![]() | Serie: Das verlorene Paradies, Band 3 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Während der ehemalige Wächter seinen Weg gewählt hat, scheitert die Dämonin Anya mit ihrem Plan, die Seele Juliens, des wiedergeborenen Heilands, zu töten. Statt zur Retterin der Menschheit zu werden, muss Anya nun einen Kampf ausfechten, der in ihrer eigenen verdammten Seele stattfindet, und kann nicht mehr eingreifen, als sich der Junge anschickt, die Hölle endgültig zu zerstören.
Der Acker wurde bereitet, das Korn gesät, nun kann die Ernte beginnen. Nachdem in den ersten beiden Bänden Protagonisten eingeführt und die Hintergründe beleuchtet wurden, begeben sich die beiden Autoren, die sich hinter den Pseudonym Ange verbergen, hinein in die Mitte des epischen Konfliktes zwischen Himmel und Hölle, der die Pforten des Paradieses selbst zum Einsturz bringt.
Doch nicht nur Action ist das Anliegen Anges, auch die Entwicklung der beiden Hauptfiguren Anya und Gabriel schreitet voran. Beide durchleben eine Art Katharsis, werden von passiven Spielbällen von Mächten, deren Beweggründe sie entweder nicht durchschauen oder aber nicht gutheißen, zu Akteuren, die das Heft des Handelns selbst in die Hand nehmen.
Natürlich ist „Paradies“ kein wirklich philosophischer - und erst recht kein religiöser - Comic, sondern gehört in den Bereich der leichteren bzw. leicht verständlichen Comickunst; dennoch bieten Sätze wie „Wenn ein Teil des Himmels einstürzt, wird ein Teil der Hölle unter den Trümmern begraben“ [S.10] oder „'Luzifer' ist kein Name, es ist ein Titel.“ [S.46] in ihrer durch das Artwork unterstützten Metaphorik immer wieder Anlass, kurz im Lesen innezuhalten und über die Dualität von Gut und Böse oder die Definition des „Bösen“ nachzudenken.
Das eigentlich Fesselnde an diesem Comic ist jedoch nicht die Story, sondern das großartige Artwork Xaviers und Alexes. Etwas Lebendigeres, Dynamischeres und - in einzelnen Szenen - Monumentaleres hab ich bisher nur selten gesehen. Hier stimmt von der Anordnung und Form der Panels über die unterschiedlichen Perspektiven bis hin zur Wahl der klaren Farben einfach alles. Dank Xaviers Können hört man förmlich, wie ganze Welten in Trümmer stürzen, spürt das Zerbersten von Steinen und Stahl, erlebt die Verzweiflung auf der einen Seite und die Arroganz auf der anderen so intensiv, als säße man in einem Kinosaal.
Fazit: Das beeindruckende und hochdynamische Artwork sowie die fesselnde, epische Story machen diesen dritten Teil zum vorläufigen Höhepunkt der Geschichte.