9 Fragen an Helmuth W. Mommers

Helmuth W. Mommers (*1943) wurde in den sechziger Jahren als Illustrator, Übersetzer, Literaturagent, Herausgeber von neun Anthologien und als Autor bekannt. 2002, nach fünfundreißig Jahren Tätigkeit in anderen Berufssparten, meldete er sich im Literaturbereich erfolgreich zurück. Neben seinem Sammelband Sex, Love, Cyberspace, erschienen Erzählungen in c't, Phantastisch!, Alien Contact und nova. Mit der ambitionierten und sehr guten Anthologiereihe Visionen (seit 2004) und der Kurzgeschichtenrubrik des Magazins Space View ist er auch wieder herausgeberisch tätig.

Für Fictionfantasy.de sprach Ulrich Blode mt Helmuth Mommers.

Blode: Was bedeutet für Sie "Science Fiction"?

Mommers: Spekulation, Gedankenspiel, Fabulieren über What if? - Was wäre wenn? Es begeisterte mich in meiner frühen Jugend, es bereitet mir noch heute großen Spaß! Es war einmal "mein Leben", für einige Jahre machte ich die SF zu meinem Beruf, jetzt kehre ich heim in die Welt meiner Erinnerungen und fülle sie neu aus. Nur der Sense of Wonder ist mir (fast) abhanden gekommen, den versuche ich dafür der jüngsten Generation zu vermitteln.

Blode: In den sechziger Jahren waren Sie bereits als Autor, Übersetzer und Literaturagent (zusammen mit Arnulf D. Krauß und Kurt Luif) tätig. Welche Bedeutung haben die Autoren von damals jetzt noch? Immerhin waren darunter so bekannte Schriftsteller wie Daniel F. Galouye, Isaac Asimov und Frederik Pohl.

Mommers: Für mich haben sie - allen voran Sheckley, Galouye, Dick, Bester, van Vogt - als Kurzgeschichtenautoren immer noch große Bedeutung - nämlich als Vorbilder für meine eigenen Erzählungen. Ich liebe diese knackigen, pointierten Ideen-Stories. Was nicht heißt, dass ich nicht mindestens ebenso Theodore Sturgeon und Cordwainer Smith verehre! - Nur, ich könnte, selbst wenn ich wollte, solche Geschichten nicht schreiben.

Blode: Wie hat die Zeitschrift Space View anfangs auf Ihre Idee einer Kurzgeschichtenrubrik reagiert?

Mommers: Im April 2003 habe ich mein Projekt eingereicht und bin damit auf spontanes Interesse gestoßen. Es vergingen aber noch anderthalb Jahre für Nachfassaktionen und Überzeugungsarbeit bis zum Startschuss und ein weiteres halbes Jahr für Akquisition, Auswahl, Lektorat und Satz bis zum Erscheinen der ersten Story.

Blode: Wie wurde die erste Geschichte "ALI" von Malte S. Sembten (enthalten in Space View 3/05) von den Lesern aufgenommen?

Mommers: Es ist noch zu früh für eine Aussage. Die Story ist erst am 27.4. erschienen; bis heute erreichten mich gerade mal eine Handvoll Kommentare, die kaum repräsentativ sind für ca. 30 000 Leser.

Meine Aufgabe als Story-Redakteur ist es, jedem - mehr oder weniger - gerecht zu werden: den zumeist jugendlichen Lesern (70% sind zwischen 16-30) wie auch den älteren, den zumeist weiblichen (55%) wie auch den männlichen. Außerdem muss ich einen Themenmix anstreben. Da jede Story eher eine Zielgruppe anspricht als die Gesamtheit der Leser, erwarte ich eine gemischte Reaktion, dafür aber eine allgemein positive Aufnahme dieser neuen Einrichtung.

Vorerst bin ich auf zwei Druckseiten beschränkt, was wenig Entfaltungsspielraum lässt. Aber ich bin zuversichtlich, dass mir der Verlag bei entsprechendem Zuspruch bis zu 4 Seiten bewilligt, gemäss meinem ursprünglichen Projekt.

Die Stories für 2005 (inkl. Ausgabe Ende Dezember) stehen fest:

3/05 KI/Romantik (weibl. Protagonist)
4/05 Space Action
5/05 KI/Humor (weibl. Protagonist)
6/05 Alien Horror Action
1/06 Space Mystik (weibl. Protagonist)

Blode: Welche weiteren Autoren werden in der Space View vertreten sein?

Mommers: Der Reihe nach beginnend mit Malte S. Sembten: Andreas Gruber, Uwe Hermann, Jörg Isenberg, Jan Gardemann - etablierte Autoren, die bereits in den Visionen 2004 vertreten waren.

Für 2006 ist noch alles offen; die Akquisition (ich konzentriere mich dabei auf ausgewählte Autoren) läuft ab September.

Blode: Warum nur deutschsprachige Autoren?

Mommers: Natürlich wäre es viel einfacher, aus dem großen Reservoir der angloamerikanischen SF zu schöpfen. Aber das kostet mehr; allein die Übersetzungsgebühren würden das Budget ausschöpfen - und derzeit ist die Verlagslandschaft nicht auf Rosen gebettet.

Außerdem ist es mir ein persönliches Anliegen, die deutschen Kurzgeschichten-Autoren zu fördern.

Blode: Ihre Kurzgeschichte "Habemus Papam" (in Alien Contact Nr. 64) erschien pünktlich zu der Wahl des Papstes Benedikt XVI.. Die Geschichte entstand jedoch früher. Wann war das?

Mommers: Die habe ich im Juli 2003 geschrieben mit dem Ziel, sie unmittelbar nach dem Hinschied von Papst Johannes Paul II. zu veröffentlichen. Also lag sie fertig lektoriert in "Wartestellung". Alien Contact war als Online-Magazin die ideale Plattform, und tatsächlich erschien sie 3 Stunden nach Verkündung des neuen Papstes im Netz und ist hier zu lesen:
http://www.epilog.de/PersData/M/Mommers_Helmuth_W/Texte/Habemus_papam_Story_AC065

Frühjahr 2006 wird sie im Alien Contact Jahrbuch 2005 in gedruckter Form erscheinen.

Blode: ...und aus welchem Grund haben Sie diese geschrieben?

Mommers: Ach, ich hatte da keine tiefsinnige Aussage vor Augen. Papst Johannes Paul II. war schon damals alt und schwer krank, und es war abzusehen, dass er bald von seinem Herrn gerufen würde. Das brachte mich auf die Idee, ein weit in der Zukunft liegendes Szenario zu entwickeln, dass einerseits die Unbeweglichkeit der starr in Traditionen verhafteten Kirche zeigte, andererseits aber auch die absolute Notwendigkeit, sich den zukünftigen Konfrontationen mit KI und Aliens zu stellen und eine Antwort darauf zu finden. So mixte ich Kritik mit Hoffnung und einem Schuss Ironie mit Witz.

Blode: Wird es weitere Projekte geben oder sind Sie mit Space View, Visionen und eigenen Geschichten im Moment ausgelastet?

Mommers: Ich bin neuen Projekten gegenüber immer aufgeschlossen. Als jemand, der sich früh ins Privatleben zurückgezogen hat, habe ich jede Menge Zeit, mich wieder meinem Hobby zu widmen - obwohl, ich gestehe es, die Herausgabe der Visionen und die Story-Redaktion von Space View außerordentlich zeitraubend ist... Natürlich kommen dabei die eigenen Erzählungen zu kurz. Aber Hauptsache es macht Spaß!

Blode: Vielen Dank für das Gespräch.

(12.-14. Mai 2005)

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