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Serie/Zyklus: Takeshi Kovacs, Band 1
Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Takeshi Kovacs wird erschossen und erwacht um einen neuen Auftrag zu erfüllen, denn in Richard Morgans Welt haben die Menschen einen Weg gefunden, Bewustseinsinhalte aus einem toten Gehirn auszulesen, zu speichern und auf einen neuen Körper, der Sleeve (die Ähnlichkeit zu Slave - Sklave ist sehr groß) zu übertragen. Ein Sleeve kann ein geklonter Körper sein oder der Körper eines Deliquenten, der zu zig Jahren Haft im Stack verdonnert wurde.
Kovacs Auftrag nun ist sehr verzwickt. Er soll herausfinden, warum sein Auftraggeber Bankroft Selbstmord begangen hatte. Ihm ist sofort klar, dass dies ein besonderer Fall ist, denn Bankroft ist einer der reichsten Männer der Erde. Die Nachforschungen führen Kovacs immer tiefer in Intriegen und Machtspiele und letztendlich gerät sein eigenes Leben in Gefahr. Um den Fall abzuschließen muss Kovacs zu äußersten Mitteln greifen.
Der Roman, das Erstlingswerk von Richard Morgan, läßt sich am besten als Mischung aus Neuromancer und Kriminalromane der 30er vergleichen. Streckenweise läßt Morgan die Stimmung eines Film Noir aufleben und Kovacs ermittelt wie ein klassischer Schnüffler. In diesen Passagen ist der Roman wunderbar zu lesen und sehr interessant. Dann jedoch tobt sich der Protagonist in Gewaltorgien aus und legt einen fast schizophrenen Charakter an den Tag. Zuerst bläst er in einem Labor allen Mitarbeitern die Kopf weg, um zu verhindern, dass seine Anwesenheit publik wird und dann setzt er sich mit größten Risiko für die an den Rand gedrängten Existenzen der Gesellschaft ein. Das läßt sich schwer in ein Bild zusammenfügen.
Obwohl der Roman stilistisch gut verfasst ist, weist er zum Ende hin ein paar Schwächen auf. Zum einen verliert sich die Handlung zwischendurch in Nebenplots während vor Schluss sich die Ereignisse überstürzen und der Leser sich einiges Zusammenreimen muss, was nicht ausreichend erklärt wurde. Zum anderen hinterläßt der Schluss ein unbefriedigendes Gefühl. Die Lösung des Kriminalfalls konnte den erzeugten Erwartungen während des Romans nicht gerecht werden. Aber dass ist sicherlich Geschmackssache.
Das Unsterblichkeitsprogramm zeigt schöne neue Ansätze der SF auch wenn manches anderen Romanen entliehen ist. So verkommt der menschliche Körper zu einer Art Ware. Ein Mord ist letztendlich, sofern man nicht das Gehirn und die neurale Vernetzung zerstört, nur Sachbeschädigung. Dies ist eine sehr befremdliche Sichtweise.
Hätte Richard Morgan in der zweiten Hälfte des Romans eine ähnliche Sorgfalt walten lassen wie in der ersten Hälfte hätte ihn ein hervorragendes Werk gelingen können. So aber kam am Ende nur ein leicht überdurchschnittlicher Roman heraus. Aber Richard Morgan steht noch am Anfang seiner Karriere und wer weiss, was für Romane er uns noch präsentiert.
7 von 10 Punkten.
Dieser Roman ist die Vorlage zu der gleichnamigen Netflix Serie, die im Februar 2018 veröffentlicht wurde.
Das Unsterblichkeitsprogramm - Rezensionsübersicht
Besprechung im Literaturzirkel des SF-Netzwerk Forums - Kapitel 1 - 20 |
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