Titel: Wild Storm - Wilder Sturm
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Auf einem eigentlich vollkommen gewöhnlichen Linienflug von Zürich nach Washington gerät Derrick Storm in Lebensgefahr – das Flugzeug gerät ins Trudeln und droht abzustürzen, weil die Maschine angegriffen wurde. Heldenhaft gelingt es dem Agenten, das Querruder durch eine aussergewöhnliche Hangelpartie über der Tragfläche wieder zum Funktionieren zu bewegen, sodass der Flugkapitän das Leben der Passagiere retten und das Flugzeug sicher landen kann. Doch für die drei anderen Maschinen, die unter ähnlichen Umständen vom Himmel geholt wurden, kann Storm nichts ausrichten, sondern erhält den Auftrag, die mutmaßlich für diesen Anschlag verantwortlichen Terroristen und vor allem deren Waffe zu finden.
Sein Instinkt führt ihn schließlich zu einem verschwundenen Wissenschaftler und der Theorie, dass die Flugzeuge mit einem riesigen Laser-Gerät beschossen wurden. Doch bedarf es für die Funktion eines solchen Lasers einer großen Menge eines seltenen Rohstoffs, deren Spur Storm schließlich aus den USA heraus führt – und mitten hinein in eine Verschwörung, die zum Ziel hat, die Geschicke der Menschheit in den nächsten Jahrzehnten entscheidend zu beeinflussen.
Bevor es ihm gelingen kann, im Kampf gegen die skrupellosen Terroristen einen entscheidenden Erfolg zu erzielen, tritt die verwirrende Clara Strike auf den Plan, CIA-Agentin und zudem noch Storms große Liebe, ausgesandt, um die Interessen der Regierung im Auge zu behalten…
Autor Richard Castle ist eine fiktive Figur, deren ‚Leben‘ sich in der TV-Kriminalserie ‚Castle‘ abspielt. Immer wieder präsentiert Castle dort neben einigen spannenden Fällen auch in der Nebenhandlung neue Bücher oder Events, die mit den Büchern zu tun haben – in sofern kann bei dieser Rezension nicht der eigentliche Autor beurteilt werden, der als Ghostwriter im Verborgenen bleiben muss.
Der neueste Wurf aus dem Castle-Merchandise beginnt gleich mit einem Paukenschlag – eine scheinbar harmlose Situation wird zur akuten Lebensgefahr, und nur das geistesgegenwärtige und mutige Eingreifen des Helden Derrick Storm verhindert das Schlimmste. An dieser Stelle zeigt sich leider auch das Hauptproblem des Buches, das auch in den folgenden Kapiteln stets präsent bleibt: „Wilder Sturm“ ist einfach nicht spannend.
Zwar stolpert Storm von einer Schwierigkeit in die nächste, gerät mehrfach in Lebensgefahr, muss sich mit Gegnern auseinander setzen, die laut Beschreibung stärker und gewitzter sind als er, aber jedes Mal steckt Storm das Problem mit nonchalanter Gelassenheit weg und scheint sich über den positiven Ausgang der Sache nicht die geringsten Gedanken zu machen.
Wenn man mal Flemings ‚Bond‘ gelesen hat, der sehr wohl mit der Gefährlichkeit seiner Aufträge hadert und bei so manchem Gegner ordentlich einstecken muss, wirkt Derrick Storm wie ein Möchtegernnachahmer, der zwar gerne cool wirken möchte, es aber trotz all seiner Kenntnisse und seiner absoluten Gutherzigkeit, die ihn zum dauernden Weltretten zwingt, nicht ist. Im Grunde wird Storm wie eine Mischung aus Superman, MacGyver und einem Genie präsentiert, das mehrere Sprachen aus dem Effeff beherrscht und nebenbei noch prima aussieht, kämpft und küsst. Dabei bleibt Storm nicht minder blass als die Bösewichte in der Story, deren Motive zwar vorhanden, aber auch nicht so recht nachvollziehbar sind.
Die unterschiedlichen Schauplätze der Geschichte sowie einiges an Wortwitz reißen zwar noch etwas heraus, dennoch erscheint gerade dieser Band im Vergleich zu den die Serie begleitenden „Nikki Heat“ Stories recht blutarm und uninteressant. Wenn man mit dem Helden nicht mitfiebern muss oder das Gefühl hat, die hauptsächlichen Wendungen bereits einigermaßen vorausahnen zu können, hat der Autor etwas Entscheidendes falsch gemacht. Zwar entsteht durch die farbigen Beschreibungen ein interessantes Bild, aber der Spannungsbogen kollidiert dermaßen oft mit der Alleskönnermanier des Helden, dass selbst der Showdown keinen Zweifel lässt, wie die Sache ausgehen wird.
Dazu noch die Gutmenschigkeit Storms, die schon fast etwas rührend naives hat, und man bekommt einen modernen und leider stinklangweiligen Gegenentwurf zu den kantigen, unbequemen Geheimagenten der 60er und 70er Jahre. Schade, denn die Story an sich hätte durchaus etwas hergeben können, vor allem, weil sie sich bei der gegnerischen Fraktion erfreulicherweise nicht nur gegenwärtiger Klischees bedient, sondern hier wirklich überraschen kann.
Fazit: Lahmarschiger Thriller mit einer eierlegenden Wollmilchsau als Held. Kann man lesen, muss man aber nicht. Drei von zehn möglichen Punkten.