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Serie/Reihe: Tim und Stuppi - Band 2 - 4
Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Nach dem ersten Band der Sammlerausgabe, der wegen des großen Umfangs der Geschichte „Tim im Lande der Sowjets“, werden alle weiteren Ausgaben nun immer drei Farbalben enthalten.
Tim in Amerika
Ähnlich wie bei den voran gegangen Abenteuern handelt es sich bei dem dritten Abenteuer von Tim und Struppi wieder um eine Geschichte ohne wirkliche roten Faden. Tim fährt nach Amerika und legt sich schnell mit der Mafia an. Das wirkt etwas klischeehaft, aber man darf nicht übersehen, dass diese Geschichte im Jahre 1931 erschienen ist, also zu jener Zeit, als Al Capone in Amerika als Führender Mafioso Angst und Schrecken verbreitete. Die Geschichte an sich ist witzig erzählt, wie man es von Hergé gewohnt ist. Immer wieder vereitelt der eifrige Reporter die Mordpläne der Mafia und schlägt seine Häscher. Man darf über den Einfallsreichtum stauen und auch darüber, dass sich der Zeichner und Autor bereits damals mit viel Talent hervor tat, denn die irrwitzigen Wendungen und Pointen sind auch heute noch gute zu lesen.
Die Zigarren des Pharaos
Tim befindet sich auf einen Passagierschiff auf den Weg nach China, als ihm ein sehr zerstreuter Professor auffällt der glaubt den Standort des Pharaos Kih-Oskh identifiziert zu haben. Die Spur führt jedoch zu einem Lager einer international agierenden Rauschgifthändlerring. Schon bald gerät Tim in die Hände der Verbrechter, doch Tim findet stets einen Ausweg. Fest entschlossen die Hintermänner ausfindig zu machen, führt die Spur Tim durch Arabien nach Indien, doch den Kopf der Organisation kann er nicht identifizieren, denn im dramatische Höhepunkt stürzt der Widersacher von einer Klippe in den scheinbaren Tod.
Die Geschichte besticht durch viele phanasievolle Szenen, die von Hergé beeindruckend in Szene gesetzt werden. Als Beispiel für die Meisterhaften Zeichnung sei das obige Bild angeführt. Mir viel wieder auf, wie stark mich diese Geschichte in meiner Kindheit beeindruckt hatte. Es kommt nur sehr selten vor, dass ein hervorragender Zeichner ein noch besserer Geschichtenerzähler ist. Erwähnt sei noch, dass die beiden trotteligen Ermittler Schultze und Schultze in diesem Abenteuer ihren ersten Auftritt hatten.
Der blaue Lotus
Noch immer ist Tim beschäftigt, den Rauschgiftring vollkommen aufzudecken. Mit einem Gift, das permanente, geistige Verwirrung verursacht, werden Zeugen ausgeschalten und somit ist es schwer in dieser Sache voran zu kommen. Da auch Freunde betroffen sind, ist Tim wild entschlossen, das Gegenmittel zu finden. Die Rauschgiftorganisation jedoch hat Tim bereits unter Beobachtung und plant bereits Anschläge auf sein Leben. In der von Japan besetzten Teil Chinas (die Mandschurei - die Geschichte entstand 1934) findet Tim in der Opium Höhle „Blauer Lotus“ den entscheidenden Hinweis auf die Drahtzieher der Verbrecherbande.
Der Inhalt dieser Geschichte zeigt in vielfältiger Weise, wie alt die Abenteuer von Tim und Struppi sind. Als Beleg sei das folgende Bild angeführt, dass eine sehr gelungene Straßenszene in Schanghai zeigt. Man sieht auch, dass der Stil noch nicht so ausgereift war, wie in der Umsetzung des Vorgängerbandes, bei dem die Farbumsetzung erst später erfolgt. Um vieles zu verstehen muss man die Geschichte kennen und bei diesem Band spielt das eine doppelte Rolle. Beachtenswert ist, dass die Darstellung von China im Vergleich zu der Darstellung Russlands, Amerikas und des Kongos recht objektiv war. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass er zu dieser Zeit eine Enge Freundschaft zum Kunststudenten Tschang Tschong-Jen unterhielt, der ihn vieles über China berichtete.
Die vorliegenden Ausgaben sind die der Albumreihe. Damit sind dies die überarbeiteten Farbfassungen aus den Jahren 1973, 1974 bzw. 1983. Allerdings stammte die ursprüngliche, in weiten Teilen auch nur geringfügig geänderte, erste Farbfassung aus den Jahren 1946 bzw. 1955 (Die Zigarren des Pharaos). Das erklärt auch, warum diese Fassung so viel besser ist als die anderen beiden Geschichten der Ausgabe. In den knapp 10 Jahren hatte Hergé seinen Stil vollständig entwickelt und auch die Comickunst an sich hatte sich weiterentwickelt. Im direkten Vergleich der drei Comicalben wird das nur zu offenbar. Und man sieht nun auch Hergés Meisterklasse. Die Geschichten sind detailreich illustriert und die einzelnen Seiten bestechen durch eine durchgängig sehr gelungene Aufteilung und einer dezenten, sehr klaren Kolorierung. Ich bin überzeugt, Hergé wäre auch ein hervorragender Grafiker oder Künstler geworden – das sieht man schon an den Covergrafiken der einzelnen Alben, den fast jedes war ein Meisterwerk mit einem sehr hohen Wiedererkennungswert. Leider – und das ist eigentlich vollkommen unverständlich – wurden die Coverbilder der einzelnen Comicalben nicht abgedruckt. Über diesen Umstand tröstet der sehr konkurrenzfähige Preis der Ausgabe nicht vollständig hinweg. Das gleiche gilt für das Fehlen jeglichen sekundärliterarischen Materials.
Aber gut, der Sinn dieser Ausgabe scheint das Anbieten einer günstigen Tim und Struppi Gesamtausgabe zu sein und mit 16,90 Euro ist dies gelungen, zumal der Band mit stabilen Hardcover Einband geschützt wurde. Da würde natürlich alles, was den Umfang erhöht den Preis steigern. So gesehen eine logische und konsequente Entscheidung. Und die Covergrafiken habe ich hier nun am Ende noch angezeigt. So kann sich jeder, der die Reihe nicht kennt ein Bild machen.