Interview mit Ernst Vlcek anlässlich des Perry Rhodan Weltcon in Mainz 17.-19.12. 1999
Das Interview wurde im Querfunk - freies Radio Karlsruhe, in der Sendung "literatura phantastica" - gesendet. (Ein Ausschnitt)
Ein Beitrag von Erik Schreiber
(weitere Rezensionen von Erik Schreiber auf fictionfantasy findet man hier)
Erik Schreiber:
Wie kamst du zu Perry Rhodan?
Ernst Vlcek:
Ich kam 1970 zu Perry Rhodan, als ich zum SF-Welt-Con nach Heidelberg ging, wo ich die Perry-Rhodan-Autoren wusste und die ich dort kennenlernte. Ich hatte schon einige gekannt, wurde von Karl Herbert Scheer eingeladen, zuerst einmal einen Proberoman für Atlan zu schreiben. Also habe ich zuerst einmal einen Atlan geschrieben. Der hat entsprochen, und ich wurde daraufhin gebeten, auch zu versuchen, bei Perry Rhodan mitzumachen.
Erik Schreiber:
Das bedeutet, du hast zuerst für die Schwesterserie Atlan geschrieben, mehrere für die Serie oder gleich danach der Einstieg in die Hauptreihe?
Ernst Vlcek:
Ich weiß das nicht mehr so genau. Es kann sein, dass ich erst einen geschrieben habe, das Exposé für den zweiten Atlanroman vor mir liegen hatte und dann bei der Hauptserie Perry Rhodan eingestiegen bin.
Erik Schreiber:
Irgendwann später kam ja Mythor und Dragon hinzu und Dämonenkiller natürlich auch, für wen hast du eigentlich am liebsten geschrieben?
Ernst Vlcek:
Das kann ich so nicht sagen, oder kannst Du mir sagen, welches Deiner Kinder Du am liebsten hast? Mir ist es anfangs viel leichter gefallen, Mythor und Dämonenkiller zu schreiben, weil ich nicht von der technischen Seite gekommen bin, sondern von der phantastischen. Es hat mir einfach mehr gelegen. Ich habe bei jedem Perry-Rhodan-Roman, den ich geschrieben habe, Geburtsschmerzen gewissermaßen gehabt. Ich habe daran jedenfalls viel länger geschrieben als an allen anderen Dingen.
Erik Schreiber:
Ist es für Dich eigenlich schwer, vorgegebene charakterliche Eigenschaften zu übernehmen, oder kann man doch noch einige freie Entscheidungen mit hineinbringen?
Ernst Vlcek:
Ich habe nie die Schwierigkeit gehabt, die Charaktere zu übernehmen, weil ich glaube, sie sind doch immer wieder meine Figuren gewesen, und wenn es um die Figur des Perry Rhodan gegangen ist, so hatte ich schon überhaupt keine Probleme, der war schon so gut charakterisiert, dass ich von mir nichts mehr dazugeben brauchte.
Erik Schreiber:
Welche von deinen eigenentwickelten Figuren ist dir die liebste?
Ernst Vlcek:
Wenn die Frage ist, dass ich die eigenentwickelten Figure liebe, nicht alle natürlich, manche sind nicht gut geworden, da lässt sich schon viel mehr darüber sagen. Aber in der Regel ist es schon so, dass ich sie liebe; das heißt also, ich habe zum Beispiel bei Perry Rhodan die Irina Kotschistowa eingeführt. Ich war der Erste, der darüber geschrieben hat, und diese Figur wurde viele hundert Bände weitergeführt. Ich habe zu ihr schon eine besondere Beziehung, weil ich sie eingebracht habe in die Serie.
Erik Schreiber:
Und welche folgenden Figuren wurden von Dir entwickelt und eingeführt?
Ernst Vlcek:
Stalker ist ein gutes Beispiel. Den habe ich auch exposémäßig selbst entwickelt und mit vielen Details ausgestattet und hat mir einen ganz besonderen Spass gemacht. Das war die erste größere Figur, die ich entwickelt habe, als ich zur Exposé-Redaktion stieß.
Erik Schreiber:
Gibt es lebende Vorbilder für die schriftlichen Figuren?
Ernst Vlcek:
An und für sich nicht. Es ist natürlich so, dass man immer etwas Autobiographisches einbringt. Es kommt vor, dass Leute, die man kennenlernt und sich durch irgendwelche Charaktereigenschaften hervorheben, die bringen etwas ein bzw. prägen sie mich, formen mich so, dass ich davon etwas annehme. Und so kommt es immer wieder vor, dass Figuren, die du entwickelst, immer wieder Wesenszüge von lebenden Personen tragen.
Erik Schreiber:
Was gefällt dir an solchen Cons wie hier in Mainz besonders?
Ernst Vlcek:
Sie sind natürlich sehr stressig, aber es wiegt das alles wieder auf, mit Leuten, die man kennenlernt, alte Freunde, die man wiedertrifft; manche Fans, wie Dich zum Beispiel, kenne ich schon über Jahrzehnte. Es macht immer wieder Spaß, sie zu treffen, und es macht auch Spass, neue Fans kennen zu lernen. und wenn ich die ganze große Fangemeinde ansehe, sind es im Prinzip alles nette Leute. Perry-Rhodan-Fans, oder Science-Fiction-Fans überhaupt, habe ich noch keine Miesen kennengelernt. Und es macht Spaß im Umgang mit den Leuten, und da geht es nicht darum, dass ich hier als Star stehe, sondern die Beziehung ist ganz anders. Das schätze ich daran sehr, also kumpelhaft, um es mal so zu sagen.
Erik Schreiber:
Was hälst du von der Behauptung, das Science-Fiction-Fans weltoffener sind als Normalbürger?
Ernst Vlcek:
Das lässt sich nicht so pauschalieren. Science-Fiction-Fans sind sehr weltoffen und haben sehr viele positive Eigenschaften, man kann es aber nicht so pauschalieren, dass die Science-Fiction-Fans durch die SF so weltoffen geworden sind. Es könnte sein, Leute, die diese Literatur nicht lesen, nicht weltoffen sind.