Reihe: Der Vampir von Benares, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
In einer dunklen Gasse in Benares wird ein Mann von mehreren Männern, denen er Geld zu schulden scheint, schwer zusammengeschlagen, beraubt und zum Sterben in einen alten, baufälligen Affentempel geworfen. Die Zeit vergeht, die Primaten nähern sich dem leblosen Körper und urplötzlich erhebt sich die Gestalt des Fremden, um sich am Blut der Affen gütlich zu tun.
Knapp anderthalb Monate später: der englische Reporte Mircéa J. Sparrow trifft in der Metropole ein, um auf Bitte seiner Freundin Anji ihren Vater, Deepak, zu finden. Der Gesuchte soll sich in einem Tea-Shop im Herzen der Altstadt aufhalten, einem chaotischen Ort, den er jedoch dank eines Führers, des kleinen, plietschen Babeloos, recht schnell findet. Doch noch bevor sie den Tea-Shop erreichen, zerreißt eine Bombenexplosion das Gebäude. Sparrow eilt in jenes Krankenhaus, in das die Verletzten gebracht worden sind; hier erwartet ihn schon Anji, von Deepak jedoch fehlt jede Spur.
Immerhin steigen die beiden nun gemeinsam in die Ermittlungen ein, unterstützt von einem Freund, und erfahren nicht nur etwas über die politisch-religiösen Spannungen zwischen der hinduistischen und muslimischen Gemeinde, sondern auch etwas über einen seltsamen Mann , einen Engländer namens Truffy, eben jenen Zusammengeschlagenen, der für zahlreiche blutige Morde in Benares verantwortlich zeichnen soll und der sich mittlerweile in Polizeigewahrsam befindet. Zudem erhalten sie eine Art Vermächtnis – ein Notizbuch und eine Halskette mit mystischer Symbolik - Deepaks, das ihnen im Falle seines Verschwindens ausgehändigt werden sollte. Schnell wird ihnen klar, dass Deepak ebenfalls in Sache der blutigen Morde ermittelte, für die er allerdings nicht alleine Truffy verantwortlich machte.
Trotz des vergleichsweise reißerischen Titels, des morbiden Front-Covers und der cthuloiden, zweiseitigen Zeichnung auf dem Vorsatzblatt, beginnt das Album nach einem kleineren mysteriösen Prolog als eher ruhige Detektivstory, die zunächst nicht nur Züge eines Reiseberichts trägt, sondern die insbesondere von der fremdartigen Atmosphäre einer exotischen Metropole geprägt ist. Ganz allmählich jedoch sickert das Unbekannte, das Grauen jenseits aller Exotik in die Handlung, wobei die Zusammenhänge und Phänomene zunächst nicht wirklich greifbar werden. Besonders positiv fällt auf, dass bislang weder der ausgelutschte europäische Vampir-Mythos, noch der Romantik-Horror pubertierender Emo-Girlies bemüht werden, sondern Bess augenscheinlich einen originelleren Story-Ansatz sucht.
In visueller Hinsicht bewegt sich Autor und Künstler Bess gekonnt zwischen einem realismusnahen Ansatz und einer zeichnerischen und kolorativen Reduktion auf das Wesentliche, auf die markanten, z.T. leicht überzeichneten Hauptfiguren und - vor allem - die Atmosphäre, die gerade in den nächtlichen Szenen sowie den Ansichten einer in weiten Teilen heruntergekommenen Stadt spürbar wird.
Fazit: Ein stimmungsvoller Einstieg in eine (noch) eher ruhige, aber dennoch von Rätseln, Geheimnissen und viel exotischem Lokalkolorit strotzende Geschichte. Empfehlenswert