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Reihe: Die Welten von Star Trek Deep Space 9 - Band 5
Eine Besprechung / Rezension von Sandra - Buechernische |
Immer die Last mit den Ferengi
Betrachtet man alle Folgen von Star Trek seit dem ersten Flug der 1701-D in all ihrer Vielfalt, wird man mit Verzückung auf all die faszinierenden Zeitreisegeschichten zurück blicken – oder als bei Wolf 359 ein einzelner Borgkubus ein Trümmerfeld aus Förderationsschiffen hinterließ. Und wer erinnert sich nicht an die epische Schlacht der Dominion-Cardassianer-Allianz gegen das Föderations-Klingonenbündnis, bei der die Defiant sich als einziges Schiff gegen zehntausend Jem´Hadar-Schiffe Verstärkung aus dem Gammaquadranten stellen musste? Ja – das waren Folgen.
Ja und dann – dann gab es diese Ferengifolgen. Kaum etwas polarisierte wohl so sehr wie die Geschichten um jene 100prozentigen Kapitalisten mit den großen Ohren, den spitzen Zähnen und der zumeist abwesend scheinenden Großhirnrinde. Ferengi waren stets ein einziges Klischee. Witzfiguren, welche selbst in ihren ernsthaftesten Momenten wie Projektionen eines grotesken Witzes auf der großen Star Trek – Bühne wirkten. Verdammt dazu, alle zehn bis zwanzig Folgen als billiges Füllmaterial und Slapstickfutter herzuhalten, nur um dann wieder in der Versenkung zu verschwinden.
Man konnte sie hassen oder lieben. Eine Grauzone gibt es meines Wissens nicht und wenn es doch eine gibt, dann sollte man sie verbieten oder in ein Wurmloch nach NGC 4747 werfen. Doch wie schlagen sich Quark, Rom, Brunt - FCA - und Nog auf den 192 Seiten der „Welten von Star Trek – Ferenginar“?
Unendlicher Profit
Nachdem ich das Buch zuschlug, kann ich nur sagen: Es ist wie früher. Keith R.A. DeCandido hat es geschafft, in seinem Werk „Zufriedenheit wird nicht garantiert“ all diese Hassliebe erneut heraufzubeschwören, welche einem einst per Duraniumhammerhumor einer typischen Ferengifolge innerhalb von 45 Minuten ins Gehirn geschlagen wurde. Worauf genau lässt man sich also ein, wenn man dieses Buch in die Hand nimmt?
Inhalt:
Quarks profitorientierte Heimatwelt wird von einem Skandal erschüttert, als schockierende Beschuldigungen Rom als Großen Nagus der Ferengi-Allianz zu stürzen drohen. Um die Dinge noch schlimmer zu machen, wurde Quark von Roms politischen Gegnern angeworben, sich ihrem Staatsstreich anzuschließen. Sollten sie damit Erfolg haben, seinen Bruder zu stürzen, bekäme er alles, was er sich jemals erträumt hat. Während Ferenginars Zukunft über dem Abgrund hängt, nimmt die Schwangerschaft von Roms Frau eine schwierige Wendung für Mutter und Kind.
Dies steht auf der Rückseite des Buches. Dreht man es um, glänzt einem die verschlagene Glatze des DS9-Barmanns - Verzeihung, DS9-Wirtes - in all seiner Pracht entgegen. Darunter befindet sich – reihentypisch – das in der Fernsehserie verwendete Mattepainting der jeweiligen Welt, um die es in der Geschichte geht. In diesem Fall ist es der Handelsturm des dauerhaft verregneten Planeten Ferenginar. Quark ist auch die zentrale Figur, obwohl es sich der Autor zur Aufgabe gemacht hat, möglichst oft zwischen den verschiedenen Charakteren umherzuspringen – auch mehrfach innerhalb eines Kapitels. Das unterstützte zwar dieses fernsehserientypische Szenenwechsel-Gefühl, sorgte aber auch für ein wenig Verwirrung.
Die Geschichte selbst ist – und man kann es nicht anders ausdrücken - vom ewigen Fluch der Ferengi beseelt. Als Grundgerüst hatte der Autor eben jene Bedingungen zu tragen, welche die Fernsehserie ihm aufbürdete. Ja – aufbürdete. So ist Rom natürlich der Große Nagus; in einer Welt, die er nie begriffen hat, nie begreifen wollte und nun ist er dessen Anführer. Das ist schon ein Scherz an sich – und so ist jedweder Versuch, ernsthafte Töne anzuschlagen, von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Natürlich unternimmt Herr DeCandido diesen Versuch – so wie es auch schon die Drehbuchautoren der Serie versucht haben – aber was soll das? Nimmt man als Zuschauer / Leser tatsächlich Anteil am drohenden Zerfall der Ferengikultur, wo sie doch mehr denn je die Witzfiguren des Alphaquadranten sind? Gerade die Zwielichtigkeit der Ferengicharaktere raubt einen Großteil der Spannung, weil ihre Intentionen stets vorhersehbar bleiben und es auf die ein oder andere Weise immer auf ein einziges Grundmerkmal reduzieren lässt. Die stete Überzeichnung jedweden Aspektes wird schnell langweilig. Selbst den aus der Serie bekannten Ferengi-Attentäter Leck kauft man seinen Beruf einfach zu keinem Zeitpunkt ab. Nicht weil der Autor es nicht versucht hätte, aber umrahmt von einer Unsinns-Kultur wäre es schon ein Kunstgriff.
