Titel: The Raven – Prophet des Teufels Eine Besprechung / Rezension von Sebastian Hallmann |
Inhaltszusammenfassung:
Edgar Allan Poe, seines Zeichens Schriftsteller, ist am Ende. Dem Alkohol und den Drogen verfallen hält ihn nicht mehr viel am Leben. Plötzlich jedoch wird sein Leben auf den Kopf gestellt. Ein Verrückter nimmt sich die Werke des Meisters als Vorlage für eine Serie von brutalen Morden. Schnell zeigt sich, dass der Mörder eben das wollte: einen Poe, der an den Ermittlungen beteiligt ist und sie als Anlass für neue Werke nimmt. Um die ganz eigene Geschichte des Edgar Allan Poe zu schreiben, vergreift er sich sogar an den wenigen Menschen, die diesem noch etwas bedeuten.
Kritik:
Die Grundidee zu “The Raven” klingt nicht uninteressant, wobei man sagen muss, dass sie nicht neu ist. Viele Krimis und auch Horrorfilme haben schon eine ähnliche Motivation für den allseits beliebten Serienkiller heran genommen. Neu jedoch ist der Umstand, dass man mit Poe wohl einen der legendenumwobensten Schrifsteller des 19. Jahrhunderts zum Hauptcharakter macht. Man sollte sich übrigens keine Sorgen machen, wenn man das titelgebende Gedicht Poes nicht kennt – für das Verständnis des Films ist sie nicht relevant.
So interessant die Grundidee ist, so schnell macht sich jedoch auch Ernüchterung breit. Nur weil man mit Poe eine Berühmtheit zum Hauptcharakter von “The Raven” auserkoren hat ist das noch lange kein Garant dafür, dass es auch interessant bleibt. Zumal man auch deutlich anmerken muss, dass der angebliche autobiografische Einschlag nach Sichtung diverser Informationsquellen allerhöchstens als Werbegag zu verstehen ist – genau wie der Spruch “SAW trifft Sherlock Holmes”, der auf dem Cover der DVD zu lesen ist. Man muss Regisseur McTeigue zu Gute halten, dass es ihm sehr gut gelungen ist, eine düstere und über Strecken sehr morbide Grundstimmung zu schaffen, die durchaus zu den Geschichten des Hauptcharakters passen würde. Auch das gewählte Setting und die Umsetzung Baltimores im 19. Jahrhundert weiß zu gefallen. Leider jedoch bleibt der Spannungsbogen auf einem eher moderaten Level, so richtig mitfiebern konnte ich zu keiner Zeit, auch wenn ich tatsächlich bis zum Schluss nicht darauf gekommen wäre, wer nun hinter diesen bestialischen Morden abseits der Rue Morgue steckt. Allerdings ist das kriminalistische Herumraten tatsächlich das einzige, was die Spannung auch bis zum Schluss aufrecht erhält – und auch hier tritt man teilweise schon arg auf der Stelle. Besonders unangenehm ist mir zudem das Abkupfern bei anderen Genrebeiträgen aufgefallen. Natürlich, das ist heutzutage etwas durchaus normales, doch wenn manche Szenen fast 1:1 verwertet werden (ich verweise an dieser Stelle auf “Das Pendel”) ist das schon ein bisschen zu viel des Guten. Streckenweise hat man so das Gefühl, es tatsächlich mit SAW zu tun zu haben, allerdings versehen mit einer Tim Burton-Optik, wie man sie in “Sleepy Hollow” oder “From Hell” (wobei gerade auch letzterer an einigen Punkten schon sehr dreist “zitiert” wird) schon angefunden hat.
Darstellerisch wirkt “The Raven” auf mich oftmals unausgegoren. So setzt John Cusack gerade zu Beginn auf eine sehr ausufernde Spielart, welche zwar zu einem betrunkenen und unter Drogen stehenden Egozentriker wie Poe passen mag, auf Dauer jedoch etwas zu dick aufgetragen wird. Glücklicherweise muss man sagen, dass dieses Spiel etwas zurück gefahren wird, nachdem die Mordserie angerollt ist. Muss auch sein, denn hätte er weiterhin so exzessiv gespielt, wären die anderen Darsteller dagegen sehr abgefallen. So pendelt man sich jedoch ab etwa der halben Laufzeit auf ein gleichmäßiges, routiniertes und leider auch nicht unbedingt überragendes Niveau ein. Auf charakterlicher Seite gibt es leider auch keine großen Leistungen zu sehen. Ich persönlich hatte meine Schwierigkeiten, mich mit Poe zu identifizieren, während die anderen Rollen wie der Polizist Emmet Fields oder Emely Hamilton einfach zu oberflächlich daher kommen, als dass sie dem Zuschauer tatsächlich ans Herz wachsen könnten. Schade, denn auch hier wäre sicherlich sehr viel mehr Potential versteckt gewesen.
Auf der Effektseite gibt es ebenfalls wenig aufregendes zu vermelden. Ja, “The Raven” hat tatsächlich die eine oder andere Mordszene zu bieten, welche aber nicht unbedingt übermäßig explizit ausfallen. Ist vermutlich auch besser so, denn die eine Sequenz, in der man tatsächlich die Coverwerbung auslebt, wird von einer ziemlichen Menge CGI-Blutes überschwemmt. Und es ist leider auch nur zu offensichtlich, dass es sich um Computer-Animationen handelt. Um schlechte Computer-Animationen. Man sollte den Machern also dankbar dafür sein, dass man sich mehr auf die kriminalistische Schiene verlegt hat denn auf einen weiteren, unnötigen Vertreter des Torture Porn-Genres. Es wäre jedoch besser gewesen, sich dann tatsächlich auch auf diese zu konzentrieren, denn mit dem präsentierten Endergebnis dürfte keine der beiden angepeilten Zuschauergruppen sonderlich zufrieden sein. Das einzige, was man wirklich hervor heben kann, ist die gelungene Ausstattung und die ansprechenden Kostüme.
Fazit:
“The Raven” ist ein Titel, der eine Menge Potential gehabt hätte, es jedoch in keiner Hinsicht bis zum Schluss hin nutzt. Zu wenig Suspence für einen klassischen Serienmörder-Flick, zu wenige und zu schlecht umgesetzt Mordszenen für Torture Porn und zu wenig Spannung für einen gelungenen Thriller. Wenn man sich tatsächlich auf die positiven Seiten des Films konzentrieren müsste, bliebe die gelungene Atmosphäre und ein wenig Amusement über den zumindest zu Beginn recht durchgeknallten Poe. Das war´s aber auch schon.