Christoph Hardebusch wurde 1974 in Lüdenscheid geboren, besuchte das Bergstadt Gymnasium, machte 1994 Abitur, studierte zunächst Betriebswirtschaftslehre in Marburg, wechselte dann aber zu Germanistik, Anglistik und Geschichte. Danach wurde er zunächst freier Werbetexter. Sein großes Interesse an Fantasy, S&F und Geschichte führte in schließlich zum Schreiben, dem er sich seither ausschließlich widmet. Inzwischen ist er verheiratet und lebt mit seiner Frau in Heidelberg.
Ein Beitrag von Erik Schreiber
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Erik Schreiber:
Da du dich oben ein wenig vorgestellt hast, muss ich hier nicht diese obligatorische Frage stellen, ob du dich vorstellen willst oder kannst. Stattdessen möchte ich dich bitten, deine Helden einmal vorzustellen.
Christoph Hardebusch:
Meine Helden sind Trolle: groß, nicht besonders nett, mit schlechten Manieren und schwierigen Essgewohnheiten. Auf den ersten Blick kein gutes Heldenmaterial, aber mir sind sie sehr ans Herz gewachsen.
Erik Schreiber:
Wie lerntet ihr euch kennen? Die Trolle und du? War es "Liebe ab dem ersten Wort"?
Christoph Hardebusch:
Die Trolle haben sich aus einem Nebenaspekt heraus zu den wichtigsten Figuren entwickelt. Zunächst habe ich etwas Abstand gehalten; der Geruch allein sorgt schon dafür. Im Laufe der Zeit sind wir uns aber sehr viel näher gekommen und haben schließlich die Geschichte übernommen.
Erik Schreiber:
Beim ersten Band hatte ich den Eindruck, die Trolle seien irgendwie fertig in die Welt getreten. Als hätten sie eine andere Vorherbestimmung gehabt. Täusche ich mich da?
Christoph Hardebusch:
Tatsächlich existierten die Trolle bereits vorher, in einem anderen Text. Aber ihre wahre Größe konnten sie erst in diesen Geschichten entfalten.
Erik Schreiber:
Deine Trolle haben ja keine Ähnlichkeiten mit den nordischen Trollen, sondern eher mit den nicht sehr umgänglichen, meist hirnlosen Typen der Rollenspielszene. Aber sie sind doch etwas, na, sagen wir - eigenwilliger?
Christoph Hardebusch:
Sie haben die Angewohnheit, anderen ihren Willen aufzuzwingen - auch mir. Sie sind sehr massiv und lebendig, da fällt es schwer, sie anders darzustellen, als sie sind. Auch wenn das Gerücht sich hartnäckig hält: Dumm sind sie nun wirklich nicht. Sie gehen ihre eigenen Wege, tief unter der Welt, deswegen wirken sie manchmal schwer verständlich.
Erik Schreiber:
Welche Eigenschaften wolltest du ihnen mitgeben, und auf welche hast du bewusst verzichtet?
Christoph Hardebusch:
Trolle sind ja gemeinhin ein eher negativ besetztes Völkchen; Attribute wie dumm, brutal und hässlich fallen einem zu ihnen ein. Ich wollte aber ein lebendiges, komplexes Volk erschaffen, das durchaus Gründe für seine Verhaltensweisen hat. Ich habe mich an klassischen Trollen orientiert, das bedeutet, sie sind groß und stark. Sie sind gewalttätig und gefährlich, aber es gibt auch noch mehr Facetten an ihnen zu entdecken. Sie besitzen Ehre und Stolz, ein Gemeinschaftsgefühl. Keineswegs sind sie dumm, auch wenn sie den Menschen in den Büchern immer etwas simpel erscheinen. Ihre Umwelt hat sie geprägt; der ständige, harte Kampf ums Überleben ihre Weltsicht geformt.
Erik Schreiber:
Hattest Du Dir überlegt, die Erzählung nur aus der Sicht der Trolle zu schreiben? Warum hast du es nicht gemacht?
Christoph Hardebusch:
Mir erschien es besser, die Trolle durch die Sicht der Menschen zu beschreiben, um ihre Fremdartigkeit und den eigenen Charakter zu erhalten. Vermenschlichte Wesen gibt es nun wirklich genug. Und auch durch die Außensicht kann man die Welt korrekt porträtieren.
Erik Schreiber:
Wann hast du mit dem Schreiben begonnen?
