Titel: Freakangels, Band 1 |
Vor 23 Jahren wurden in England zur exakt gleichen Zeit 12 seltsame Kinder geboren.
6 Jahre später ging die Welt unter.
Dies ist die Geschichte der Dinge, die danach geschahen.
Mit diesen drei Sätzen leitet Autor Ellis sein post-apokalyptisches Endzeit-Szenario ein.
11 der 12 Kinder, die sich durch besondere mentale Fähigkeiten vom Rest der Menschheit unterscheiden, haben sich zu einer mehr oder weniger losen Gang – den Freakangels – zusammengeschlossen, den Londoner Stadtteil Whitechapel zu ihrem Territorium erklärt und wachen über die Menschen, die hier leben.
Eines Tages taucht in den Straßen ein junges Mädchen mit einer Schrotflinte auf, fordert lautstark Rache für ihre toten Brüder und bedroht Connor, einen der Freakangels, mit ihrer Waffe. Schnell stellt sich heraus, dass das Mädchen – Alice – vom totgeglaubten und verstoßenen Zwölften im Bunde, Mark, gesandt wurde, der nicht nur ihre Familie auslöschte, sondern ihr auch Mordgedanken in das Gehirn pflanzte. Zwar gelingt es Connor mit Hilfe der anderen, das Mädchen zu dekonditionieren, aber nun ist den Freakangels klar, dass ihr verstoßener Bruder noch lebt und ihnen Böses will.
Und der Gruppe droht nicht nur Gefahr von dieser Seite, auch rivalisierende Banden aus anderen Stadtteilen sowie – vor allem – interne Streitigkeiten und Feindschaften drohen den brüchigen Frieden Whitechapels zu zerstören.
Auf den ersten Blick lässt das Cover dieses ersten Freakangels-Tradepaperbacks zwar unwillkürlich Assoziationen an FASAs gutes altes Crimson Skies aufkommen, aber schon wenige Seiten belehren einen, dass die beiden Settings so gut wie nichts gemein haben. Der auf dem Backcover des TPB in Aussicht gestellte Steampunk-Stil lässt sich zwar mit viel gutem Willen auch bei Freakangels erkennen, aber tatsächlich spielt Technik eine geringere als unbedeutende Rolle. Im Mittelpunkt der Story stehen ganz die Figuren mit ihren Fähigkeiten, mit ihrer Weltsicht und ihren Posen sowie vor allem mit ihren komplizierten Beziehungen zueinander. Das zweite bedeutsame Moment der Geschichte ist das Geheimnis: Weder erfährt der Leser, was die Welt untergehen ließ und welches der Beitrag der Kinder an dem Ereignis war, noch erfährt er, wer oder was Mark 'wirklich' ist, warum er ausgestoßen wurde und ob er das Monster ist, als das ihn die anderen sehen, denn bei Lichte betrachtet sind die elf Helden alles andere als altruistische, gute Menschen. Generell liegt die Welt außerhalb Whitechapels im Dunkel, so dass die Geschichte insgesamt von einer geradezu klaustrophobischen Atmosphäre gekennzeichnet ist, einer Atmosphäre, in der die Figuren mehr oder weniger in Abneigung umeinander kreisen und immer wieder durch Störeinflüsse des unbekannten Außen zur Kooperation gezwungen werden.
Die intensive, beklemmende Stimmung wird durch das grandiose Artwork Duffields perfekt unterstrichen. Erstens folgt der Künstler im Seitenaufbau einem sehr formalen, strengen Ansatz, indem er die Seiten generell in vier gleichgroße Panels einteilt und diese Einteilung nur an wenigen Stellen dadurch durchbricht, dass er entweder jeweils zwei Panels in der Waagerechten zu einem zusammenfasst oder ein ganzseitiges Panorama-Bild zwischenstreut. Dadurch erhalten die Bilder einen distanziert-plakativen Charakter, der durch die sehr kühle, von kalten, hellen Tönen dominierte Koloration nochmals verstärkt wird. Der Duktus der Zeichnungen selbst ist sehr klar; präzise feine Striche grenzen die Bildelemente gegeneinander ab, wobei Duffield kaum mit Schraffuren und tiefen Verschattungen arbeitet. Leicht verfremdete Gesichter mit schmalen, ausdrucksstarken Augen und tendenziell kantigen Zügen sowie schwingende, freihändig gezeichnete Linien verleihen Figuren wie Gebäuden einen vage surrealen Anstrich und scheinen in ihrer Leichtigkeit das strenge Seitenlayout sachte zu konterkarieren.
Fazit: Eine gleichermaßen beklemmende, wie spannende und mysteriöse Story, hochinteressante Charaktere sowie ein elegantes, cooles, visuell spannendes Artwork machen Freakangels zu einem echten Highlight im Panini-Verlagsprogramm. Uneingeschränkt empfehlenswert.