Titel: Prometheus – Dunkle Zeichen Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
1979 schockierte Ridley Scott die Kinozuschauer. Er schuf mit Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt eines der berühmtesten Filmmonster der Kinogeschichte, ein Wesen ohne Furcht, ohne Gnade und schier übernatürlichen Überlebensfähigkeiten. Unübertroffen spielte Scott in diesem Film mit den Urängsten des Menschen, lies sein Monster kaum in Erscheinung treten, agierte aus dem Dunkeln heraus. Alien zählt ohne Zweifel zu den Höhepunkten des Science Fiction Films.
Als Fortsetzung und zugleich Gegensatz zum ersten Teil erschien 1986 mit Aliens - Die Rückkehr ein zwar ebenso beängstigender aber auch sehr actionlastiger Nachfolger. Über die zwei weiteren Fortsetzungen scheiden sich hinsichtlich der Qualität die Geister.
Als Ridley Scott die Ergänzung des Alien-Universums mit zwei Prequels ankündigte, war die Aufregung und die Vorfreude natürlich groß. Inzwischen wurde das furchterregenste Filmmonster außerirdischer Art nur noch als Jagdtrophäe in diversen Crossovers mit dem armen Predator mißbraucht und konnte seine wahren Qualitären keinesfalls mehr ausspielen. Doch kurz vor Veröffentlichung von Prometheus ruderte Scott zurück, sprach nicht mehr von einem Prequel, sondern von einem "Film mit Alien-DNA". Das diese Aussage nicht nur als Umdeutung des Stoffes verstanden werden kann, sondern auch als zweideutiger Hinweis auf den Inhalt des Filmes, erkennt man erst im Kinosaal.
Ridley Scott ist für berauschende Bilderfluten bekannt - eine Eigenheit, für die man ihn bewundert und die er auch sogleich in der Anfangssequenz von Prometheus einsetzt. Schon seit Jahren hat man im Kino nicht mehr solch beeindruckenden Landschaftsfahrten mehr gesehen, nach Neuseeland ist nun auch Island ins Blickfeld der Filmtouristen gerückt. Herrlich!
Ein großes, hünenhaftes menschliches Wesen steht am Rande eines riesigen Waserfalles und bereitet sich auf sein Opfer vor. Beobachtet wird das ganze von einem Raumschiff mit riesigen Ausmaßen. Das Wesen isst eine fruchtähnliche Substanz und zerfällt danach in seine Bestandteile. Aus den losgelösten DNS-Abschnitten formt sich das Leben auf der Erde.
Grandios - in so kurzer Zeit und gleichzeitig mit solch beeindruckenden, starken und klaren Bildern wurde die Schaffung der menschlichen Zivilisation bisher kaum geschildert. Ein würdiger Einstieg in den Film.
Viele Jahrhundertttausende später - 2089 - findet das Archäologenpaar Elizabeth Shaw (Noomi Rapace) und Charlie Holloway (Guy Pearce) in einer schottischen Höhle einen weiteren Hinweis auf etwas, das in der Frühgeschichte der Menschheit geschehen sein musste. Steinzeitliche Wandmalereien zeigen einen Riesen, der auf eine bestimmte Sternkonstellation weist. Ähnliche Darstellungen wurden auch bei den zeitlich und örtlich getrennten Zivilisationen der Maya, der Ägypter oder in Babylon gefunden. Der Weyland-Konzern finanziert eine Reise des Paares zum Mond LV-223 im Sternensystem von Zeta2 Reticuli, vier Jahre nach dem Fund in Schottland befindet sich nun das Raumschiff Prometheus mit 17 Besatzungsmitgliedern auf dem Weg in das 39,5 Lichtjahre entfernte Sonnensystem. Während die Besatzung im Kälteschlaf die Reisezeit überbrückt, kümmert sich der Android David (Michael Fassbender) um die Pflege aller Systeme. Am Zielort weckt er die Reisenden, die teilweise jetzt erst in das eigentliche Ziel der Expedition eingeweiht werden. Geführt wird die Maßnahme von Meredith Vickers (Charlize Theron), eine unterkühlt wirkende Angestellte des Konzerns.
Auf der Mondoberfläche erhoffen sich Shaw und Holloway Hinweise auf die Rasse der "Ingenieure", denen sie die Entstehung der Menschheit unterstellen. In ihrer Vorstellung reisten die Wesen durch das All und verteilten Leben auf verschiedenen Planeten. Jedoch irren sich die beiden grundsätzlich, was das Ziel der Ingenieure betrrifft. Sie irren sich gewaltig...
Die Story
Hier ist er nun. Der mythologische und thematische Unterbau der gesamten Alien-Saga. Was verbirgt sich hinter dem halbrunden Raumschiff, das in Alien erst in der längeren Directors Cut-Version ausführlich zu sehen war. Wer oder was ist der Space Jockey, das riesige Wesen mit Rüssel, das sich inmitteln einer gigantischen Halle auf einer Art Pilotensitz befindet? Woher stammen die Alien selbst? Auf all diese Fragen bekommt der gespannte Zuseher eine Antwort, auch wenn die ihm vielleicht nicht gefallen wird. Denn hinter der einfachen Geschichte von Alien verbirgt sich ein komplexes Thema, das selbst in Prometheus nicht ganz gelüftet wird. Liebhaber des Alien-Universums werden mehrmals schlucken müssen, denn ein Großteil ihres in den letzten Jahren auf Romane und Comics basierten Storygeflechtes wird mit diesem Film als Non-Canon erklärt. Und manch sehnlichst erwartete Antwort auf oft gestellte Fragen steht nicht im Vordergrund, sondern wird mehr oder weniger nebenher abgearbeitet.
