| Serie/Zyklus: ~ Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Andreas Eschbach als einer der führensten Autoren deutschsprachiger Phantastik näher vorzustellen, ist reine Platzverschwendung. Seit seinem Debütroman Die Haarteppichknüpfer aus dem Jahre 1995 ist er eine feste Größe in der Phantastikszene und seit seinem Bestseller Das Jesus-Video auch in aller Munde.
Etwas unbeachtet von seinen sonstigen Aktivitäten erschien Anfang des Jahres mit Die seltene Gabe sein drittes Jungendbuch bei Arena. Siedelte er die Handlung seines ersten Romans noch auf den Mars an (Das Marsprojekt), nahm er sich im zweiten einem aktuelleren Thema unserer Zeit an. In Perfect Copy - Die zweite Schöpfung geht er auf die Thematik des Klonens ein und verpackt diese in einem Jugendroman.
Ähnlich verhält es sich mit dem vorliegenden Werk Die seltene Gabe. Der junge Armand besitzt eine dieser seltenen Gaben. Er verfügt über starke telekinetische Fähigkeiten, die ihm zum Forschungsobjekt und Staatsgeheimnis werden lassen. Seit einigen Jahren lebte er deshalb in einem Forschungslabor, streng abgeschirmt von der Öffentlichkeit, mit weiteren, parapsychisch begabten Kindern und Jugendlichen. Dank der guten psychologischen Betreuung verspürte er nie einen Fluchtgedanken, denn jeder Wunsch wurde ihm von den Lippen abgelesen. Eines Tages war es denn doch soweit. Aus einem Impuls heraus flüchtet er aus dem französichen Forschungslabor und flieht gen Westen.
Der Roman schildert fast ausschließlich einen Tag dieser Flucht und wird rückblickend aus Sicht der jungen Marie erzählt. Marie, die in der elften Klasse eines Gymnasiums geht und deren Eltern für zwei Wochen verreist sind, entdeckt in ihrem Haus den jungen Armand. Der erzählt ihr nicht nur kurz die Gründe seiner Flucht und zeigt ihr seine Fähigkeiten, sondern zwingt sie auch ihn auf seiner weiteren Flucht zu begleiten. Marie, die sich den telekinetischen Fähigkeiten Armands zunächst beugen muß, fast im Verlaufe der Flucht nicht nur Vertrauen zu ihm, sondern entwickelt Liebesgefühle.
Die Romanhandlung ist überaus rasant erzählt, da die beiden ständig auf der Flucht vor der deutschen Polizei, den Geheimdiensten und Armands ehemaligen Bewachern sind. So in der Mitte des Romans nimmt sich Andreas Eschbach dann die Zeit und läßt Armand ausführlich über sein Leben und seine Gabe berichten. Das Romanende ist der Beginn eines Neuanfanges zwischen den beiden und durchweg glaubwürdig, was den Romanzusammenhang angeht, geschildert.
Die seltene Gabe ist ein Jugendroman, dies muß man sich als Leser immer wieder vor Augen führen und demnach für eine jugendliche Leserschaft geschrieben. Viele Fremdwörter und kompliziertere Textpassagen sind nicht zu finden. Die Handlung ist geradlinieg verfaßt und die Charaktere, sieht man mal von den beiden Hauptpersonen ab, oberflächlich und eindimensional gestaltet. Die aufkeimende Liebe zwischen den beiden Flüchtlingen steht von Beginn an mit im Vordergrund. Schließlich handelt es sich um einen der Themenbereiche, die Jugendliche in diesem Alter am meisten interessieren dürfte bzw. wo sie selber die ersten Erfahrungen gemacht haben. Der Handlungshintergrund ist ausreichend dargestellt und in der Geschichte verwurzelt, denn parapsychologische Forschungen während des Kalten Krieges hat es meines Wissens tatsächlich gegeben.
Ob Andreas Eschbuch nun einen lesenswerten Jugendroman verfaßt hat, der zudem von der Thematik her für die heutige Jugend interessant ist, kann ich nicht wirklich beurteilen. Mir persönlich hat er mit seinem neuesten Werk geholfen einen regnerischen Nachmittag zu überbrücken.
Die seltene Gabe - Rezension von Erik Schreiber
Themenbereich "Phantastik für Kinder und Jugendliche"
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