Titel: Der eiserne König Eine Rezension von Ida Eisele |
Der junge Hans hat bereits einmal alles verloren: Seine Eltern setzten ihn gemeinsam mit seiner Schwester im Wald aus, wo er von einer Hexe gefangen gehalten und gemästet wurde, bis seine Schwester ihn retten konnte – nur um dann spurlos zu verschwinden. Nun ist er Mitglied einer Räuberbande, die jedoch von einem stummen Mädchen mit grünen Augen ausgelöscht wird. Einzig Hans überlebt und wird von der schrulligen Muhme gesund gepflegt, die ihn gleich darauf mit zu den dreizehn weisen Weibern nimmt. Diese erteilen ihm und einigen Gefährten, der sanften Sanne, der eigensinnigen Sneewitt und einem Kunz genannten Mann, den Auftrag, das Mädchen mit den grünen Augen zu finden, um die Rückkehr des Eisernen Königs zu verhindern...
In diesem Buch erlebt man bekannte Märchengestalten der Brüder Grimm mal anders. Vom Schicksal gebeutelt, von untreuen Prinzen frustriert oder sonst wie gezeichnet verschlägt es sie zufällig zu den weisen Weibern , von denen sie auf eine abenteuerliche Reise geschickt werden, die alles andere als märchenhaft ist. Oder vielleicht eben doch, denn viele Abschnitte der Geschichte erinnern an die alten, brutaleren, noch nicht von Disney weichgespülten Versionen der Grimmschen Märchen, in denen auch gerne Mal Blut fließt und böse Stiefmütter mit drakonischen Strafen belegt werden.
Nicht nur Bezüge zu Märchen, sondern auch zur nordischen Mythologie sind übrigens zu finden, zum Beispiel mit der Esche, von der alles Leben abhängt und die von blinden Feen gepflegt wird.
Zu den Hauptcharakteren sei gesagt, dass es ihrer viele gibt und sich die Erzählung nicht auf einen fokusiert. Die Guten sind sympathisch, ohne klassische Helden zu sein, die Bösen sind unsympathisch und recht klassisch böse. Besonders zu erwähnen sind die Tiere, insbesondere der Dachs Meister Grimbart und Reineke Fuchs, welche die Gefährten mit Rat, Tat und unerwünschten aber amüsanten Kommentaren begleiten.
Insgesamt interessant und gut umgesetzt ist die Planlosigkeit der Protagonisten angesichts eines übermächtigen Feindes. Es gibt keine kluge List, keine allmächtige Geheimwaffe und auch keine zaubermächtigen Verbündeten, welche die Menschen und die mit ihnen verbündeten Tiere retten könnten. Vielmehr müssen sie sich selbst etwas einfallen lassen. Ihre Verzweiflung und Angst wirkt in Anbetracht dieser Tatsachen echt und menschlich.
Die Sprache, derer sich John Henry Eagle bedient, ist in ihrer Wortwahl vielfältig und bisweilen sogar überraschend. An manchen Stellen, vor allem zu Anfang des Buches, bin ich über viele schlicht aneinander gereihte Hauptsätze gestolpert, die sich etwas holprig lesen. Durch die zuvor positiv erwähnte Planlosigkeit der Protagonisten zieht sich das Buch leider auch ein wenig.
Alles in allem kein schlechtes Buch, sondern eines, das sich recht unterhaltsam liest, ohne über die Maßen zu begeistern.