Prometheus ist eine Mischung aus allen bisherigen Alien-Filmen: Grusel, Spannung, schnelle Action als auch religiös-mythische Themen werden angesprochen. Hierbei begeht das Drehbuch zur Freude des Rezensenten nicht den Fehler, den Film zu überlasten. Stattdessen bekommt man eine moderne, spannende und straff erzählte Geschichte. Eigentlich - das muss mal als Kritikpunkt anmerken, hätten dem Film ein paar Minuten mehr Laufzeit ganz gut getan.
Die Schauspieler
Im Vordergrund stehen natürlich Noomi Rapace, Guy Pearce, Charlize Theron und Michael Fassbender mit ihrem Spiel. Das bedeutet jedoch nicht, das die weiteren Protagonisten als Beiwerk fungieren. Zwar ist ihre Charakterisierung nicht so ausgeprägt, wie bei den Hauptdarstellern, man bemüht sich jedoch, eine jeweils glaubhafte Figur darzustellen. Herausragend spielen Michael Fassbender und Noomi Rapace. Letztere hat das Problem, in die berühmten Fusstapfen von Sigourney Weaver zu steigen, welche das Frauenbild in der Science Fiction bzw. im Horror in Alien grundlegend geprägt hat. Keinesfalls versucht Rapace ihre Kollegin zu kopieren - sie ist definitiv nicht Ripley. Elisabeth Shaw hat ihre eigenen Charakterzüge und das wird im Spiel von Rapace wunderbar gezeigt.
Allem voran steht jedoch die Darstellung des Andrioden David, gespielt von Michael Fassbender. Der künstliche Mensch verbringt die Wartezeit während der Reise der Prometheus mit dem erlernen fremder Sprachen und dem Ansehen alter Filme. Vor allem Lawrence von Arabien begeistert ihn, er ahmt Peter O’Toole in Äusserlichkeiten und Verhalten nach. Die dadurch gezeigte hochnäsigkeit des Charakters passt wunderbar zur vom Drehbuch verschriebenen doppelzüngigkeit des Androiden. Welchem Meister dient er wirklich? Welche Ziele verfolgt David und kann man ihm trauen? Grandios dargestellt!
Bild und Ton
Back to the Roots - so das Motto von Ridley Scott und zeigt und sehr eindrucksvoll, das prächtige Bilder, überzeugende Bauten und beeindruckende Darstellungen ausserirdischer Wesen nicht unbedingt nur aus dem Computer kommen müssen. Das digitale ist der Weisheit nicht letzter Schluss, das kann Scott jüngeren Filmemachern hier eindrucksvoll beweisen. So wurden in Prometheus Puppen verwendet, Bauten errichtet und mit Modellen gearbeitet. Wer den Film sieht, merkt den Unterschied zu einer digitalen Bearbeitung - es wirkt weitaus realistischer. Epische Bilderfluten mit Sandstürmen, Landschaftsüberflügen oder einem Raumschiffabsturz mit wow-Effekt begeistern den Zuschauer. Die dritte Dimension kommt gar nicht so sehr zur vollen Entfaltung, lediglich in den Hologramm-Szenen wirkt 3D als sinnvolle und gute Ergänzung. Der Rest des Filmes funktioniert auch ohne.
Die Musik von Marc Streitenfeld erinnert immer wieder etwas an das Thema aus Alien - schafft jedoch seinen eigenen Klangteppich und lässt den Sound als Ergänzung zu den Bildern wirken. Keinesfalls dominiert der Soundtrack - teilweise nimmt man ihn als eigenständigen Teil kaum wahr, so verflechtet sind die medialen Einflüsse.
Eine Aussicht...
Das soll es wohl nicht gewesen sein. Schon die ersten Gerüchte zu Prometheus sprachen von zwei Filmen, die die Vorgeschichte zur Alien-Saga erzählen. Während Prometheus dies allerdings nun im Alleingang macht, wäre eine Fortsetzung, dessen Möglichkeit klar geschaffen wird, kein Prequel mehr, sondern eine parallele Geschichte im entsprechenden Universum. Ob das dann allerdings den Massengeschmack trifft, kann ich nicht absehen, denn geliefert würde ein Film ohne Rückhaltenetz, ein klassischer Science Fiction-Streifen, der wohl kaum "Aliens" enthalten dürfte.
Fazit
Die Erwartungshaltung ist groß - so groß, das man eigentlich nur entäuscht aus dem Kino gehen kann. Die wahre Qualität des Filmes ergibt sich erst in der Nachbetrachtung oder beim zweiten Mal sehen. Hinter Prometheus steckt mehr, als es auf den ersten Blick wirkt. Ganz klar ist es ein Film für das Kino, auf der großen Leinwand können die Bilder von Scott ihre wahre Pracht entfalten. Prometheus ist eine Ergänzung zum Alien-Universum, kann aber problemlos auch eigenständig funktionieren. Überwiegend überzeugendes Ensemble, großartiges Setting und eine mitreissende Geschichte - ein Blockbuster, den man gesehen haben muss.