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Reihe / Serie: Wurdach SF-Reihe Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Die vorliegende Sammlung ist ein Buch, auf das wohl viele Science Fiction Leser in Deutschland seit längeren gewartet haben. Zum ersten Mal gibt es eine Zusammenstellung von insgesamt 17 Geschichten auf der Feder von Heidrun Jänchen. Die Autorin – gerade eben erst mit dem Deutschen Science Fiction Preis für die beste Kurzgeschichte des Jahres 2011 ausgezeichnet – ist seit Jahren die deutsche SF Kurzgeschichtenautorin, wenn nicht sogar der beste SF Kurzgeschichtenautor schlechthin. Ihre Geschichten fanden sind in den letzten Jahren immer wieder auf den Nominierungslisten sowohl des Kurd-Laßwitz-Preises und des Deutschen Science Fiction Preises und zurecht kann sie nun sagen, die beiden wichtigsten Deutschen SF Preise gewonnen zu haben.
Heidruns Geschichten sind meist modellhafte Erzählungen einer möglichen Zukunft und sie treibt in ihren Gedankenspielen von gesellschaftliche also auch technische Entwicklungen auf die Spitze. So liest man von geschützen Maisgenen, die dafür sorgen, dass ein Säugling in den Besitz eines marktbeherrschenden Konzern übergeht oder von den Problemen, die staatliche gesteuerte Beziehungen mit sich bringen. Was tun, wenn man sich in den vorgesehenen 3 Monaten in einem Mann verliebt, aber nicht schwanger wird und nun einem neuen Partner zugewiesen wird? Es gibt auch Geschichten, die einen Zyklus bilden, wie die Geschichte „Drinnen und Draußen“, die die Bestrebungen von Wissenschaftlern beschreibt, den Geist von schwerst verletzten Menschen permanent in eine künstliche Umgebung zu transferieren, sowie die Geschichte „Emotionale Intelligenz“ in der der Geist einer Frau in ein Raumschiff transferiert wurde und den Piloten vor ganz neue Herausforderungen stellt und schließlich die Geschichte „Seemanns Braut“ in der ein Pilot einen Liebesbeziehung zu einem Raumschiff entwickelte. Gerade letztere Geschichte zeugt von Heidrun Jänchens Können, denn so einen Text aufs Papier zu bringen und gleichzeitig glaubwürdig zu bleiben, ist sehr schwierig.
Die Sammlung enthält eine Reihe wirklich guter SF Geschichten, aber auch, vor allem zu Beginn, Texte, die eher Fragmente sind. Diese Fingerübungen sind Spiele mit möglichen Zukünften. Im Klappentext steht: „Die Autorin arbeitet am futurologischen iknow-Projekt der EU mit, das sich mit Wild Card, nicht sehr wahrscheinlichen, aber potenziell folgenschweren Ereignissen, beschäftigt.“ Manche dieser Geschichten könnte im Zuge dieser Tätigkeit entstanden sein. Ich gestehe, dass ich kein großer Freund von Fragmenten bin, sondern lieber aufgefeilte Kurzgeschichten lese, aber das ist mein persönlicher Geschmack und das soll nicht in die Wertung einfließen.
So bleibt zu sagen, dass die Sammlung die hohen Erwartungen erfüllt hat und in dem Buch einige gute und sehr gute Geschichten präsentiert werden. Für den Freund der deutschen SF Kurzgeschichten ist das Buch ein absolutes Muss. Für alle anderen bietet der Band eine wunderbare Sammlung von SF Geschichten, die fast ausnahmslos lesenswert sind.
9 von 10 Punkten.
Inhalt:
Willkommen auf Aurora
Und dann die Stille
Elisa *
Drinnen und Draußen
Marias Sohn
In die Finsternis
Emotionale Intelligenz
Trigger
Greentown™
Gemurkel
Ich bin nicht Benedikt Fahrenberg
Seemanns Braut
Adina sehen und ... **
Slomo ***
Zweivierteltakt, e-moll
Jakobs Leiter
Stadt in der Steppe
* "Elisa" erschien erstmals in c't 14 und 15/2005
** "Adina sehen und …" im Begleitheft "TERRAsse" zum Penta-Con 2008
*** "Slomo" in "Das Mirakel", edfc-Jahrbuch 2007, herausgegeben von Frank W. Haubold
Alle anderen Geschichten wurden 2012 zum ersten Mal veröffentlicht.