Titel: Die dunkle Schwinge Eine Besprechung / Rezension von Alexander Pechmann |
„Die dunkle Schwinge“ ist der beachtliche Debütroman des amerikanischen SF-Autors Walter Hunt und der erste, in sich geschlossene Band einer neuen SF-Serie. Der Klappentext vergleicht den Roman mit Star Wars und John Ringo - was Freunde origineller und halbwegs intelligenter Science Fiction hinreichend abschrecken dürfte. Doch obwohl Hunt einen interstellaren Krieg gegen aggressive Außerirdische beschreibt und dabei viele Klischees dieses derzeit populären Subgenres, der „Military-SF“, bedient, bietet er auch eine Handvoll interessanter Ideen, die ihn aus dem Mittelmaß hervorheben. Tatsächlich schreibt Hunt viel besser als Ringo und ähnliche Anhänger eines weitgehend naiven und platten Militär- und Waffenfetischismus, und seine Darstellung von Krieg und Zerstörung wird nie zum Selbstzweck, noch werden die Folgen des Krieges verharmlost. Er gestattet seinen Helden sogar Zweifel und moralische Überlegungen, und der Schlüssel zum Erfolg ist hier ausdrücklich nicht die größere Feuerkraft, sondern das Verstehen der rätselhaften Kultur des Gegners.
Zur Handlung: ca. 300 Jahre in der Zukunft Die Menschheit führt seit sechzig Jahren Krieg gegen die außerirdischen Zor, die sich um Verträge und Friedensabkommen nicht kümmern und immer wieder zivile Ziele der technisch und militärisch überlegenen Menschen angreifen. Um den Krieg zu beenden wird eine Strafexpedition unter Befehl eines Admirals losgeschickt, der sich lange mit der Kultur der Zor beschäftigt hat. Der Admiral weiß, daß die Zor aus religiösen Gründen kämpfen. Die bloße Existenz der Menschheit ist für sie eine Blasphemie. Die Menschen können den Krieg nur gewinnen, wenn sie die Vorgaben der Zor-Mythologie für ihre Zwecke nutzen: indem der Admiral rücksichtslos gegen die Zor vorgeht, übernimmt er die Rolle der „dunklen Schwinge“, die einer Legende nach den Untergang der Zor herbeiführen wird. Doch da die Auslöschung einer ganzen Spezies gegen alle Prinzipien der irdischen Politik und Moral verstößt, wird die zunächst erfolgreiche Strafexpedition selbst zum Problem.
Hunt liefert solide und spannende Unterhaltung. Der Konflikt zwischen Menschen und Zor ist hier nicht das Alibi für pausenlose Action, sondern Anlaß für die ziemlich gelungene Darstellung einer völlig fremdartigen außerirdischen Kultur. Die vogelartigen Zor sind die eigentlichen Helden des Romans und machen ihn erst lesenswert, während die menschlichen Charaktere allesamt eindimensional und austauschbar wirken. Ebenso ist der gesellschaftliche Hintergrund der Menschen banal - ein interstellares Imperium mit ziemlich undurchsichtigen politischen Strukturen. Obwohl ein Imperator und ein Parlament erwähnt werden, bleibt offen, wer hier wie viel Macht ausübt, zumal noch eine Geheimdienstorganisation die schmutzigen Finger im Spiel hat. Eine positive Überraschung ist hingegen, daß der Autor die moralische Dimension seiner Geschichte ernst nimmt, ohne deswegen gleich mit erhobenem Zeigefinger herumzulaufen. Obwohl Hunt auf die übliche Masche der Military-SF nicht verzichten kann und die Romanfiguren einfallslos in tapfere Soldaten, feige Zivilisten und hinterhältige Politiker unterteilt, bleibt er doch bemerkenswert objektiv und hält offenbar nichts von ideologischen Plattitüden, die thematisch ähnliche Romane oft zu einem zweifelhaften Vergnügen machen.
Fazit: ein gut durchdachter, flott geschriebener Abenteuerroman. Fortsetzung folgt in „Der dunkle Pfad“.