Serie: Hellblazer, Band 9 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
John Constantine konnte die Seele seine Schwester nicht retten. Zurück in der Welt der Lebenden, reist er nun in Gedanken an den Ort und in die Zeit seiner Kindheit, eine Zeit, in der er schon als Junge sein Talent zum Betrug entdeckte und damit Leid über einen anderen brachte, ohne dass es ihm selbst weitergeholfen hätte.
Nach dieser gedanklichen Zeitreise sucht er in London seinen ehemaligen Freund Chass und dessen Frau Norma auf, um sie halbherzig um Verzeihung für die Dinge zu bitten, die den beiden vom Dämon Nergal angetan wurden, nur weil sie Johns Freunde waren. Und das "Waren" ist wörtlich zu nehmen, denn Chass ist nicht in der Lage und nicht willens, John zu vergeben, öffnet ihm aber insofern die Augen, als er ihn als süchtig nach dem ganzen mystischen und menschlichen Dreck bezeichnet. Tatsächlich nimmt sich John Chass' Worte zu Herzen und entledigt sich zunächst seiner materiellen Vergangenheit, indem er seine magischen Besitztümer, die Ruinen seines Lebens, abfackelt. Anschließend, nach dem Begräbnis seiner Schwester, begibt er sich auf eine Feier des Tate-Clubs, einer Runde illustrer, egozentrischer, dekadenter Magier, die ihm seit seiner Rückkehr aus der Hölle mit einer Einladung als Gastredner in den Ohren gelegen haben, um ihnen die Verwerflichkeit ihres Tuns mit Feuer und Schwert vor Augen zu führen und sie seine Verachtung spüren zu lassen.
Auch wenn er es sich wünscht, lässt John der ganze magische Mist nicht los. Bevor er sein Hab und Gut in Flammen aufgehen ließ, stahlen drei jugendliche Junkies unter anderem einen verfluchten Armreif aus seinem Besitz, ein tödliches Artefakt, das John nun zurückholen will, da er sich verantwortlich fühlt.
Während das englischsprachige Tradepaperback "The Gift" die Hefte 207 bis 215 der Original-Serie beinhaltet, umfasst die Panini-Ausgabe 213 bis 215, 201 und 229, da die Nummer 207 bis 212 - also der Story-Arc "Down in the Ground Where the Dead Men Go" - schon im deutschen Hellblazer-TPB #8 erschienen.
Ich möchte die deutsche Editions-Politik nicht weiter bewerten, sondern lediglich anmerken, dass aus dem veröffentlichungschronologischen Verlagern des Artefakt-Diebstahls in # 201 hinter das Abfackeln von Johns Besitz in # 214 auf Grund der zeitlich isolierten, singulären Handlung von # 201 keine Anschluss- oder Plausibilitäts-Probleme erwachsen und damit diesem Vorgehen nichts entgegensteht.
Rein inhaltlich sind insbesondere die Ausgaben # 213 bis # 215, mit denen die "Mike Carey"-Hellblazer-Ägide vorerst ihr Ende findet, eine Art Trostpflaster für jene Fans, die mit John durch die Hölle gingen, denn endlich und endgültig ist der zynische, konsequente und saucoole Held, der John einst war, zurück, auch wenn er - möglicherweise - das eine oder andere Tränchen vergießt … oder ist es doch nur der Regen?
Das Artwork gestaltet sich auch diesmal sehr abwechslungsreich, wobei mir gerade Frazer Irvings einfacher, aber dennoch ausdrucksstarker Stil außerordentlich zusagt, da sich in den länglichen Gesichtern seiner Protagonisten, die gleichermaßen einen Hauch von Richard Corben und Edward Munchs "Der Schrei" atmen, Leiden und Zerrissenheit expressiv widerspiegeln. Zusammengehalten werden Frazer Irvings, Leonardo Mancos und John Paul Leons unterschiedliche Zeichenstile durch die gewohnt düstere Koloration Lee Loughridges.
Fazit: cool, actionreich, düster und schmutzig. Hellblazer, so wie er sein sollte.