Christoph Hardebusch:
Eigentlich schreibe ich schon eine lange Zeit. Aber das waren niemals Texte, die für eine Veröffentlichung gedacht waren, sondern nur für mich und enge Freunde. Der Gedanke, mein Geschreibsel der Öffentlichkeit zu präsentieren, lag mir eher fern. Zum Glück war ich privat mit den Agentinnen von Schmidt & Abrahams befreundet, die meine Texte gut fanden und mich fragten, ob ich mir nicht vorstellen könnte, meine Texte zu veröffentlichen.
Erik Schreiber:
Wie kam es zur Geburt deiner Trolle?
Christoph Hardebusch:
Meine Agentur und ich haben zusammen ein Konzept entwickelt, das wir Heyne vorgestellt haben. Die Trolle waren ein Aspekt dieses Konzepts, und die Lektoren bei Heyne fragten, ob ich mir vorstellen könne, ein reines Troll-Buch zu schreiben. Darüber musste ich ein wenig nachdenken, denn das bedeutete natürlich, dass ich den allergrößten Teil meiner Arbeit beiseite legen und ein komplett neues Konzept erstellen musste. Aber letztendlich gefiel mir die Idee, so dass ich ja sagte und mich an die Ausarbeitung machte.
Erik Schreiber:
Sten und seine Zwillingsschwester Flores hast Du sehr unterschiedlich dargestellt. Wenn ich Vergleiche ziehen sollte, dann wäre Sten `Robin Hood’ und Flores wäre die Holde Jungfer, die ihm freundschaftlich - liebend verbunden ist, wenn es nicht die eigene Schwester wäre.
Christoph Hardebusch:
Holde Jungfer? Das würde Flores gar nicht gefallen (lacht). Sten ist tatsächlich ein von seinen Zielen überzeugter Rebell; auch wenn er manchmal am Krieg an sich zweifelt. Flores ist widersprüchlicher, aber durch die enge Verbindung der beiden seit ihrer Kindheit, als sie ihre Eltern verloren, steht sie schlussendlich dennoch zu ihrem Bruder. Auch wenn sie ihn für verrückt hält...
Erik Schreiber:
Deine Rebellen erinnern mich ein wenig an die alten Tiroler und ihren Freiheitskampf in den Alpen. Hattest Du diese zum Vorbild erhoben? Und Tirol selbst als Wlachkis das `Land zwischen den Bergen’? Bei einem unvoreingenommen Blick auf die Karte und den Begriff Sorkaten kommen mir aber eher Rumänien und die Karpaten als Begriffe in den Sinn.
Christoph Hardebusch:
Freiheitskämpfe hat es im Laufe der Geschichte zahllose gegeben, an denen ich mich orientieren konnte. Krieg, Eroberungen, Besatzungen und die damit einhergehenden Gräuel sind universell. Bei vielen Dingen habe ich mir meine Inspiration tatsächlich im Osten Europas geholt. Einerseits, weil mir die Pfade dort nicht so ausgetreten erschienen, andererseits, weil mich die klassische Darstellung in den Vampirgeschichten fasziniert hat. Meine Welt sollte düsterer sein, gefährlicher, erdiger.
Erik Schreiber:
Wird es weitere Erzählungen in diesem Land geben?
Christoph Hardebusch:
Momentan ist nichts geplant. Für einen weiteren Band fehlt mir die zündende Idee, und ich will nicht nur deshalb nach Wlachkis zurückkehren, weil es erfolgversprechend wäre. Aber ich schließe nicht aus, dass mich noch einmal ein Aspekt der Geschichte, der Welt oder der Figuren packt und an den Rechner zwingt.
Erik Schreiber:
Hattest Du eigentlich Einfluss auf die Gestaltung des Buches, das Titelbild und die Karte?
Christoph Hardebusch:
Wenig. Da das Buch in der losen Serie bei Heyne und Piper erscheinen sollte, stand die grundlegende Gestaltung des Covers mit der Waffe schon fest. Die Art der Waffe habe ich gemeinsam mit Heyne anhand der Ereignisse im Buch ausgesucht. Zum Glück wurden beide Cover von Thomas von Kummant gezeichnet, der wirklich tolle Bilder entwirft.
Die Karte habe ich vorgezeichnet, dann hat Andreas Hancock sie anhand meiner Skizzen gezeichnet. Allerdings würde man das nicht glauben, wenn man meine Kritzeleien mit den wunderschönen Endergebnissen vergleicht.
Erik Schreiber:
Was hast du als nächstes geplant?
