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Eine Rezension von Judith Madera (Weitere Rezensionen von Judith Madera findet ihr hier auf fictionfantasy oder auf ihrer Website www.literatopia.de) |
Die Vision einer weißen Magierin treibt den jungen Zauberer Kyrian nach Rodinia. Einst unterlagen seine Vorfahren dort in einem schrecklichen Krieg den Magiern und wurden über die Grenzen jener Welt hinaus verbannt. Eintausend Jahre später ist für Kyrian die Zeit gekommen, Rodinia zurückzuerobern. Mit einer kleinen Gruppe treuer Gefährten segelt er über das Meer und verliert seine Männer noch bevor er Land gesehen hat. Kyrian gerät in Gefangenschaft, kann jedoch mit Hilfe des Bauernmädchens Mira entkommen. Einer jungen Frau mit schneeweißer Haut und ebenso weißem Haar. Ist sie etwa die Magierin aus seiner Vision? Und wie soll er allein eine Welt voller Magier erobern?
Die Rückkehr des Zauberers wirft seinen Protagonisten Kyrian und damit den Leser unmittelbar ins Geschehen. Noch ehe er Rodinia erreicht, muss er herbe Verluste verkraften und wird schnell zum Gejagten. Oftmals gelingt ihm die Flucht nur mit viel Glück oder unerwarteter Hilfe, oftmals aber auch dank seiner beachtlichen Zauberkräfte. Gleichzeitig begibt er sich durch seinen Rachefeldzug und seiner Faszination für Mira immer wieder selbst in Gefahr. Sein Handeln erscheint recht planlos, schließlich hat er anfangs keine Idee, wie er allein alle Magier auslöschen soll. Kyrian verfügt zwar über den meisten Magiern überlegene Kräfte, doch als Einzelkämpfer, noch dazu ohne Plan, erscheint er chancenlos.
Mira hingegen schliddert zufällig in die Geschichte hinein und wird bald von den Magiern benutzt, um den Zauberer zu finden. Sie ist ein eher stilles Mädchen und Opfer von Schikane, doch im Laufe der Geschichte taut sie etwas auf und entdeckt ihre aufmüpfigen und überschwänglichen Seiten. Dabei hilft ihr vor allem das Gauklermädchen Rahia, die pure Lebensfreude ausstrahlt und die schüchterne Mira ordentlich auf Trab bringt. Allerdings wird Mira dabei teilweise unglaubwürdig, denn sie wird in der ersten Romanhälfte als sehr ruhig und naiv dargestellt, betrinkt sich dann aber und zeigt sich manchmal erstaunlich schlagfertig. Das ist jedoch keine richtige Entwicklung, denn Mira fällt immer wieder in alte Verhaltensweisen zurück.
Rodinia versprüht reines Mittelalter-Flair gepaart mit verschiedensten Fantasywesen. Im Zentrum der Handlung stehen die Menschen und Magier, doch man begegnet auch allerhand anderen Kreaturen wie Feen, Zentauren oder Trollen. Diese stehen jedoch in der Hierarchie Rodinias weiter unten und werden von den Magiern als Diener benutzt und teilweise misshandelt. Überhaupt erscheinen einem die Magier arrogant und unheilvoll, schließlich unterdrücken sie andere Völker und ihr Magister und seine Lieblingsschülerin sind widerliche Sadisten. Die Charaktere sind teilweise stark überzeichnet, allen voran die meisten Magier, die dadurch leider ziemlich eindimensional wirken. Es gibt jedoch auch Ausnahmen.
In der ersten Hälfte nimmt sich Autor Laurence Horn viel Zeit, um seine Welt vorzustellen und sie für den Leser erlebbar zu machen. Man hat sich schnell in Rodinia eingelebt und Freude daran, die verschiedenen Landschaften und Städte zu entdecken. In der zweiten Romanhälfte geht allerdings vieles zu schnell. Manche Szenen wirken geradezu skizzenhaft heruntergeschrieben und viele Wendungen künstlich herbeigeführt. Das hohe Erzähltempo während des Finales führt zu Unstimmigkeiten und auch wenn bald klar ist, dass die Geschichte um Kyrian noch lange nicht zu Ende ist, so hätte man sich etwas mehr Geduld und Atmosphäre für die letzten Seiten gewünscht. Ein weiteres kleines Manko: In den Dialogen wird einerseits Wert auf eine mittelalterlich anmutende Sprache gelegt, andererseits benutzen viele Charaktere eher moderne Ausdrücke.
Das wunderschöne Cover stammt von Melanie Philippi (Phantagrfie: https://phantagrafie.wordpress.com/) und zeigt einen der Schauplätze des Romans. Bei der Gestaltung des Paperbacks zeigen die Papierverzierer Liebe fürs Detail und werden ihrem Namen wieder einmal gerecht.
Fazit
Rodinia – Die Rückkehr des Zauberers bietet eine spannende Mittelalter-Welt mit verschiedensten Fantasywesen, von denen viele mit der Herrschaft der Magier unzufrieden sind. Als der Zauberer Kyrian in Rodinia aufschlägt, gerät vieles durcheinander und eine nervenaufreibende Jagd beginnt. Anfangs nimmt sich Laurence Horn noch viel Zeit für die Ausgestaltung seiner Welt, doch mit zunehmender Seitenzahl holpert die Geschichte und erstickt in einem skizzenhaft umrissenen Finale, das den Leser auf den zweiten Band vertröstet.
Interview mit Laurence Horn (2017)