Titel: Der Rote |
Schauplatz des Romans ist der kleine neuseeländische Küstenort Kaikoura, bekannt für Whale-Watching. Auch den deutschen Biologen Hermann Pauli zieht es dorthin. Er versucht, sein Leben gerade wieder in geordnete Bahnen zu lenken, um den Tod seiner Frau endlich zu überwinden.
Während einer Whale-Watching-Tour passiert es: Das Meer fängt an zu brodeln und eine 4 Meter hohe Welle legt den kleinen Ort in Trümmer.
Eine Folge des Seebebens ist aber noch katastrophaler als die Zerstörung, denn die Wale verschwinden, und damit die größte Touristenattraktion von Kaikoura.
Hermann bleibt in dem verwüsteten Ort. Er, ein Experte für Kalmare, macht durch den Hinweis eines ortsansässigen Trinkers eine unglaubliche Entdeckung, die sein Forscherherz höher schlagen lässt: Der ganze Strand liegt voll mit toten Kalmaren!
Während Hermann die Tiere wissenschaftlich untersucht, passiert das Unglaubliche. Ein Riesenkalmar erscheint, der den Wissenschaftler völlig in seinen Bann schlägt.
Doch damit nicht genug - einer der vermissten Wale wird am Strand gefunden.
Nun sind alle Behörden in Alarmbereitschaft versetzt, da man einen Zusammenhang zwischen dem verletzten, sterbenden Wal und dem Riesenkalmar zieht. Ein Wettlauf der Wissenschaftler beginnt ...
Bernhard Kegel liefert dem Leser hier wieder einmal ein aktuelles, brisantes Thema, welches er auf seine ganz eigene Art und Weise, nämlich aus der Sicht des Wissenschaftlers, vermittelt. Und er schafft es auch mit seinem neuen Roman, wie schon in der Vergangenheit mit seinen Büchern "Wenzels Pilz" oder "Sexy Sons", zwar den Zeigefinger zu erheben, aber ihn nicht vorwurfsvoll zu bewegen. Was heißen soll, er spricht ein aktuelles Thema an, ohne Schuldzuweisungen vorzunehmen. Das macht auch diesen Roman zu einem unterhaltsamen Thriller, der den Leser wirklich zum Nachdenken anregt.
Sehr gelungen fand ich beim Lesen, dass der Autor sein Wissen in Biologie so darlegt, dass man eine Menge über Tiefseeforschung erfährt, ohne dabei mit zu vielen Informationen überschwemmt zu werden. Allein die Szenen, in denen die Walforscher Tim, Barbara und die Praktikantin Maria von ihrem Boot aus das Leben der Wale zu erkunden versuchen, bietet einen kurzen, aber doch tiefgründigen Einblick in die Arbeit eines Meeresbiologen. Zugegebenermaßen stößt das nicht unbedingt auf das Interesse aller Leser, doch wenn ich auf diesem Weg solches Wissen vermittelt bekomme, nehme ich das gern an.
Neben all den wissenschaftlichen Fakten, die dieser Roman zu bieten hat, gibt es aber auch einen Protagonisten, dem der Autor die nötige Tiefe verliehen hat, um mit ihm zu leiden, zu kämpfen und sich zu freuen. Hermann Pauli ist ein Mensch mit einem ausgewogenen Verhältnis an Stärken und Schwächen, welches ihn sehr glaubwürdig erscheinen lässt. Was mir besonders gefallen hat ist, dass Bernhard Kegel die Affäre mit Barbara am Rand der Handlung belässt. Solche Kleinigkeiten sind es, die den Roman insgesamt glaubhaft machen und er so seinen Zweck erfüllen kann: spannende Unterhaltung, die den Leser nachdenklich stimmt, denn was uns Kegel hier als Fiction vorgibt, kann schon bald Realität werden.
Die einzige Schwäche, die ich beim Lesen des neuesten Werkes von Bernhard Kegel bemängeln muss, werden sicher nur jene Leser nachvollziehen können, die auch alle anderen Bücher des Autors kennen. In "Der Rote" fehlte ein wenig die Bissigkeit und der versteckte schwarze Humor, mit dem Kegel in seinen früheren Büchern glänzte. Das merkt man besonders an dem fehlenden Wortwitz in den Dialogen, die in diesem Buch manchmal ein wenig langweilig, weil zu brav, geführt werden.
Alles in Allem ist "Der Rote" ein sehr guter Wissenschaftsthriller, der durch die Fachkenntnis des Autors besticht und somit sehr glaubhaft und dabei spannend und unterhaltsam geschrieben ist.
9 von 10 Punkte