Films.
Vieles, was Regisseur Luc Besson in seinem Film zeigt, erinnert an STAR WARS. Allerdings ist die Serie Valerian et Laureline zehn Jahre älter. Und wenn man in die Comics schaut, dann kann man Ähnlichkeiten finden. Gerade in der 2001 gestarteten Sammelausgabe (siehe weiter unten) findet man ein Essay, was denn im Comic war und sich schliesslich im Film von George Lucas wiederfindet. Aber auch andere Filme, Comics und Romane nahmen Anleihen. Selbst Luc Besson nahm mit seinem Film Das fünfte Element einige Ideen auf, bzw. übernahm Ideen daraus für den Film Valerian. Jean-Claude Mézières und Pierre Christin schufen farbenfrohe ComicWelten mit beeindruckender Architektur und bevölkerten sie mit allen möglichen fremdartigen Wesen, mal Menschenähnlich, dann wieder völlig abgedreht und unwirklich.
Jean-Claude Mézières Welten sind weniger von klassischen Science Fiction Bestandteilen wie blinkende Computerkonsolen, Robotern und künstlicher Intelligenz beeinflusst, sondern leben von den verschiedenen Kulturen. Mir gefielen ein paar logische Fehler nicht, u.a. wie schnell Valerian unterschiedliche Habitate durchquert. Daneben ein Sprint durch gleich mehrere unterschiedliche Habitate, u.a. mit Wasser und Gas gefüllte, ohne dass es Probleme mit „auslaufen“ von Flüssigkeiten oder „ausströmen“ von Gasen gab. Valerian kommt in Kontakt mit der unsterblichen Seele einer der Pearls zum Zeitpunkt ihres Todes. Angekommen in Galaxcity oder hier Alpha, sind aber dreissig Jahre seit der Vernichtung des Planeten und dem Tod der jungen Frau vergangen. Ebenso wenig gefiel mir die Handlung an sich. Zu viel Amerikanismus. Ballern, wo es nicht notwendig war, eine Liebesgeschichte zwischen Valerian und Veronique, die ich in dieser Hinsicht nicht aus den Comics kenne. Auch sonst bestehen Szenen, die die Gewalt verherrlichen und nicht notwendig waren. Valerian ist ein französischer Film und so ärgert mich auch, dass die Namen amerikanisiert ausgesprochen werden.
Der Kinofilm Valerian von Luc Besson einfach nur eine bildgewaltige Liebeserklärung an die Comicalben. Nur leider nicht mit der humanistischen Botschaft.