Christoph Hardebusch:
In Bälde wird ein Abenteuer-Spielbuch, das ich gemeinsam mit einem guten Freund und talentierten Schreiber geschrieben habe, zu den Troll-Büchern bei Pegasus erscheinen.
Ansonsten sitze ich gerade an dem Auftaktband einer Trilogie, der Anfang 2008 erscheinen soll. Es wird sich um Fantasy handeln, jedoch mit einem dezidiert nautischen Hintergrund, also weniger 'klassisch' als die Troll-Bücher.
Erik Schreiber:
Wir könnten uns noch stundenlang mit Christoph unterhalten, doch jetzt mal zu den eigentlichen, wirklichen Helden des Lebens. Hallo Pard, wie geht es dir nach diesen beiden Abenteuern?
Pard:
Ich musste eine Menge durchmachen. Viel Kampf, aber das ist gut. Wir Trolle sind Kämpfer. Die besten, die es gibt! Meine Geschichte steht an den Wänden der Welt. Und in diesen Buchdingern, die der Halbzwerg so gerne mag.
Erik Schreiber:
Mein lieber, gut genährter Pard, es ist ja in Ordnung, wenn Du in den Sessel pupst, auch wenn die Fliegen inzwischen tot von der Wand fallen, aber nimm die Füße von meinem Tisch. Und da das nun geklärt ist, wie fühlt man sich so als Held? Erhältst Du die Anerkennung, die dir zusteht, oder heimst die Christoph ein?
Pard:
Anerkennung ist für Menschen. Gefürchtet werden ist für Trolle. Aber ich habe eine Menge Fans. Schwache Menschen sehen eben gerne zu starken Trollen auf. Das ist gut so. Ich denke, von mir kann man viel lernen.
Erik Schreiber:
Bist Du mit Deiner Rolle als Bösewicht und Kinderschreck eigentlich einverstanden oder bist Du mal wieder in eine Ecke gerückt worden, die Dir gar nicht liegt? Und pass mit dem Bier auf, das ist schon die zweite Kiste die du leerst.
Pard:
Ich bin Krieger. Kinder interessieren mich nicht. Und was Menschen denken, auch nicht. Wir lassen euch in Ruhe, wenn ihr uns in Ruhe lasst. Menschen leben oben, Trolle unten; so ist es gut.
Erik Schreiber:
Sag mal, mein haariger Freund, du fusselst übrigens mehr als meine Katzen. Apropos Katzen, wo sind die? Was halten Deine Kumpels von dieser Einstellung? In der Regel werdet ihr doch so dargestellt: draufhauen, gucken, ob tot, noch mal draufhauen und dann erst Fragen stellen. Findest Du diese Darstellung nicht etwas rassistisch und diffamierend?
Pard:
Draufhauen ist gut. Aber danach muss man nicht gucken, dann ist es schon tot. Menschlinge erzählen viele Dinge. Manches davon ist gut, anderes schlecht. Aber vielleicht ist es gar nicht dumm, die Geschichten aufzuschreiben. Jetzt schreiben wir Trolle unsere eigenen Geschichten, dann kann uns Menschengeplapper egal sein.
Erik Schreiber:
Was hältst Du von diesem Bleichling Sten?
Pard:
Er hat das Herz eines Trolls, leider im schwachen Leib eines Menschen. Er denkt zu viel, aber er ist ein guter Anführer. Ich bin stolz, sein hareeg zu sein.
Erik Schreiber:
Wie würdest du Sten cal Dabran charakterisieren?
Pard:
Charakter-was? Er ist nicht ganz so schwach, wie die anderen Menschen.
Erik Schreiber:
Wie gefällt dir seine Schwester? Die Königin und all die anderen? Gibt es auf Dauer eine Zusammenarbeit?
Pard:
Auf Dauer gehören wir Trolle in unsere Welt und Menschen an die Oberfläche. Ansonsten gibt es schlimmere Menschen als Stens Freunde.
Erik Schreiber:
Tief in deinem Herzen bist Du doch Pazifist. Zumindest sehe ich das so. Warum lässt du dich in die menschliche Rebellion verwickeln?
Pard:
Pazifist? Unglaublich. Sei froh, dass ich Christoph versprechen musste, keine Menschen mehr zu fressen! (stürmt aus dem Raum)
Erik Schreiber:
Wie sind deine weiteren Pläne?
Pard:
(laute stampfende Schritte, Fluchen)