| Serie: Der schreckliche Papst, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Autor Jodorowsky erzählt uns in seiner aktuellen Alben-Reihe den Werdegang Giuliano della Roveres, eines Mannes, der sich als Papst Julius II. die Beinamen "Il terribile" (Der Schreckliche) oder "Maestro rovinante" (Meister der Zerstörung) erarbeitete und der von Martin Luther "Blutsäufer" genannt wurde.
Ihren Anfang nimmt die Geschichte mit dem Tod des Papstes Alexander IV., der am 18. August 1503 einer mysteriösen Krankheit zum Opfer fällt. Kardinal della Rovere ist zu dieser Zeit schon ein gestandener 60-jähriger, der sich mit Vorliebe amourösen homoerotischen Ausschweifungen hingibt und dessen junger Freund Aldosi nicht nur sein Geliebter, sondern auch sein Vertrauter und Handlanger ist.
Um direkt die Nachfolge Alexanders IV. antreten zu können, ist der Kardinal noch nicht reich genug, so dass er einen intriganten Umweg gehen muss: Er sagt dem greisen, steinreichen und hochparanoiden Franceso Picocolomini-Todeschini zum einen seine Unterstützung bei der bevorstehenden Papst-Wahl zu und stellt ihm zum anderen sexuelle Gefälligkeiten Aldosis in Aussicht, wenn ihn der kinderlose Alte im Gegenzug zum Erben einsetzt. Der Greis lässt sich auf das Spiel ein, da er vermutet, in seinem eigenen Haus auch zukünftig vor Mordanschlägen sicher zu sein.
Kurz darauf ist Picocolomini-Todeschini Papst - Pius III. - und einen Monat später tot. Giuliano della Rovere besitzt nun genug Geld, die Stimmen der Kardinäle zu kaufen, muss allerdings noch seine nicht minder reichen Mitbewerber ausstechen. In geradezu brillanter Manier gelingt es ihm, die spanischen und französischen Gesandten gegeneinander auszuspielen, um daraufhin den Heiligen Stuhl in Rom zu besteigen.
Ohne zu zögern, entledigt er sich weiterer Widersacher - unter anderem Cesare Borgias -, versichert sich der Unterstützung Machiavellis und hievt seine sinistren Familienmitglieder in Schlüsselpositionen, auf dass seine Herrschaft beginne.
Da sich viele Werke - egal welchen Sujets - des 1929 in Chile geborenen künstlerischen Multitalents Alejandro Jodorowsky grundsätzlich durch eine gewisse Gravität und Ernsthaftigkeit auszeichnen, verheißt allein sein Name niveauvolle Unterhaltung. Und tatsächlich ist dem Autor mit "Giuliano della Rovere" nicht nur ein hochspannender, authentischer Historienthriller gelungen, bei dem die Grenze zwischen Fiktion und Realität für den Laien kaum erkennbar ist, sondern auch das opulente Sittengemälde einer vergangenen Epoche, wobei der Hauptfokus hier zwar auf dem ausschweifenden Leben des gehobenen, katholischen Klerus liegt, aber auch das "einfache" Volk Beachtung findet.
Geradezu brillant ist das Artwork, und zwar sowohl in Zeichnung als auch Koloration. Theo lässt in hochrealistischen Bildern die Renaissance auferstehen, widmet sich Menschen, Accessoires und Architektur mit geradezu dokumentaristischer Akribie und schafft es dennoch, visuell spannende Bildfolgen und Perspektiven zu generieren, der Dokumentation also Leben einzuhauchen. Sébastien Gérard wiederum sorgt mit seinen Farben, bei denen diverse warme Braun- und Rottöne dominieren, für die passend schwülstig-opulente, respektive dekadente Atmosphäre.
Fazit: ein Wort: großartig!!! So macht Geschichte auch dem größten History-Thriller-Hasser Spaß.