Serie: Die Chronik der Drachenlanze, Teil 2 Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Nach den dramatischen Ereignissen in Teil 1 ("Drachenzwielicht"), in denen die Gefährten einen Drachen besiegten, eine ganze Stadt versenkten, göttliche Metallscheiben erbeuteten und hunderte von Gossenzwergen in den Tod trieben, sehnen sie sich nach einer Rast. Ihr Heimatdorf Solace hat ihnen bisher dieses Versprechen der Ruhe und Einkehr immer eingelöst - doch von nun an ist das nicht mehr möglich: Solace brennt! Die Draconier-Armeen des Drachenfürsten Verminaard haben die großen Dörfer Solace und Haven überrannt und weitgehend zerstört. Viele Menschen haben bei den Angriffen der Roten Drachen ihren Tod gefunden, der Rest wurde verschleppt und muss in den Minen des Drachenlords arbeiten. Der Halbelf Tanis und seine Freunde sind schockiert über das Ausmass der Vernichtung, beschliessen irgend etwas für die verschleppten Bewohner zu tun. Das Heft des Handelns wird ihnen jedoch recht schnell aus der Hand genommen, als man sie in Solace entdeckt und gefangen nimmt. Sie landen in der Sklavenkarawane, die sich in Richtung der weit im Süden liegenden Festung Pax Tharkas zuwendet, da man in den dortigen Erzminen immer frische Arbeitskräfte benötigt. Pax Tharkas liegt nicht unweit der Elfenmetropole Qualinost, und jedem der Freunde ist klar, das Lord Verminaard hier einen großangelegten Angriff auf die Elfen vorbereitet.
Auf der Reise begegnet die Karawane dem alten Magier Fizban, der sogleich in den Käfig zu den Gefährten gesperrt wird. Fizban bleibt das ganze Hörspiel über eine sehr undurchsichtige Persönlichkeit. Nie ist man sich ganz sicher, das der Alter genau das ist, was er zu sein scheint. Immerzu vermutet man, das hinter dem leicht senilen Charakter ein sehr mächtiger und alter Zauberer steckt - es gibt genügend Andeutungen, die dafür sprechen. Insgeheim hofe ich auf ein Wiederkehren Fizbans auch in späteren Drachenlanzen-Folgen, auch wenn die Handlung etwas anderes vorgibt. Gerade Fizban und der Kender Tolpan bilden ein wunderbar und herzergreifendes Team.
Tanis und der Rest der Gruppe können sich aus ihrem Käfig befreien, nicht ohne den dabei hilfreichen Angriff einer Elfengruppe, die unter der Führung von Tanis Stiefbruder Gilthanas eigentlich den Auftrag hat, Lord Verminaards Absichten zu erkunden. In Qualinost, das sich auf einen verheerenden Angriff der Drachen vorbereiten muss und seinem Untergang entgegensieht, trifft Tanis seine große Liebe Laurana wieder, die die nachfolgenden Ereignisse noch mehr verkompliziert. Man ist sich einig, Gilthanas bei seiner Mission zu begleiten, Verminaard in Pax Tharkas direkt anzugreifen, um die einzige Möglichkeit zu nutzen, einen Angriff auf Qualinost zu verhindern...
War man in "Drachenzwielicht" noch damit beschäftigt, die neue Welt, die Ausgangslage und die ganzen Protagonisten kennen zu lernen, sowie auf nach und nach dramatischer werdenden Abenteuer in das Universum der Drachenlanze eingeführt zu werden, so geht man in "Drachenjäger" sogleich in die Vollen. Die nunmehr bekannten Charakterisierungen der einzelnen Personen werden vorzüglich genutzt, um positiv oder negativ miteinander zu interagieren. Gerade das immerwährende Misstrauen um den Magier Rastlin ist hier hervorzuheben. Nie ist man sich ganz sicher, ob der Magier nicht eigenen Ziele nachgeht und dabei vielleicht auch den einen oder anderen Freund seiner eigenen Sache opfert. Auch die zwei Liebesbeziehungen zwischen Talin und Laurana, bzw. zwischen dem Barmädchen Tika und dem Kämpfer Caramon werden keinesfalls oberflächlich oder kitschig geschildert, sondern erfrischend ehrlich. Vor allem die Unbedarftheit zwischen Tika und Caramon ist sehr schön erzählt.
Gerade in der Festung Pax Tharkas laufen die Gefährten und ihre Geschichte zur Höchstform auf. Die oben schon erwähnte Beziehung zwischen Fizban und Tolpan, geheimnisvolle Elfenschwerter und bösartige rote Drachen beherrschen den Kopf des Zuhörers und lassen ihn nicht mehr los. Doch nicht nur ein Drache wohnt in Pax Tharkas, die Gestaltung des zweiten hat etwas tragischkomischgrauenhaftes...
Über sieben Stunden muss man aufbringen, um diesen zweiten Teil der "Chronik der Drachenlanze" zu geniessen. Sieben Stunden seines Lebens, die wunderbar angelegt sind, taucht man doch in ein liebevoll gestaltetes, unterhaltsames und sehr lebendiges Fantasy-Universum.