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Titel: Zauber, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Frank Dreheml |
Als dem jungen Bauern Gaspard von seiner geliebten Blanche D'Entremonde die traurige Nachricht überbracht wird, dass sich ihre Wege trennen müssen, da sie das Erbe ihres gerade verstorben Vaters, des Königs von Zwischenwelt, anzutreten und ihre Liebe daher keine Zukunft habe, begibt sich der verzweifelte und zutiefst gekränkte junge Mann zur Hexe Miranda in der Hoffnung, sie könne ihm eine Rachezauber an die Hand geben. Doch die Hexe verfolgt eigene Pläne und dient schon einem anderen Herrn, sodass Gaspards Schicksal eine noch üblere Wendung nimmt.
Unterdessen muss Blanche, kaum dass sie inthronisiert ist, in der höfischen Gesellschaft ums nackte Überleben kämpfen, denn zahlreiche Widersacher – darunter die eigene Mutter und der eigene Bruder – warten nicht nur auf ihr Scheitern als Königin, sondern trachten ihr nach dem Leben. Dennoch meistert sie ersten ersten öffentlich Auftritte mit Bravur, indem sie gleichsam messianisch geduldig, gütig und voller Milde ihren Untertanen Hoffnung und Almosen schenkt.
Diese Art Fanal zieht die Aufmerksamkeit des Prinzen der Unterwelt – Maldoror – auf sich, sodass sich der junge Herr nach Zwischenwelt begibt, um Blanche zu korrumpieren. Stattdessen wird er selbst ein Opfer der Charmes der jungen Frau, die ihn gleichermaßen verstört wie herausfordert, die ihn mit einem vergifteten Dolch aus Versehen verwundet und ihn kurzentschlossen wieder heilt. Verwirrt versuch Malodor, das Geheimnis der tödlichen Waffe zu ergründen und kommt dabei nicht nur den Intrige am Königshofs auf die Spur, sondern erfährt auch Unerfreuliches über seine eigene Schwester, die er während seiner Abwesenheit zur Hüterin des Tores zur Unterwelt gemacht hat. Als er daraufhin in sein Reich zurückkehren will, hat seine Schwester ihn längst verraten und dieses Tor für ihn verschlossen.
Jean Dufaux versucht mit „Zauber“ ein großes Rad zu drehen: Ehre, Pflichtgefühl, Liebe und Verrat, düstere Intrigen und Krieg, der Kampf zwischen Licht und Dunkelheit sind ein Stoff, aus dem große Dramen und Tragödien geschmiedet worden sind; im Comic schrumpfen diese Themen zwar auf ein „Fast Food“-Ausmaß zusammen, aber dennoch gelingt es Dufaux, im Leser so etwas wie eine Ahnung, ein unbestimmtes Gefühl der Tiefe, der Gravität zu erwecken, wobei die Geschichte mit ihren fast schon ikonografischen Charakteren selbst zugleich wunderbar leicht sowie unaufgeregt daherkommt und einen deutlich düsteren Unterton bzw. einen grimmigen Humor aufweist.
Das Artwork José-Luis Munueras ist zwar in den Bild-Hintergründen und im Ambiente detailarm und wirkt in seiner Fokussierung auf die klaren Figuren reduziert, weist aber insofern einen ansprechenden Charme auf, als die Charaktere eine deutlich cineastische Inszenierung erfahren - im Posing, in den Bildausschnitten, in der Interaktion, in Ausführung und Gestalt, welche an abendfüllende Disney-Zeichentrick-Filme erinnern.
Fazit: Ein gefälliger, leichter Einstieg in eine geradezu klassisch-tragische Geschichte voller großer Gefühle und Magie. Macht auf jeden Fall Lust auf die Fortsetzung.