Wenn Morn uns verlässt...
Jetzt könnte man dagegen halten, dass all dies eben "typisch Ferengi" sei. In der Fernsehserie war es ja auch nie anders. Nun - das stimmt wohl, aber es macht einen Unterschied, ob man die zappeligen Wesen mit ihren kleinen Körpern in Aktion sieht oder ob man es lesen muss.
Der Autor beschäftigt sich zu sehr damit, die vorherrschende Dekadenz der Ferengi in jeder Szene bis weit über die Schmerzgrenze hinaus zu beschreiben und verliert dabei die zahlreichen Charaktere aus den Augen, deren schnell wechselnde Auftritte wohl einzig dem Wiedererkennungswert, nicht aber der Geschichte dienlich sind. Gefühlte einhundert Male durfte ich lesen, dass auf Ferenginar überall Töpfchen herumstehen, wo man für jede noch so kleine Dienstleistung Latinumstreifen einwerfen muss. Das war nur die ersten drei Male witzig. Und selbst der obligatorische "Ich hab mit Morn ein Gespräch geführt" - Scherz ist mit dabei. Nein, dies ist einfach zuviel oberflächliche Standardkost, weil der Plot darüberhinaus einfach nicht zu packen weiß.
Warum verkommen alle Ferengi-Geschichten stets zu Versatzstücken? Mag es in den eindimensional wirkenden Charakteren begründet sein, in deren tieferen Schichten nur ein weiteres Klischee seiner Entblößung harrt? Vielleicht liegt es aber auch einfach daran, dass gnadenloser Kapitalismus, Bestechung in höchsten Ebenen und Skrupellosigkeit einfach nicht so recht glaubhaft wirken möchte, wenn all diese eigentlich sehr ernsten Themen seit über einer Dekade als großer Scherz abgehandelt werden.
Erschwerend kommt hinzu, dass Storyenden des Vorgängers nur lose aufgenommen und schnell abgehandelt wurden. Hier bricht die Spannungskurve aus dem Vorgängerbuch einfach weg. Auch Leetas Schwangerschaft mit Roms Kind wirkte bei weitem weniger spektakulär, als es beim Lesen der Inhaltsbeschreibung noch der Fall war. Dieses Buch wirkt also tatsächlich wie eine Füllfolge – als müsse man die Ferengi mit einer Geschichte versehen, weil sie halt nun einmal das Pech haben zu existieren. Dies hat zwar den Vorteil einer kohärenten Handlung innerhalb des Buches, doch ist diese ist zu keinem Zeitpunkt tatsächlich spannend.
Letztendlich ist es der Humor, welcher alle Kapitel trägt - tragen muss. Ich kann nur spekulieren, welche Gedankengänge dem Autor gekommen sind, als er die Optionen möglicher Geschichten abwog. Aber es muss wirklich verdammt hart gewesen sein, innerhalb eines derart engen Klischeekorsetts die Luft für einen halbwegs glaubhaften Plot zu schaffen. Bei aller Kritik muss man zumindest fair genug sein, die Meisterung dieser Hürden anzuerkennen. Hervorheben kann man an dieser Stelle auch die verschiedenen Begriffe, welche die Ferengi für alle möglichen Arten von Regen haben.
Fazit:
Herr Keith R.A. DeCandido hat getan, was er konnte. Sicherlich ließe sich noch mehr aus dem engen Korsett einer ferengilastigen Geschichte quetschen, aber hier ist der Autor stur auf dem Kurs gefahren, den schon viele andere Autoren der Fernsehserie gefahren sind. Altbewärter Humor, austauschbare Charaktere und viele Wiedererkennungsmomente. Es gibt praktisch keine Spannungskurve, dafür umso mehr Haudrauf-Humor. Für alle, die nicht genug von klischeebeladenen Ferengigeschichten bekommen können auf jeden Fall einen Blick wert. Für mein Empfinden jedoch hat der Autor zu sehr auf Standard gesetzt. Vermutlich weil er die Erwerbsregel 62 nicht beachtet hat: Je riskanter der Weg, desto größer der Profit. - Schade.